Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Kommissionsmitglieder,

 

ich erlaube mir anbei meine Stellungnahme als selbst von inoperablem Karzinom ohne Heilungschancen bei statistisch kurzer Überlebenszeit Betroffener zu übermittlen.

 

Aus meiner Sicht muss der sog. "assistierte Suizid" unbedingt vom "Tod auf Verlangen" durch klare Definition beider Begriffe abgegrenzt werden. Die Beihilfe dazu soll der Forderung von Herrn Chalupka entsprechend unter bestimmten Voraussetzungen straffrei gestellt werden. Die derzeitige gesetzliche Situation in Österreich widerspricht insoferne den Menschenrechten, als dem hoffnungslos Sterbenskranken für den Fall des legitimen Wunsches auf Suizidbeihilfe (Suizid an sich wäre ja nicht strafbar) jegliches Recht auf Autonomie und Selbstbestimmung entzogen ist.

 

Ich persönlich wäre in meiner Situation froh, die Option einer Suizidbeihilfe gesetzlich gesichert zu wissen, ohne eine strafrechtliche Verfolgung meines Arztes und/oder meiner beim Sterben anwesenden Angehörigen befürchten zu müssen, um mich bei vollem Bewusstsein im Kreis meiner Lieben verabschieden zu können.

 

In der Hoffnung auf wohlwollende Berücksichtigung und Prüfung meiner Stellungnahme verbleibe ich

 

mit vorzüglicher Hochachtung

 

Dr. med. Robert Mayr

 

 

An die

 

Enquete-Kommission “Würde am Ende des Lebens”

 

Betrifft:         Stellungnahme zur öffentlichen Diskussion

 

 

Sehr geehrte Mitglieder der Enquete-Kommission,

 

die Impulsreferate der heutigen im ORF III übertragenen Diskussion hatten große Übereinstimmung der Redner hinsichtlich derzeit praktisch ausreichender Gesetzeslage und der Forderungen bezüglich Palliativmedizin. Fast allem kann ich zustimmen.

 

Der “assistierte Suizid”, sicher ein Minderheitsproblem, wird aber nach österreichischem Recht gemeinsam mit “Tod auf Verlangen” der “aktiven Sterbehilfe” zugerechnet und für den Beihilfe Leistenden mit hoher Strafe belegt. Hier muss im Gesetz differenziert werden!

 

Ich plädiere bei Kommission und Parlament eindringlich dafür, der Position von Herrn Chalupka und der Evangelischen  Kirche Folge zu leisten und Beihilfe zum “assistierten Suizid” unter streng definierter Einschränkung auf Patienten ohne jegliche Hoffnung auf Heilung, die ihr Recht auf Autonomie und Selbstbestimmung auch ihres Todeszeitpunktes wahren wollen, straffrei zu stellen.

(Für nähere Details siehe: Impulsreferat Chalupka; Gian Domenico Borasio, “selbst bestimmt sterben”, C.H.Beck 2014, Kap. 6 und 7; Hans Küng, “Glücklich sterben”, Piper 2014 )

 

N.b.: Die im Zustand der völligen Unzurechnungsfähigkeit gemachte und aus dem Zusammenhang gerissene Äußerung von Walter Jens “Bitte nicht tot machen”, mit der Frau Klasnik bei der Enquete Hans Küng zitierte, steht Küngs Intention diameteral entgegen. Eine Äußerung in geistiger Umnachtung kann kein Argument gegen Suizidhilfe sein!

 

Zu meiner Person:

Jg. 1939, Dr. med., 1980 – 2000 O.Univ.Prof. für Anatomie in Wien,  seit 1. Sept. mit Diagnose inoperables Pankeas-CA mit multiplen Lebermetastasen,  kurzzeitige Überlebensprognose, dzt. Chemotherapie, seit Plexus-solaris-Ausschaltung schmerzfrei bei noch guter Lebensqualtität.

Zahlreiche Erfahrungen mit Sterbenden in div. Krankenhäusern, 24-stündige Begleitung engster Verwandter mit CA (Frau, 44 J.; Mutter) bei persönlicher Mitwirkung an therapeut./palliativen Maßnahmen; Tod des Vaters an einer Intensivstation nach Unfall: Verbot des Abbruchs der Therapiemaßnahmen (Beatmung, Sondenernährung) erzwingt langen Sterbeprozess im Tiefschlaf bis zum Todeseintritt durch hypostatische Pneumonie.

 

Solange ich gesundheitlich in der Lage bin, bin ich – vielleicht als einer der wenigen direkt und akut betroffenen Stellungnehmenden - gerne für nähere Erklärungen und Auskünfte bereit.  Aus meiner Situation lässt sich mein Plädoyer für die Option einer Suizidhilfe vielleicht besser verstehen. Sie muss klar definiert und gesetzlich vom “Tod auf Verlangen” getrennt werden und der autonomen Entscheidung und Selbstbestimmung des Einzelnen zugänglich sein. Dazu ist es nötig, Suizidhilfe (eingeschränkt) straffrei zu stellen.

 

Mit Hoffnung auf Verständnis und vorzüglicher Hochachtung,

 

Dr. Robert Mayr