Fachbereich Praktische Theologie

Moraltheologie

Katholisch-Theologische Fakultät

 

 

Prof.in Dr.in Angelika Walser

 

Universitätsplatz 1

A-5020 Salzburg

 

Tel.: +43/(0)662/8044 - 2676

Fax.: +43/(0) 662/8044 - 251

www.uni-salzburg.at

angelika.walser@sbg.ac.at

 

 

 

Salzburg, 1.3.2017

 

 

 

Sehr geehrter Herr Mag. Michalitsch!

Ich möchte mich bei Ihnen auf offiziellem Wege für das Anliegen der Parlamentarischen Bürgerininitiative „Fakten helfen!“ einsetzen. Wir brauchen für Österreich dringend eine valide Statistik bezüglich des Themas Schwangerschaftsabbruch. Seit vielen Jahren berufe ich mich in meinen Lehrveranstaltungen und bei Vorträgen auf alle möglichen Statistiken in ganz Europa (natürlich vor allem in Deutschland) und stelle dabei fest, wie bedauerlich und ärgerlich es ist, in Österreich auf mehr oder weniger zuverlässige Quellen und Schätzungen angewiesen zu sein.

Es geht dabei nicht darum, moralische Urteile zu fällen, sondern um eine realistische Einschätzung der Lage. Warum im laizistischen Staat Frankreich ein anerkannter Soziologe – Luc Boltanski – bereits 2007 empirische Studien veröffentlichen konnte, die auf großes öffentliches Interesse gestoßen sind, in Österreich aber offiziell keine Daten erhoben werden, ist mir bis heute ein absolutes Rätsel geblieben. Ich kann für diese Realitätsverweigerung nur ideologische Gründe annehmen, die mir jedoch nicht nachvollziehbar sind. Die Fristenregelung in Österreich ist eine hart erkämpfte ethische Kompromisslösung, die heute von niemandem mehr ernsthaft in Frage gestellt wird und berechtigterweise die letzte Entscheidungshoheit über ihren eigenen Körper Frauen selbst überlässt. Keine Frau kann Interesse an einer Aufweichung haben. Gerade aus Boltanskis Studien wissen wir aber mittlerweile auch, dass der Schwangerschaftsabbruch für viele Frauen eine schwierige Entscheidung und mit Trauer verbunden ist bzw. durchaus nicht immer ausschließlich freiwillig erfolgt. Es wäre sehr wichtig, u.a. zu erfahren, ob neben den individuellen auch gesellschaftspolitische Gründe eine Rolle spielen, einen Abbruch vornehmen zu lassen. Letztere fallen nämlich in den Handlungsspielraum der Politik. Ich meine jetzt ganz konkret verbesserte Karenzregelungen, Kündigungsfristen, etc. Wenn hier auf Basis des erhobenen Wissens verbesserte Rahmenbedingungen geschaffen werden könnten, wäre das für alle ein Vorteil – für angehende Mütter, Eltern und Kinder.

Mit freundlichen Grüßen

Univ. Prof. Angelika Walser