126/SBI XXV. GP

Eingebracht am 17.12.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative

 

 

GZ.: BMI-LR2220/1277-I/7/2015

Wien, am 15. Dezember 2015

An die

Parlamentsdirektion
Via E-Mail: NR-AUSPETBI.

Stellungnahme@parlament.gv.at

Betreff: GZ: 17010.0020/49-L1.3/2015 - Bl 87; Legistik und Recht;

Verbindungsdienst -Parlament und Ministerrat; Parlamentarische Anfragen

Sehr geehrte Damen und Herren!

In Bezug auf die Parlamentarische Bürgerinitiative vom 11. September 2015 betreffend „Flucht beginnt mit Krieg. Für humanitäre Hilfe und menschliches Vorgehen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten“ wird grundsätzlich festgehalten, dass sich das Bundesministerium für Inneres seit geraumer Zeit aktiv in die Lösung dieser komplexen humanitären Herausforderung einbringt.

Aus Sicht des Bundesministeriums für Inneres kann der langfristige Schlüssel zu einer umfassenden Lösungen der Flüchtlingsproblematik nur in der Herkunftsregion selbst liegen. Es ist daher ein großes Anliegen, dass die Kapazitäten und die Qualität der Aufnahmeeinrichtungen für Schutzsuchende direkt in den Krisenregionen weiter ausgebaut und somit vor Ort neue Lebensperspektiven ermöglicht werden.

Sowohl die Erklärung des Europäischen Rates vom 23. April 2015 als auch die Europäische Migrationsagenda vom 13. Mai 2015 enthalten umfangreiche Maßnahmen zur Kooperation und Unterstützung von Herkunfts- und Transitstaaten. Das Bundesministerium für Inneres unterstützt diese Maßnahmen und beteiligt sich nach Maßgabe seiner Zuständigkeit und Ressourcen aktiv an den diesbezüglichen Initiativen.


Das Bundesministerium für Inneres hat mit der Initiative Save Lives frühzeitig die Forderung nach einem gesamteuropäischen Resettlementprogramm („Neuansiedlungsprogramm") vorgebracht und somit die Diskussion über eine solidarische Aufteilung Schutzsuchender auf alle EU-Mitgliedstaaten mittels eines fairen Verteilungsschlüssels angestoßen. Hierbei sollen besonders schutzbedürftige Personen direkt aus der Herkunftsregion im Rahmen legaler Einreisemöglichkeiten aufgenommen werden. Die Schaffung einer solchen Möglichkeit zur legalen Einreise geht - anders als beispielsweise legale Einreisemöglichkeiten im Rahmen der Arbeitsmigration in Form der von Ihnen angesprochenen „Arbeitsvisa“ - auf die spezifischen Bedürfnisse dieser Personengruppe ein. Die von Österreich vorgeschlagene Initiative soll zudem ein Instrument sein, skrupellose Schlepper entschieden zu bekämpfen. Mit diesem Konzept hat Österreich als einziger EU- Mitgliedstaat einen konkreten Plan aufgezeigt, einen legalen Weg nach Europa zu schaffen und damit dem Sterben im Mittelmeer ein Ende zu setzen. Diese Österreichische Initiative wurde von der Europäischen Kommission in ihrer Europäischen Migrationsagenda im Frühjahr dieses Jahres aufgegriffen und untermauert die Notwendigkeit gesamteuropäischer Anstrengungen, um die derzeitige Situation zu bewältigen.

Darüber hinaus hat sich Österreich trotz bestehender überproportionaler Belastung des Asyl- und Versorgungssystems ganz im Sinne europäischer Solidarität bereit erklärt 1.500 Syrer direkt aus der Krisenregion im Rahmen einer Humanitären Aktion aufzunehmen. Zudem hat Österreich 400 weitere Resettlement Plätze zugesagt und sich anlässlich des Rates für Justiz und Inneres am 20. Juli 2015 klar zur Beteiligung an einem Neuansiedlungsprogramm von 20.000 Personen, die unzweifelhaft internationalen Schutz benötigen, ausgesprochen.

Im Hinblick auf die Möglichkeit der Asylerstantragstellung an Vertretungsbehörden in den Herkunftsländern ist darauf hinzuweisen, dass dies zuletzt sukzessive von allen EU-Mitgliedstaaten abgeschafft wurde, da sich das Modell als nicht zielführend erwiesen hat. Insbesondere ist eine entsprechende Bearbeitung von Asylanträgen an Botschaften ressourcenmäßig praktisch nicht möglich und würde die ungleiche Verteilung der Asylwerber innerhalb Europas noch weiter verstärken.

Das Bundesministerium für Inneres ist daher überzeugt, dass ein europäisches Vorgehen - wie in der Europäischen Migrationsagenda vorgeschlagen - praktikabler und den derzeitig bestehenden großen Herausforderungen besser entspricht. Ähnlich verhält es sich mit der erweiterten Familienzusammenführungsmöglichkeit für Flüchtlinge.

Im Juni 2013 wurden die Rechtsakte des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems beschlossen, wobei es nun intensiver Anstrengungen aller Mitgliedstaaten bedarf die Bestimmungen lückenlos in allen EU-Staaten umzusetzen. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass in allen EU-Mitgliedsstaaten gleiche Verfahrensstandards und Aufnahmebedingungen gelten und es zu einer fairen, solidarischen Lastenverteilung kommt. Dabei gilt es, nicht nur einen Ausweg aus der derzeitigen dringlichen Situation zu finden, sondern auch längerfristige Lösungen zu erarbeiten.

In einem ersten Schritt soll die quotenmäßige Verteilung von Asylwerbern in der EU so rasch als möglich umgesetzt werden. Im ersten Halbjahr 2015 wurden 93% der Asylanträge in nur 10 Mitgliedstaaten - darunter auch Österreich - gestellt, während sich der Rest der Antragsstellungen auf 18 Mitgliedstaaten verteilt. Schutzsuchende müssen bereits an der Schengen Außengrenzen in sogenannten „Hot-Spots“ identifiziert und registriert werden, um dann auf alle EU-Mitgliedsstaaten per fixer Quote aufgeteilt zu werden.

Erste Erfolge in Richtung einer solidarischen, quotenmäßigen Verteilung bilden die zuletzt beschlossenen Maßnahmen zu Relocation (Umsiedlung) und Resettlement auf EU Ebene, wobei einerseits 160.000 Personen, vorwiegend Syrer und Eritreer, zunächst aus Griechenland und Italien in der EU verteilt und andererseits rund 20.000 Personen aus den Krisenregionen des Nahen Osten in der EU neu angesiedelt werden sollen.

Nunmehr werden die Verhandlungen zu einem dauerhaften und nachhaltigen Verteilungsmechanismus fortgesetzt. Wichtig ist hierbei vor allem die Verankerung effektiver Maßnahmen zur Verhinderung von Sekundärmigration, sodass es nicht nach Anerkennung des Schutzstatus in einem Staat zu einer nachgelagerten Belastung nationaler Versorgungssysteme kommt.

Die Abschaffung des Dublin-Systems steht daher derzeit nicht zur Disposition, sondern kann erst nach der Etablierung eines funktionierenden alternativen Verteilungssystems angedacht werden.

Damit eine faire Verteilung Schutzsuchender stattfinden kann, braucht es große Aufnahme- und Versorgungskapazitäten in den „Hot-Spots“ an den EU- Außengrenzen, damit alle Asylwerber lückenlos registriert und erfasst werden können. Auf dem Migrationsgipfel der Staats,- und Regierungschefs der EU und Afrikas in Valletta (Malta) vom 11./12. November 2015, wurde daher im Rahmen eines Aktionsplanes beschlossen, die Kapazitäten der Erstasyl-, Transit- und Destinationsländer massiv zu stärken.

Das Bundesministerium für Inneres wird sich auch weiterhin aktiv für eine solidarische und nachhaltige Migrationspolitik einsetzen und die Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda aktiv unterstützen.

Für die Bundesministerin:

Mag. Ariane Holezek elektronisch gefertigt