An
Mag. Katharina Klement
Parlamentsdirektion
L1.1 – Präsidialangelegenheiten
Dr. Karl-Renner-Ring 3
A-1017 Wien – Parlament

 

 

Wien, 13. April 2017

 

 

 

 

STELLUNGNAHME

 

der Volkshilfe Österreich zum Bundesgesetz, mit dem das Versammlungsgesetz 1953,  BGBI. Nr. 98/1953, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBI. I Nr. 16112013, geändert werden soll.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Einleitende Bemerkungen

 

Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundpfeiler der demokratischen Ordnung. Sie wurde sehr hart erkämpft und ist daher ein hohes rechtsstaatliches Gut. Änderungen in diesem menschenrechtlich äußerst sensiblen Bereich sollten daher wohl überlegt und ausreichend diskutiert werden. Anlassgesetzgebung und „Schnellschüsse“ sind grundsätzlich bedenklich, im Bereich der Versammlungsfreiheit lehnt die Volkshilfe Österreich aus den genannten Gründen zusätzlich die gewählte Vorgangsweise eines Initiativantrags mit verkürzter Begutachtungsfrist ab. Für alle  Einschränkungen demokratischer Grundfreiheiten, gilt es für die Zivilgesellschaft, wachsam zu sein, das bedeutet: „Wehret den Anfängen“.  

 

Ausdehnung der Anmeldezeit auf 48 Stunden

Gerade in gesellschaftlich bewegten Zeiten ist es im Sinne der wichtigen und nötigen BürgerInnenbeteiligung nötig, sehr rasch zu reagieren und Anliegen auf die Straße bringen zu können. Die Ausweitung auf 48 Stunden Anmeldezeit lässt keine spontanen Reaktionen mehr zu. Das ist eine klare Einschränkung der Versammlungsfreiheit, die der Volkshilfe Österreich nicht ausreichend begründet scheint und daher abgelehnt wird. In Folge wird es zu weniger korrekt angemeldeten Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz und zu mehr Spontanversammlungen kommen. Die ausdrückliche Erlaubnis solcher Spontanversammlungen aus den Erläuterungen sollte auch Eingang in den Gesetzestext finden.  Für die AufruferInnen zu und die TeilnehmerInnen an einer solchen Spontanversammlung besteht dennoch das erhöhte Risiko einer Auflösung durch die Polizei vor Ort. Damit bewegen sich sowohl Organisatoren als auch TeilnehmerInnen  in einer rechtlich unbefriedigend gelösten und viele Ermessensspielräume der Sicherheitsbehörden zulassenden Grauzone. Das sollte nicht die Intention des Gesetzgebers sein.  Daher lehnt die Volkshilfe Österreich eine generelle Ausdehnung der Anmeldezeit auf 48 Stunden ab.

Bei einer „beabsichtigten Teilnahme von Vertretern ausländischer Staaten, internationaler Organisationen und anderer Völkerrechtssubjekte“ kann eine Ausdehnung auf maximal 48 Stunden sinnvoll sein. 

 

Untersagung von Versammlungen, die politischer Tätigkeit von Drittstaatsangehörigen dienen

Aus der Sicht der Volkshilfe Österreich sind die im Versammlungsrecht in der geltenden Fassung festgelegten Gründe für eine behördliche  Untersagung einer Versammlung ausreichend. Wenn bei Versammlungen die Gefahr besteht, dass die öffentliche Sicherheit gefährdet ist oder deren Zweck gegen geltende Strafgesetze verstößt, muss die Behörde die Versammlung auch bei geltender Rechtslage untersagen. Dazu bedarf es keiner legistischen Änderung.

Der Versuch im vorliegenden Entwurf, das Versammlungsrecht für ausländische PolitikerInnen einzuschränken sind höchst interpretationsbedürftig und von persönlichen Bewertungen abhängig und wird von der Volkshilfe Österreich daher abgelehnt.

 

Einführung von Schutzbereichen und Verbot einer Versammlung zur selben Zeit und Ort einer anderen Versammlung

Der Schutz von Versammlungen ist eine wichtige polizeiliche Aufgabe.  Es ist aber ein Zeichen einer funktionierenden Demokratie, dass auch Gegenkundgebungen, die auch gesehen und gehört werden, in unmittelbarer Nähe möglich sind. Daher lehnt die Volkshilfe Österreich ein generelles Verbot von „Gegendemonstrationen“ ab. Eine Ausdehnung von Schutzbereichen auf 150m wird zu einer Verdrängung von unangenehmen Gegenkundgebungen führen. Darüber hinaus würde es durch Scheinanmeldungen möglich, andere Versammlungen zu verhindern. Daher werden diese Änderungen von der Volkshilfe Österreich abgelehnt.

Fazit

Die Volkshilfe Österreich bewertet grundsätzlich jegliche Beschneidung demokratischer Freiheiten sehr kritisch.  Für die durch das Gesetz beabsichtigte Einschränkung der Versammlungsfreiheit sieht die Volkshilfe Österreich keinen Anlass und lehnt den Entwurf daher ab.