Stellungnahme zur Diskussion rund um Sterbehilfe

 

Das Recht der Frau im Falle einer ungeplanten und ungewollten Schwangerschaft autonom und selbstbestimmt entscheiden zu können, ist in zahlreichen internationalen Deklarationen und Empfehlungen zur reproduktiven Gesundheit der WHO klar dargelegt. Eine Empfehlung, die auf legistischer Ebene in den meisten EU-Mitgliedsstaaten darunter auch in Österreich eindeutig umgesetzt wurde. So gibt es seit dem 1. Januar 1975 in Österreich die sogenannte „Fristenregelung“ oder „Fristenlösung“, d.h. der Schwangerschaftsabbruch ist nach § 96 StGB unter bestimmten Voraussetzungen straffrei.

 

Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass nur die Frau als Betroffene selbst über die verschiedenen Aspekte und Perspektiven befinden und für sich eine Entscheidung treffen kann. Im Sinne des Rechts der Frau auf die freie Wahl für oder gegen einen Schwanger-schaftsabbruch soll auch die Unterstützung und Entlastung der Frauen in diesem

Entscheidungsprozess im Zentrum stehen.

 

Diskussionsbeiträge rund um die aktuelle Forderung nach einem verfassungsrechtlichen Verbot der Sterbehilfe lassen nun befürchten, dass AbtreibungsgegnerInnen versuchen, über ein Verbot der Sterbehilfe auch ein weitgehendes Abtreibungsverbot zu erreichen. Diese Befürchtungen ergeben sich u. a. aus konzertierte Aktionen von AbtreibungsgegnerInnen, die dabei Personen, die sich für das Recht der Frauen auf selbstbestimmte Entscheidung aussprechen, als "Mörderinnen" beschimpfen, Frauen vor medizinischen Einrichtungen, die Abbrüche vornehmen, belästigen etc. Dazu kommen Aussagen von Leitern öffentlicher Spitäler in Westösterreich, die mit teils absurden Argumenten, wie „die Frauen wollen gar nicht in einem öffentlichen Spital einen Abbruch machen, da könnten sie ja im Wartebereich eine Nachbarin treffen“, gegen den erleichterten Zugang zu Abbruchmöglichkeiten polemisieren. Ein Schwangerschaftsabbruch wird also immer noch als etwas, wofür eine Frau sich zu schämen hätte und eine „Schuld“ auf sich lädt, dargestellt.

 

Auch 40 Jahre nach Einführung der Fristenlösung muss das Recht auf Schwangerschaftsabbruch daher frauenpolitisch  laufend gegenüber diversen konservativen Kreisen verteidigt werden. Ein verankertes Verbot der Sterbehilfe würde dem Argument des „Schutzes des ungeborenen Lebens“ mehr als in die Hände spielen. Wenn Frauen das Recht auf Selbstbestimmung und somit das Recht über ihren Körper abzusprechen, entzogen wird, befinden wir uns wieder in Zeiten von illegalen, für die Frauen lebensgefährlichen, Schwangerschaftsabbrüchen.  Das würde auch einen jahrzehntelangen Rückschritt in frauenpolitischen Errungenschaften bedeuten.

 

Zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts von Frauen über ihren Körper kann der Weg aber nur jener sein, die bereits errungenen Rechte niemals wieder zu reduzieren, sondern konsequent zu erhalten und weiter zu entwickeln. Zu tun gäbe es genug: Frauen müssen immer noch weite Wege und Belästigungen in Kauf nehmen, wenn sie einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen wollen, ganz abgesehen von den Kosten, welche in Österreich – anders als etwa in der Schweiz – nicht von der öffentlichen Hand getragen werden. Was im Übrigen auch für die Kosten von Verhütungsmitteln gilt.

 

Auf Verbesserungen in diesen Bereichen gilt es sich zu konzentrieren und das Thema des Schwangerschaftsabbruches strikt aus Diskussionen rund um Sterbehilfe draußen zu halten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Eingelangt am 11.09.2014