Würde am Ende des Lebens

 

Ein Mensch hat immer seine Würde. Die Frage ist mit wie viel Würde begegnet man dem Menschen? Der Todkranke muss in der von ihm gewünschten Umgebung verbleiben dürfen, schmerzfrei, unter Berücksichtigung seiner Wünsche, begleitet von denen, die er um sich wünscht - mit Unterstützung von Palliativ- und Hospizteams, bzw. an den entsprechenden Abteilungen ( Spital oder                         Pflegeeinrichtung).

Pflege, Palliativ und Hospizleistung dürfen nicht ein Individualrisiko mit hohen Kosten für den (die) Betroffenen sein, sondern müssen wie Krankheit von der Gesellschaft  getragen werden, mit entsprechender geringer, limitierter Kostenforderung.

 Einst wurde man nach einem Jahr Krankheit ausgesteuert, heute wird man, wenn es keine Therapie zur Heilung mehr gibt, beziehungsweise eine Behinderung oder Gebrechlichkeit vorliegt:  zum Pflegefall, um  die Kosten Großteils selbst zu tragen (Sozialhilfeleistung). Das Sterben ist der letzte Abschnitt des Lebens und es ist die Würde im letzten Lebensabschnitt des Menschen wahren. Ohne Kosten und Zeitdruck ist die entsprechende Betreuung zu gewährleisten, die sich weitgehend an den Wünschen des unheilbar Kranken beziehungsweise Sterbenden zu orientieren hat.

Die Äußerung:“ Ich will nicht mehr leben“ ist fast immer ein Hilfeschrei - gemeint ist in erster Linie: so- unter diesen Umständen nicht. Bei einer entsprechenden Verbesserung der Umstände kehrt der Lebenswille wieder zurück. Die Konsequenz aus der Angst vor dem Tod darf nicht zu einem beschleunigten, verfrühten Tod durch Tötung führen! Sondern es ist durch medizinisch-pflegerische Unterstützung (Analgetika, Psychotherapie, spirituelle Gespräche, Begleitung nach Wunsch mit Musik, Lesen, Erzählungen etc.), dämpfen der Nebenwirkungen der Therapie, der Zustand so zu verbessern, dass der Patient dieses Leben annimmt und friedlich und getröstet Abschied nehmen kann, und nicht getötet wird.

Nochmals: Keine Kosten verrechnen, die höher sind, als die eines Krankenhauses, nicht auf Eigentum zurückgreifen, dieser Abschnitt darf nicht Sozialhilfeleistung sein, der Wunsch nach Tod kommt auch aus Angst vor den Kosten, um die Angehörigen nicht zu belasten und das für sie Erworbene nicht zu verlieren.. Es ist schwer genug seine Lieben zu verlassen, ihnen dabei nicht das überlassen zu können was für sie erarbeitet wurde ist unerträglich… Oft führt das auch dazu, dass weibliche Angehörige die Pflege durchführen, was häufig einem Ausstieg aus dem Berufsleben gleichkommt, mit der Konsequenz der Altersarmut für sie selbst.

Man muss auf Patientenwünsche eingehen- auch wenn sie „verrückt“ aber möglich sind. Ängste, vor allem vor dem Verlust der Selbstbestimmung nehmen, Wünsche erfüllen. Freundliche Atmosphäre mit menschlicher Nähe schaffen, auch Humor zulassen, den Inhalt der Gespräche gibt der Pat an.

 Das Erreichen eines höheren Lebensalter mit Kosten Pflegebedürftigkeit, medizinische Versorgung und längere Pensionszahlungen, hat bereits dazu geführt, dass einige EU-Staaten aus ökonomischen Gründen „ die Tötung auf Verlangen“ frei gegeben haben In der Schweiz wird auf Verlangen getötet. Bei einem Kongress wurde mitgeteilt, dass man ein Heim nur beziehen darf, wenn man die Einwilligung gibt,  auf Reanimation zu verzichten.

In einem anderen Land kommen schon ca. 20% zu Tode, ohne vorherige Einwilligung. Und wieder ist Tötung ein Ausweg gegen zu hohe Kosten und es wird immer selbstverständlicher. Tabus werden nicht mehr wahrgenommen und überschritten. Manche Länder lassen auch kleine unheilbar kranke Kinder töten.

Das schrecklichste Beispiel wie mit „unwertem“ Leben verfahren wird, wurde durch die Nazis und deren Gefolgsleute brutal ausgeführt.

Auch jetzt hört man immer wieder: die letzte Strecke des Lebens ist zu teuer,  sinn-,wert- und würdelos.

Es geht bei Absehbarkeit des Todes um einen langsamen Prozess, bei dem man erkennen muss, dass der Tod nahe ist. Nötige Medikamente können durch ihre Nebenwirkungen diese letzte Phase verkürzen - niemals jedoch darf ein Medikament in einer Dosierung zum alleinigen Zweck des Tötens gegeben werden. Eine bewusste Tötung ist ein entscheidender Tabubruch, eine Grenzüberschreitung. mit schrecklichen Konsequenzen. Menschen müssen sich verinnerlichen, dass sie niemals aktiv mit dem einzigen Zweck zu töten, handeln dürfen.

Im Rahmen einer schmerzstillenden Behandlung, einer Behandlung von Atemnot etc. kann  als Nebenwirkung (NW) zu eine geringfügige Verkürzung der Lebenszeit auftreten, trotzdem darf man niemals aus Angst vor dieser NW einem Kranken, einem Leidenden eine lindernde Therapie verweigern.

Nochmals: Im Allgemeinen lieben Menschen ihr einziges Leben- sie haben Angst vor den Nebenumständen des Todes - daher auf Wünsche eingehen, Hilfe geben, aussöhnen, Schmerzfreiheit erzielen, Befreiung von Atemnot, Berührungen und empathisch die Wünsche erfassen.

Die hohen Kosten des letzten Lebensabschnittes löst bei den Angehörigen und Patienten meist große Sorgen aus. Von den Gesundheitsmanagern oft angesprochen wollen diese eher keine teurere Versorgung von Menschen in den letzten Wochen ihres Lebens sowie ein  früheres Beenden der Therapie.

Jedoch die Garantie kaum Kosten für sich und Angehörige, menschliche Nähe - keine Ängste, keine Qualen, lässt den Wunsch nach Tötung erst gar nicht aufkommen. Kranke Menschen, die unbedingt sterben wollen, sterben auch. Wenige führen einen Suizid durch.

Ich selbst habe als Studentin und Fachärztin für Hämatologie und medizinische Onkologie rund 40 Jahre Schwerkranke betreut und behandelt, daher habe ich eine sehr große berufliche Erfahrung mit Menschen am Ende des Lebens.

Privat hatte ich sie ebenfalls, da meine Eltern an ihrem schweren Krebsleiden starben. Solange es möglich war, wollten sie leben. Beide äußerten erst 4 Tage vor ihrem Tod, dass es zu Ende geht, sie keine weitere Therapie wollen-was wie immer unter solchen Umständen akzeptiert wird. Jeder Mensch hat das Recht Behandlungen ab zu lehnen- ein Recht auf Tötung gibt es nicht.

Es ist nicht nötig das Verbot der  Tötung auf Verlangen zum Verfassungsgesetz zu machen, jedoch darf die Aufhebung nicht mit einfacher Mehrheit durchgehen. Ich könnte mir für dies Abstimmung ein 90% Quorum mit 80% Zustimmung vorstellen und die Abgeordneten müssen darüber namentlich abstimmen.

 

Ich hoffe, dass wir weiterhin eine demokratische Gesellschaft sein werden, in der ein Tabubruch wie Tötung niemals zu gelassen wird und man den Menschen so begegnet, dass im Vollbesitz der Einsichtsfähigkeit nie um die eigene Tötung gebeten wird.

 

Dr. Elisabeth Pittermann

Fachärztin für innere Medizin

Fachärztin für Hämatologie und medizinische Onkologie

Fachärztin für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin

 

 

 

 

 

Eingelangt am 13. September 2014