GZ:

P3/33790/2017

 

Linz, am 13. April 2017

 

 

An die

Parlamentsdirektion

Frau Mag.a Katharina KLEMENT

per E-Mail

 

Leiter: Prof. Mag. Dr. Rudolf KEPLINGER, Hofrat

Geschäftsbereich B

Büro Rechtsangelegenheiten (B 1)

A 4020 LINZ, Gruberstraße 35

UP-Code: UP03570  DVR: 0012173

Tel:   +43 59133-40-1600

FAX: +43 59133-40-7806

LPD-O-Buero-Rechtsangelegenheiten@polizei.gv.at

Sicherheitsbehörde: Landespolizeidirektion Oberösterreich

 

 

 

Betreff: Änderung des Bundesgesetzes,

 mit dem das Versammlungsrecht 1953 geändert wird

 

Sehr geehrte Frau Mag.a Klement!

 

Die dem Antrag zugrunde liegenden Änderungen des Versammlungsgesetzes sind aus Sicht der Landespolizeidirektion Oberösterreich uneingeschränkt zu begrüßen.

Den Ausführungen ist vorauszuschicken, dass  bekanntlich das Versammlungsgesetz im Kern aus dem 19. Jahrhundert stammt und daher sowohl in der Begrifflichkeit als auch in der Systematik nicht dem Standard moderner Gesetze entspricht. Damit verbunden ist die Problematik, dass das Versammlungsgesetz selbst auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht unmittelbar Rücksicht nimmt. Daher haben die Versammlungsbehörden bei der Vollziehung des Gesetzes nicht nur den Gesetzestext selbst sondern immer auch die EMRK mitzubedenken.

Ebenfalls mitzubedenken ist, dass das Versammlungsrecht nicht nur Regelungen kennt, die gegenüber dem Versammlungsanmelder bzw. den Versammlungsteilnehmern restriktiv wirken (insbesondere Untersagung oder Auflösung einer Versammlung), sondern dass der Staat verpflichtet ist, die störungsfreie Durchführung von Versammlungen zu gewährleisten. Dazu sind immer wieder mitunter aufwändige Vorkehrungen von Seiten der Versammlungsbehörden zu treffen.

 

Verlängerung der Anmeldefrist von 24 auf 48 Stunden:

Die Verlängerung der Anmeldefrist gibt der Versammlungsbehörde die Möglichkeit, sich intensiver mit der geplanten Versammlung und auch mit den notwendigen Begleitmaßnahmen zu beschäftigen. Nur ergänzend ist anzuführen, dass etwa auch in Deutschland eine 48-Stunden-Anmeldefrist einzuhalten ist und dies offensichtlich zu keinen Problemen führt.

Die Durchführungen von „Spontanversammlungen“ wird durch die verlängerte Frist nicht beeinträchtigt, da schon bisher in Judikatur und Literatur Einigkeit herrscht, dass auch solche Versammlungen, bei denen der Zweck eine rechtzeitige Anmeldung nicht zulässt, uneingeschränkt zulässig sind.

 

Versammlungen, an denen Vertreter ausländischer Staaten usw. teilnehmen:

Die Erweiterung der Anmeldefrist bei Versammlungen, an denen Vertreter ausländischer Staaten usw. teilnehmen, auf eine Woche erscheint jedenfalls sachgerecht, da – wie auch die zurückliegende Diskussion gezeigt hat – gerade bei solchen Versammlungen eine intensive Auseinandersetzung mit der geplanten Versammlung selbst und den eventuell widerstrebenden Interessen der Republik Österreich erforderlich sind.

 

Versammlungen, die der politischen Tätigkeit von Drittstaatsangehörigen dienen:

Diese Regelung ist eine Klarstellung gegenüber der derzeitigen Rechtslage, weil die Untersagungsgründe dezidiert (und EMRK-konform) aufgezählt werden.

Dass Versammlungen, die der politischen Tätigkeit von Drittstaatsangehörigen dienen und bestimmten Interessen zuwiderlaufen, durch die Bundesregierung und nicht durch die Versammlungsbehörden zu untersagen sind, ist aufgrund der (auch politischen) Dimension solcher Untersagungen zu begrüßen.

 

Schutzbereich: 

Die Festlegung eines Schutzbereiches im Gesetz erleichtert die Tätigkeit der Versammlungsbehörden deutlich. Schon nach jetziger Rechtslage können Gegenversammlungen untersagt werden, sofern die ursprüngliche Versammlung entsprechend beeinträchtigt wird. Mit der neuen Regelung entfallen aber aufwändige und im Einzelfall schwierige Abwägungsüberlegungen im Hinblick darauf, welche Distanz Gegenversammlungen einhalten müssen.

Gerade beim Schutzbereich darf nicht übersehen werden, dass dieser weniger der Repression (der Einschränkung der Gegendemonstration) als dem Schutz der Versammlung (nämlich jener, gegen die sich die Gegenversammlung richtet) dient. Es ist kein Grund ersichtlich, warum Gegendemonstrationen nicht einen Abstand von mindestens 50 Metern zu Teilnehmern einer anderen Versammlung einhalten sollten.

 

 

 

Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass schon das geltende Versammlungsrecht eine Schutzzone (Bannmeile) kennt: § 7 verbietet Versammlungen, die im Umkreis von 300 Metern von gesetzgebenden Einrichtungen stattfinden. Damit erscheinen die mindestens 50 Meter bei Gegenversammlungen durchaus sachgerecht.

 

 

                                                                                            Für den Landespolizeidirektor:

                                                                                       

                                                                                    Prof. Mag. Dr. Rudolf Keplinger, Hofrat