Leben bis zuletzt

 

Stellungnahme des Landesverbandes Hospiz Oberösterreich

 

 

Die letzte Phase im Leben eines Menschen kann mit sehr vielschichtigen physischen und psychischen Beschwerden und Belastungen einhergehen. Die Aufgabe der Medizin ist es, Menschen zu helfen. Es ist jedoch nicht die Aufgabe eines Arztes das Leben zu verkürzen. Neben hohen fachmedizinischen Kenntnissen zählen kommunikative Kompetenz, Empathie und das Wissen um die juristischen und ethischen Pflichten zu den Voraussetzungen einer Palliative Care, das in einem multidisziplinärem Setting bestehend aus Ärzten, Pflegenden, Psychologen, Vertretern von Religionsgemeinschaften, Sozialarbeitern und vielen anderen  ein Sterben in Würde und ohne Qualen ermöglicht. Der Einsatz von Palliative Care führt in der Folge sehr häufig dazu, dass der Wunsch des Leidenden auf eine aktive Tötung sowie Beihilfe zur Selbsttötung schwindet, bzw. sich überhaupt nicht entwickelt.

 

Dies impliziert das Anrecht auf Palliative Care für alle leidenden Menschen, bzw. die Gewährleistung von Palliative Care in allen Gesundheitseinrichtungen einschließlich der Langzeitpflege. Eine entsprechende Versorgung aller ist derzeit noch nicht in ausreichendem Umfang vorhanden und sollte daher raschest umgesetzt werden.

 

Gegen die Legalisierung von Tötung auf Verlangen und der Beihilfe zur Selbsttötung, bzw. für das Beibehalten der derzeitigen gesetzlichen Regelung halten wir folgende Punkte für entscheidend:

·        Die gesetzliche Möglichkeit des Verlangens auf Tötung birgt in sich die Gefahr des Missbrauches, auch bei Einschränkung durch Voraussetzung zu diesem Tun auf bestimmte Vorbedingungen. Es besteht die Gefahr der schleichenden Ausweitung für Tötung auf Verlangen auch auf Situationen, die nicht mehr diese festgelegten Vorbedingungen erfüllen.

·        Die Tötung auf Verlangen widerspricht nicht nur dem ärztlichen Ethos, sondern dem Ethos aller im Gesundheitsbereich Tätigen. Das vorrangige Ziel der Medizin ist die Verbesserung der Lebensqualität und nicht die Verkürzung des Lebens. Des Weiteren könnte eine gesetzliche Freigabe einen ethisch nicht vertretbaren Druck auf Ärzte und Pflegende ausüben.

·        Die Tötung auf Verlangen könnte auch zu einem erhöhten ökonomischen Druck auf Patienten und Angehörige führen,  „sie möchten nicht zur Last fallen“.

·        Das ethische Prinzip der Selbstbestimmung steht im Falle einer Tötung auf Verlangen bzw. Beihilfe zur Selbsttötung im Gegensatz zum ärztlichen Ethos und den ethischen Leitlinien vieler Fachgesellschaften. Diese bezeichnen die vorzeitige Beendigung des Lebens eines Menschen, selbst auf eigenen Wunsch des Patienten oder naher Verwandter, als unethisch. In der Erklärung des Weltärztebundes von Marbella 1992 heißt es: „Ärztliche Unterstützung beim Suizid ist unethisch und muss durch die medizinische Profession verurteilt werden“. 

·        Tragische Einzelfälle dürfen nicht Anlass zu einer Gesetzesänderung sein. Nur eine Minderheit von Menschen wollen ihr Leben aktiv beendet haben. Ein Gesetz für die Mehrheit darf nicht verändert werden um einer kleinen Gruppe entgegen zu kommen.

 

Sehr viele Menschen sind in einem fortgeschrittenen Zustand nicht mehr entscheidungsfähig. Auch dies kann nicht als Grund für eine Legalisierung der Tötung auf Verlangen bzw. Beihilfe zur Selbsttötung aus folgenden Punkten herangezogen werden:

·        Es widerspricht den ethischen Grundsätzen ärztlichen Handelns kurative Therapien im Falle deren Wirkungslosigkeit im Sinne der Heilung oder Verbesserung der Lebensqualität weiter durchzuführen und nicht durch palliative Maßnahmen zu ersetzen. Durch die gesetzlichen Möglichkeiten der verbindlichen und beachtlichen Patientenverfügung, sowie der Vorsorgemöglichkeit bestehen heute ausreichend Möglichkeiten seinen Willen in Situationen der fehlenden Entscheidungsfähigkeit kund zu tun. Eine verbindliche Patientenverfügung ist allerdings aufgrund der damit verbundenen Kosten u.U. nicht allen zugänglich. Es ist daher eine legitime Forderung an die Politik diese Möglichkeit im Rahmen der gesetzlich verankerten Krankenversicherung oder anderen Mitteln der öffentlichen Hand allen kostenlos zugänglich zu machen.

 

Aus diesen Gründen sprechen wir uns klar für eine Beibehaltung der bisherigen Gesetzeslage und gegen die Legalisierung der Tötung auf Verlangen und der Beihilfe zur Selbsttötung aus.

Voraussetzung dafür ist eine hochqualitative und alle Gesundheitseinrichtungen umfassende palliative Versorgung. In diesem Kontext ist die sowohl qualitative als auch quantitative Weiterentwicklung von Hospiz und Palliativ Care von größter Bedeutung und erfordert eine entsprechende Unterstützung von Seiten der Gesundheitsbehörden und Finanzierung durch die öffentliche Hand.

 

Für eine Verankerung dieses Gesetzes in den Verfassungsrang sehen wir keine Notwendigkeit. Die derzeitige gesetzliche Regelung ist ausreichend, um ein Töten auf Verlangen bzw. die Beihilfe zur Selbsttötung zu verhindern. Eine Verankerung dieses Gesetzes im Verfassungsrang würde eine prinzipielle Missachtung von Menschen in verzweifelten aussichtslosen Situationen ohne Möglichkeit einer Hilfe bedeuten.

 

                                                                       Vorstand des Landesverbandes Hospiz OÖ

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eingelangt am 15.09.2014