119/SBI XXV. GP
Eingebracht am 12.01.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Stellungnahme zu Bürgerinitiative
GZ.: BMI-LR2210/0064-II/8/2015
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Wien, am 23. Dezember 2015
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An die
Parlamentsdirektion Dr. Karl Renner Ring 3
per E-Mail: NR-AUS-PETBI.Stellungnahme@parlament.gv.at |
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Mag.Dr. Richard
Reiter, M.A. Org.-E-Mail:
BMI-II-8@bmi.gv.at Antwortschreiben bitte unter Anführung der GZ an die Org.-E-Mail-Adresse.
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Betreff: |
Legistik und Recht; Verbindungsdienst - Parlament und Ministerrat; Parlament Allgemein Stellungnahme des BMI gegenüber der Parlamentsdirektion aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen (GZ: 17010.0020/49-L1.3/2015) Parlamentarische Bürgerinitiative Nr. 79/BI betreffend der Aufhebung bzw. nicht Beschließung des Staatsschutzgesetzes (Bundesgesetz 110/ME XXV.GP)
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Zu oa. Betreff darf die folgende Stellungnahme des Bundesministeriums für Inneres übermittelt werden:
Mit dem Polizeilichen Staatsschutzgesetz (PStSG) wird die Grundlage geschaffen, damit die Staatsschutzbehörden, also das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und die für Verfassungsschutz zuständigen Organisationseinheiten in den Landespolizeidirektionen, extremistischen oder terroristischen Bedrohungen schon im Vorfeld aktiv entgegentreten können, um die Menschen in Österreich vor Angriffen durch Terrorismus, Wirtschafts- und Industriespionage, ausländische Nachrichtendienste und vor Cyberangriffen zu schützen.
Ein moderner Staatsschutz muss den Anforderungen von Freiheit und Sicherheit entsprechen. Demnach muss der polizeiliche Staatsschutz größtmögliche Sicherheit auf Basis eines umfangreichen Rechtsschutzes gewährleisten können. In einem transparenten und partizipativen Prozess wurde mit den zentralen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Medien der Gesetzesentwurf zum Polizeilichen Staatsschutzgesetz vorbereitet. Nach einem sechswöchigen Begutachtungsverfahren wurden die Anregungen der eingelangten Stellungnahmen geprüft und in die Regierungsvorlage eingearbeitet.
Mit dem PStSG werden keine zehn Geheimdienste geschaffen. Das BVT sowie die für Verfassungsschutz zuständigen Organisationeinheiten in den Landespolizeidirektionen sind keine „Geheimdienste“, sondern Polizeibehörden. Das BVT besteht als besondere Teilorganisation der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit (vergleichbar mit dem Bundeskriminalamt). Es entfaltet seine Tätigkeit ausschließlich unter Leitung und gemäß den Weisungen des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit und des Bundesministers für Inneres. Demgegenüber sind die für Verfassungsschutz zuständigen Organisationeinheiten Teilorganisationen der Landespolizeidirektionen und entfalten ihre Tätigkeit unter Leitung und gemäß den Weisungen der Landespolizeidirektoren, des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit und des Bundesministers für Inneres. Auch werden die Organisationseinheiten auf Landesebene nicht eigens eingerichtet, sondern sind vielmehr bereits Teil der Organisation der Landespolizeidirektionen.
Durch das PStSG wird es nicht erlaubt, Ermittlungen aufgrund eines Generalverdachtes gegen Bürger und Bürgerinnen durchzuführen. Vielmehr bedarf es für die Beobachtung einer Einzelperson im Rahmen des vorbeugenden Schutzes vor verfassungsgefährdenden Angriffen eines begründeten Gefahrenverdachts, dass der Betroffene in absehbarer Zeit einen solchen Angriff begehen werde. Eine verdachtsunabhängige Beobachtung jedes Bürgers und jeder Bürgerin ist somit keinesfalls erlaubt. Die Ermittlungsmaßnahmen zur Erfüllung dieser Aufgabe dürfen zudem nur nach vorhergehender Ermächtigung des Rechtsschutzbeauftragten begonnenen werden, der ein begründetes Ersuchen der ermittelnden Stelle zugrunde liegt. Zusätzlich entscheidet der Rechtsschutzbeauftragte auch, welche Ermittlungsmaßnahmen und wie lange diese gesetzt werden dürfen. In jedem Einzelfall muss die eingesetzte Ermittlungsmaßnahme in einem angemessenen Verhältnis zum Anlass, nämlich zur befürchteten Straftat, stehen.
Die Institution des Rechtsschutzbeauftragten als weisungsfreies und unabhängiges Rechtsschutzorgan hat sich seit seiner Einführung im Jahr 2000 bewährt, wobei seine Unabhängigkeit durch den Bestellungsprozess und eine verfassungsrechtliche Bestandsgarantie höchstmöglich abgesichert ist. Der aufwendige Bestellmodus bietet Gewähr für die Unabhängigkeit des Rechtsschutzbeauftragten: Dieser wird vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung nach Anhörung der Präsidenten des Nationalrates und der Höchstgerichte (VfGH, VwGH) bestellt. Im Gegensatz dazu wird ein Strafrichter vom Bundesminister für Justiz bestellt.
Zusätzlich wurde im Bereich des Staatsschutzes mit der Gesetzesvorlage eine umfassende Informationspflicht des Betroffenen nach Ende der Ermächtigung eingerichtet. Damit ist auch sichergestellt, dass zusätzlich zur Kontrolle des Rechtsschutzbeauftragten das Handeln der Staatsschutzbehörden einer nachträglichen Kontrolle durch die Datenschutzbehörde sowie der Verwaltungsgerichte unterliegt. Zudem sind umfassende Berichtspflichten zum Zwecke der Kontrolle und Überprüfung der Tätigkeit des Staatsschutzes an den ständigen Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten zur Überprüfung von Maßnahmen zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit vorgesehen.“
Für die Bundesministerin:
i.V. MR Mag. Johann Bezdeka
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