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Wien, am 16. Dezember 2015

Zl. B-026/161215/HA,RI

 

GZ: 13440.0060/2-L1.3/2015

 

 

Betreff: Informationsfreiheitsgesetz - IFG

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich mitzuteilen, dass zu obig angeführtem Antrag folgende Stellungnahme abgegeben wird:

 

Eingangs ist festzuhalten, dass die angedachte Konstruktion des Rechts auf Informationsfreiheit auch für die Gemeinden eine Vielzahl von rechtlichen, organisatorischen und technischen Problemstellungen nach sich ziehen wird.

 

Die Auslegung der die Informationspflicht einschränkenden Bestimmungen, insbesondere die Beurteilung der Reichweite des Datenschutzes, wird gerade in der Anfangsphase und bis zur Entwicklung einer entsprechenden Judikatur der Verwaltungsgerichte eine große Herausforderung darstellen. Die Einschränkung "zur Wahrung anderer, gleich wichtiger öffentlicher gesetzlich bestimmter Interessen" wird hier wohl mehr Probleme schaffen als lösen. Diesbezüglich ist auf die etwas klarere Formulierung in Art. 22a B-VG der vorliegenden Regierungsvorlage zu verweisen.

 

Viele Fragen lässt die Formulierung zur Informationserteilung offen. In der derzeitigen Form würde das Informationsrecht sämtliche Unterlagen, also insbesondere auch die gesamten Archive der Gemeinden, umfassen. Auch wenn § 9 Abs. 3 des Entwurfs eine Ablehnungsmöglichkeit hinsichtlich schikanöser oder die Tätigkeit des Organs massiv beeinträchtigende Informationsbegehren ermöglicht, wird die Auslegung dieser Begriffe große Probleme mit sich bringen. Weitgehend offen bleibt auch die Frage, was von der Veröffentlichungspflicht umfasst ist.

 

Organisatorisch ergibt sich eine Vielzahl an Problemen. Wer hat über die Veröffentlichung zu entscheiden? Wer führt die in diesem Fall wohl immer vorzunehmende Schwärzung der zu veröffentlichenden Dokumente durch? Wer trägt die Kosten der dafür anfallenden technischen Vorrichtungen?

 

 

Zu einzelnen Bestimmungen

 

Zu § 2 (Begriffsbestimmungen)

Nach dem vorgeschlagenen § 2 Abs. 1 ist eine Information im Sinne dieses Bundesgesetzes jede amtlichen bzw. unternehmerischen Zwecken dienende Aufzeichnung im Wirkungsbereich bzw. Geschäftsbereich eines Organs bzw. einer Unternehmung gemäß § 1, unabhängig von der Form, in der sie vorhanden ist, mit Ausnahme von nicht zu veraktenden Entwürfen und Notizen. Auf Gemeindeebene sind üblicherweise auch Notizen und Entwürfe (Aktenvermerke etc.) zu verakten, sofern sie mit einem bestimmten Verfahren im Zusammenhang stehen (zB Bauverfahren), sodass die in § 2 normierte Ausnahmebestimmung unklar erscheint.

 

Zu § 4 (Veröffentlichung von Informationen von allgemeinem Interesse)

Diese Bestimmung sieht eine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Informationen „von allgemeinem Interesse“ unter anderem durch die Organe der Gemeinden vor, sofern diese Informationen nicht der Geheimhaltung unterliegen.

 

Im Gegensatz zum Entwurf zu Art. 22a B-VG (19/ME), der „Informationen von allgemeinem Interesse“ zumindest dahingehend näher präzisiert, dass darunter etwa Statistiken, Gutachten und Studien, Tätigkeitsberichte, Geschäftseinteilungen, Geschäftsordnungen etc. zu verstehen sind, erscheinen die Erläuterungen zum vorliegenden Entwurf dazu unergiebig, zumal dort lediglich normiert ist, dass für die Qualifikation als solche ein hinreichend großer Adressatenkreis, der von der Information betroffen bzw. für den die Information relevant ist, erforderlich ist.

 

Aus Sicht des Österreichischen Gemeindebundes kann es sich dabei wohl nur um Informationen handeln, die für die Bevölkerung in einer Gemeinde oder zumindest für eine größere Bevölkerungsgruppe relevant sind. Bereits jetzt machen viele Gemeinden wichtige Informationen im Internet zugänglich (beispielsweise Haushaltsdaten, Verordnungen, Sitzungsprotokolle, Informationen über Gemeindeabgaben und Verwaltungsverfahren). Auch wenn es dem zuständigen Organ obliegt, zu beurteilen, wann eine Information von allgemeinem Interesse vorliegt, ist im Sinne der Rechtssicherheit und eines einheitlichen Gesetzesvollzuges eine genauere Definition im Gesetz selbst oder zumindest in den Erläuterungen unbedingt notwendig, sodass einigermaßen klar zum Ausdruck kommt, was unter einer „Information von allgemeinem Interesse“ zu verstehen ist.

 

Zu § 6 (Geheimhaltung):

Diese Bestimmung setzt die (noch nicht beschlossenen) Vorgaben in Art. 22a Abs. 2 B-VG um. In § 6 werden demnach diejenigen Tatbestände normiert, unter denen Informationen nicht zugänglich zu machen bzw. nicht zu veröffentlichen sind. Diese entsprechen im Wesentlichen den bisher in Art. 20 Abs. 3 B-VG normierten Geheimhaltungsinteressen im Rahmen der Amtsverschwiegenheit. Begrüßt wird, dass auch ein Geheimhaltungsinteresse im Interesse eines behördlichen Verfahrens (damit etwa auch im Bauverfahren, Abgabenverfahren etc.) oder zur Vorbereitung einer behördlichen Entscheidung (wie auch schon bisher) festgelegt werden soll. Unklar erscheint allerdings was mit der Formulierung „zum Schutz von Vorschriften über die Vertraulichkeit bzw. die Beteiligung der Öffentlichkeit“ gemeint ist. Diesbezüglich wäre eine Klarstellung in den Erläuterungen wünschenswert. Die unter Klammern befindliche Z 8 des Entwurfes soll wohl eine Art Generalklausel („zur Wahrung anderer, gleich wichtiger öffentlicher gesetzlich bestimmter Interessen“) enthalten. Diesbezüglich wäre es wohl für den Bereich der Gemeindeverwaltung dem Landesgesetzgeber überlassen, diese Interessen mittels eines Ausführungsgesetzes (Art. 22a Abs. 2 iVm Abs. 4 Z 2 des B-VG-Entwurfes) näher zu definieren.

 

Zu § 9 (Informationserteilung)

Begrüßt wird, dass nach dem vorgeschlagenen § 9 Abs. 3 der Zugang zur Information nicht zu erteilen ist, wenn der Antrag auf Information offenbar mutwillig erfolgt oder die Tätigkeit des jeweiligen Organs wesentlich und unverhältnismäßig beeinträchtigen würde. Abs. 1 des Entwurfes ist hingegen unklar formuliert („im Übrigen ist eine Information im Gegenstand zu erteilen“, „womöglich…“) und bedarf einer gründlichen Überarbeitung.

 

Zu § 10 (Betroffene Dritte)

Es sollte klargestellt werden, ob der Betroffene, der auf Aufforderung des zuständigen Organs zur Wahrung seiner Rechte eine Stellungnahme abgegeben hat, einem allenfalls angestrengten Verfahren nach § 11 irgendwie beigezogen wird bzw. möglicherweise sogar zur Partei des Verfahrens wird und dort ein subjektives Recht auf Nichterteilung der Information geltend machen kann.

 

Problematisch erscheint die Ausführung in den Erläuterungen, wonach der Betroffene durch die Anhörung in die Lage versetzt werden soll, seine Rechte durchzusetzen. Tatsächlich wird er nur in die Lage versetzt, nachträglich eine Verletzung seines Rechtes auf Datenschutz feststellen zu lassen (Beschwerde an die Datenschutzbehörde), hingegen hat er keine Möglichkeit die Informationserteilung zu unterbinden bzw. vorab die Zulässigkeit prüfen zu lassen.  Eine Anrufung bzw. Ankündigung der Anrufung der Datenschutzbehörde würde weder eine Aussetzung noch eine Unterbrechung der Informationsfrist gemäß § 8 auslösen. Die Möglichkeit der Verlängerung der Frist um weitere 8 Wochen (§ 8 Abs. 2) würde selbst im Beschwerdefall kaum Abhilfe schaffen.

 

Zu § 13 (Haftung)

Gemäß § 13 des Gesetzesvorschlages besteht keine über die Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes hinausgehende Haftung. Die Erläuterungen führen hierzu lediglich aus, dass es sich um eine „klarstellende Haftungsregelung entsprechend dem Amtshaftungsrechts handelt“. Dies erscheint in Anbetracht der möglichen verwaltungsstrafrechtlichen Folgen auf Grundlage des Datenschutzgesetzes oder aber der strafrechtlichen Folgen (etwa § 310 StGB, Verletzung des Amtsgeheimnisses) unzureichend. Im Ergebnis führt dies zu einer immensen Rechtsunsicherheit für das angefragte Auskunftsorgan, das mehr denn je in einem Spannungsfeld zwischen Auskunftspflicht und Geheimhaltungsverpflichtung steht.

 

Zu § 18 (Inkrafttreten)

Die Verschiebung des Inkrafttretenszeitpunktes auf 1. Jänner 2018 wird nicht zuletzt aufgrund der zahlreich erforderlichen legistischen Anpassungen (etwa auf Landesebene) begrüßt.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Für den Österreichischen Gemeindebund:

 

Der Generalsekretär:

Der Präsident:

 

 

Leiss e.h.

Mödlhammer e.h.

 

Dr. Walter Leiss

Prof. Helmut Mödlhammer

 

 

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