117/SBI XXV. GP

Eingebracht am 28.12.2015
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Stellungnahme zu Bürgerinitiative

 

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An die

Parlamentsdirektion

L1.3 – Aussussbetreuung NR

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

Wien, am 21.12.2015

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BMLFUW-LE.4.2.6/0191-RD

Sachbearbeiter(in)/Klappe

R. Schmidl

17010.0020/49-L1.3/2015

23.11.2015

3/2015

6653

 

Ressortstellungnahme zur Bürgerinitiative Nr. 82

 

 

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nimmt zur Bürgerinitiative Nr. 82 betreffend „Abhaltung einer parlamentarischen Enquete zur Frage der weiteren Mitgliedschaft Österreichs bei der Europäischen Atomgemeinschaft EURATOM“ wie folgt Stellung:

 

 


Betreffend einen Austritt aus dem Euratom-Vertrag sei einmal mehr darauf verwiesen, dass die Rechtsdienste des damaligen Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten sowie des Bundeskanzleramtes zum Schluss gekommen sind, dass „eine isolierte Austrittsmöglichkeit aus der Europäischen Atomgemeinschaft auch mit dem Inkraft­treten des Vertrags von Lissabon nicht besteht.“ Das diesbezügliche Gutachten wurde 2011 an die Umweltsprecher aller im Nationalrat vertretenen Parteien übermittelt. Die Rechtsdienste haben im Umweltausschuss am 5. Mai 2015 diese Auffassung bekräftigt.

 

Unbeschadet der Frage der rechtlichen Möglichkeit eines Ausstiegs aus dem Euratom-Vertrag würde ein einseitiger Ausstieg jedenfalls bedeuten, dass Österreich sein Mitspracherecht und damit die Möglichkeit, seine nuklearpolitischen Ziele einzubringen, in diesem Bereich voll­kommen verlieren würde. Vor allem aber wäre – sollten auch noch andere Länder diesem Beispiel folgen – ein nukleares Kerneuropa die Folge.

 

Der Euratom-Vertrag enthält sicherlich Elemente, die nicht mehr zeitgemäß sind bzw. für eine ungerechtfertigte Förderung der Nuklearenergie missbraucht werden können. Daher hat Österreich von Beginn seiner EU-Mitgliedschaft an Reformbemühungen unterstützt und wiederholt selbst Initiativen zur Reform des Euratom-Vertrags gestartet. Eine Reform müsste nicht nur promotionale Elemente entfernen und Sicherheitsbestimmungen verschärfen, sondern auch demokratiepolitische Defizite beseitigen.

 

Es sei daran erinnert, dass nach intensivstem Lobbying Österreichs im Jahr 2004 fünf der damals 25 Mitgliedstaaten eine Erklärung zum Verfassungsvertrag, welche eine Revisions­konferenz fordert, unterstützt haben. Diese Erklärung wurde in den Vertrag von Lissabon übernommen. Dies hat einerseits gezeigt, dass Österreich mit diesem Bestreben nicht alleine war, zeigte aber andererseits ganz deutlich, dass die für die Einsetzung einer Regierungs­konferenz erforderliche Mehrheit, insbesondere aber der für eine Änderung des Euratom-Vertrages erforderliche Konsens, nicht gegeben war.

 

Leider haben sich trotz der Katastrophe von Fukushima nach zehn Jahren die Aussichten, den für eine Reform notwendigen Konsens zu erzielen, keineswegs verbessert. Die Katastrophe von Fukushima hat die sich abzeichnende „nukleare Renaissance“ zwar gebremst, aber, wie die Entwicklungen in der EU zeigen, keineswegs aufgehalten.

 

Unbeschadet dessen wird die Bundesregierung entsprechend der Entschließung des Nationalrates vom 21. Mai 2015 „alle Möglichkeiten zur Einberufung einer EURATOM-Vertragsrevisionskonferenz mit dem Ziel eines Atomenergieausstieges ausschöpfen“.

 

Auch wenn die Europäische Kommission (EK) in ihrer Entscheidung, staatliche Beihilfen für das KKW Hinkley Point C zu genehmigen, an mehreren Stellen auf den Euratom-Vertrag Bezug nimmt, wurde diese Entscheidung nicht auf Grundlage des Euratom-Vertrags getroffen, sondern auf Grundlage beihilfenrechtlicher Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die EK ist im Zuge einer Beihilfenprüfung gemäß Art. 107 AEUV zum Ergebnis gelangt, dass die staatliche Beihilfe für das KKW Hinkley Point C mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Als konkrete Rechtsgrundlage wurde dabei Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV herangezogen. Die Republik Österreich hat im Rahmen der Klage ausführlich

dargelegt, aus welchen Gründen diese Entscheidung rechtswidrig ist. Die Bundesregierung wird sich im Rahmen ihrer konsequenten Anti-Atom-Politik weiterhin gegen direkte und indirekte Förderungen der Kernenergie einsetzen.

 

 

Für den Bundesminister:

i.V. Dr. Zauner

 

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