Sehr geehrte Frau Mag. Aubauer,
sehr geehrte Mitglieder der Kommission,
ich habe mit Freude erfahren, dass es weiterhin die Möglichkeit zu einer Stellungnahme gibt. Ich verfolge die Berichterstattung in den Medien zum Thema „Würde am Ende des Lebens“ mit großem Interesse und habe dabei sehr oft den Eindruck dass „würdevolles Sterben“ ausschließlich mit der bewussten (Selbst-) Tötung in Zusammenhang gebracht wird. Es ist mir ein großes Bedürfnis, dem entgegen zu setzen: Warum wird den Menschen, die ihr Leben bis zuletzt leben, die Autorität und die Würde abgesprochen? Auch ein schwerkranker, ein sterbender Mensch kann Würde haben, kann Größe haben, kann Vorbild sein. Auch dieser Mut - sein Schicksal anzunehmen - muss gesehen werden!
Noch ein Punkt liegt mir am Herzen:
Die Überlegung, seinem Leben ein Ende zu setzen, wird sicher nie leichtfertig getroffen. Vielfach sicher auch aus einer klaren Haltung und großen Autorität heraus. Aber in sehr, sehr vielen anderen Fällen eben auch aus anderen Gründen. Aus Angst, weil ein Mensch einsam ist oder Schmerzen hat, fürchtet seine Familie oder sein Umfeld zu sehr zu belasten und vieles mehr.
In dieser Diskussion geht es nicht nur um die Standpunkte einzelner, die jeder für sich gesehen zu respektieren sind. Es geht um die Frage welche Art von Gesellschaft wollen wir sein? Eine die auf die Ängste und Wünsche von Kranken und Sterbenden mit dem Angebot einer schnellen und einfachen Tötung antwortet? Oder eine Gesellschaft die (wieder) lernt, diese Zeit des Lebens zu respektieren und zu begleiten? Den Menschen Fürsorge und kompetente Hilfe anbietet, ihnen Vertrauen in die eigene Kraft gibt, das Leben bis zum Ende zu leben. Und die unumstößliche Sicherheit, auch in Krankheit und im Sterben angenommen zu sein.
Die Frage nach legaler Sterbehilfe kann erst beantwortet werden wenn die Voraussetzungen dafür geschaffen sind. Das heißt wenn jeder Mensch ohne Schwierigkeiten Zugang zu einer kompetenten und liebevollen Begleitung am Lebensende hat, die Gewissheit gut umsorgt und keine Last zu sein, die Sicherheit dass seine Ängste und Wünsche zu jeder Zeit ernst genommen und respektiert werden. DANN und erst dann kann weiter entschieden werden.
Ich erlaube mir nachgestellt den Text eines Briefes zu schicken, den wir von den Eltern eines unserer Patienten erhalten haben.
Mit freundlichen Grüßen
Irene Blau
Verein Hospiz Mödling
Brief an das mobile Palliativteam des Verein Hospiz Mödling
Wir
wollen „DANKE“ sagen. Ich glaube, wir haben es aus einem ganz
einfachen Grund gesagt, man will selbst mit der Diagnose, die unser Sohn hatte
nicht und nie ans Sterben denken. Es stirbt doch kein „gesunder“,
junger Mann mit 21 Jahren, das ist doch nicht normal. Wenn aber eine Krankheit
wie ein Gehirntumor diagnostiziert wurde, dann ist nichts mehr normal, das
haben wir dann auch schnell eingesehen.
Als das erste Mal Schwester Susanne mit drei großen Säcken voll mit
Betteinlagen, Infusionsbestecken, Medikamenten etc. vor unserer Türe
stand, waren wir wie erschlagen. Das werden wir doch nie brauchen. Wir hatten
uns wieder getäuscht. Die Betreuung war in den ersten zwei Wochen noch
nicht so intensiv, da unser Sohn nie einen geraden Weg gegangen ist, und so
auch beim Sterben seinen eigenen, recht verschlungenen und langen Weg gegangen ist.
Die
Betreuung wurde dann immer intensiver. Schwester Susanne und Schwester
Christiane waren oft zwei- bis dreimal am Tag und auch spätabends oder in
der Nacht bei uns. Freiwillige Helfer haben Nachtwachen gemacht (wo wir auch
immer dachten – das brauchen wir nie). Auch Familie und Freunde gaben uns
Unterstützung mit Essenslieferungen, guten Gesprächen und
Nachtwachen. In den 8 Wochen der Betreuung sind uns die Hospizschwestern immer
wichtiger geworden, nicht nur für unseren Sohn, sondern auch für uns
selbst. Sie haben immer viel psychologische Arbeit an uns geleistet, für
die wir sehr dankbar sind.
Unser Sohn war an drei Schmerzpumpen angeschlossen und es war schon fast eine
akademische Leistung, immer die richtige Dosierung und Befüllung zu
finden. Dankbar sind wir auch allen Ärzten und dem großen Umfeld des
Hospizvereins – ohne die guten Kontakte hätten wir so manches
Medikament gar nicht bekommen.
Danke, dass es Euch gibt.
Danke, dass wir Euch kennenlernen durften. Danke, dass unser Sohn nicht leiden musste.
DANKE, dass wir mit Euch unseren Sohn begleiten durften.