Zum bitteren Thema der Sterbehilfe möchten wir feststellen:

 

1.     In einer freien Gesellschaft ist die Bevormundung des Staatsbürgers durch Politik und Kirche in der höchst persönlichen Frage, ob sein Leben noch sinnvoll und erträglich ist oder beendet werden soll, inakzeptabel.

2.     Es ist verlogen, so zu tun, als wären die Probleme von Alter und Krankheit mit Palliativmedizin allein zu lösen. Es ist auch ein Irrtum Personen, die in auswegloser Situation einen Alters-Suizid planen, für psychisch krank und behandlungsbedürftig zu erklären – ihr Urteil ist nämlich klar und nachvollziehbar. Es gibt Krankheiten die zum Erstickungstod führen, die Angst und Verwirrung bedingen, die ein Hinsiechen in vielerlei Form bedingen und es gibt das hohe Alter, in dem man sich und anderen zur Last ist, mit Vereinsamung und dem Fehlen jeder Zukunftsperspektive. Da hilft kein Schönreden!
In allen diesen Fällen muß es akzeptiert werden, wenn der Betroffene einen früheren schnellen Tod einem späteren Tod vorzieht, der nach einer Frist, die vom Leiden beherrscht wird und in der das unschöne Ende stets vor Augen steht, zu erwarten ist.
Kein Tier läßt man „auszappeln“ bis es endlich tot ist, will man sich nicht dem Vorwurf der Tierquälerei aussetzen, aber beim Menschen gilt das Nichthandeln als ethisch korrekt. – Man nennt das Doppelmoral!

3.     Ein Großteil der Bevölkerung ist inzwischen, vielfach im Zusammenhang mit dem Tod ihrer hoch betagten Eltern, von Erfahrungen geprägt, wie sinnlos und unwürdig Alter und Tod verlaufen können. Ihre letzten Jahre waren eine Quälerei mit aussichtslosen, langwierigen medizinischen Behandlungen, bar jeder Lebensqualität und begleitet vom kontinuierlichen Wunsch der Betroffenen nach einem Ende.

4.     Die heutige Praxis zwingt Ärzte zu Behandlungen, die in vielen Fällen keine echten Erfolgsaussichten bieten, die horrend teuer sind und von Patienten bzw. deren Angehörigen vielfach nicht erwünscht sind. Wo sich Ärzte ihrer menschlichen Verpflichtung zu einer Erlösung des Patienten von seinen Leiden besinnen, sind sie gezwungen, dies heimlich, bei vollem Risiko, zu tun. Das ist nicht zumutbar und kann in niemandes Interesse  sein.

5.     Sterbehilfe muß möglich sein:
- denn nur durch Sterbehilfe kann erreicht werden, daß der Sterbewillige sich das Leben nicht verfrüht nehmen muß, solange er noch selbst handlungsfähig ist;
- denn ohne fremde Hilfe und Zugriff auf „sanfte Methoden“ muß der Verzweifelte in laienhafter Weise zu quälenden und schockierenden Maßnahmen greifen, die
  ihm zugänglich sind. – Wer will so enden und  seinen Angehörigen zum Abschied so einen Anblick  bieten;
- denn es darf nicht sein, daß man in der Stunde höchster Not allein gelassen wird;
- denn am Ende seiner Tage, alt und krank, will man nicht in die Schweiz oder in die Niederlande fahren müssen, um Sterbehilfe zu bekommen.

6.     Mit dem tabuisierten Thema „Tod“ ist unserem aufgeklärten Zeitalter entsprechend umzugehen. Was gut, richtig und würdevoll ist, ist mit klarem Verstand zu entscheiden und zu verwirklichen.
Es ist Zeit, die Bevormundung der Bevölkerung durch mittelalterlich-kirchliche Vorstellungen, die von  einem Gutteil der Bevölkerung längst nicht mehr getragen werden,  zu beenden.
Es ist engstirnig und verantwortungslos, unter dem Hinweis darauf, daß in der NS-Zeit mit dem Thema „nicht lebenswertes Leben“ Mißbrauch getrieben wurde, den gesamten Fragenkomplex zu tabuisieren.
Die berechtigten Wünsche der Alten, die sich mit dem Tod konfrontiert sehen, sind von der Politik ernst zu nehmen.

7.     Ein verfassungsrechtlich verankertes Verbot der Sterbehilfe verstößt gegen das Grundrecht auf Selbstbestimmung.
Nachdem die Sterbehilfe nur eine Sache des Betroffenen ist und die Rechte der Mitmenschen nicht berührt bzw. verletzt, besteht außer der Freigabe – verbunden mit mißbrauchsverhindernden Rahmenbedingungen - kein Bedarf an rechtlichen Regelungen.

8.     Staat und Politik sind dazu da, die Daseinsbedingungen der Bürger nach deren Vorstellungen zu regeln und dazu bestmögliche Hilfeleistung zu bieten. Dazu gehört jedenfalls die Freiheit über das eigene Leben bzw. den eigenen Tod zu entscheiden. Dazu gehört auch die Freiheit, vorausschauend die entsprechenden Verfügungen zu treffen. (Freiheit bedeutet, daß es jeder Person freisteht, in ihrem Fall diese Entscheidung zu treffen oder auch nicht!)

9.     Aufforderung an die Politik: Es möge das Thema Sterbehilfe einer zeitgemäßen, liberalen Regelung zugeführt werden.

 

Dr. med. Elisabeth Millonig (73 Jahre)

Dipl. Ing. Tilman Millonig     (72 Jahre)

 

 

 

Eingelangt am 21.08.2014