Österreichische
Arbeitsgemeinschaft für
Rehabilitation (ÖAR)
Dachorganisation der
Behindertenverbände Österreichs

Dr. Christina Meierschitz · DW 119

E-Mail: ch.meierschitz@oear.or.at

 

 

 

 

 

Stellungnahme der

Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR), Dachorganisation der Behindertenverbände Österreichs,

zum Entwurf eines Bundesgesetzes,

mit dem das Bundesbehindertengesetz und

das Bundessozialamtsgesetz

geändert werden

 

GZ: BMASK-40101/0001-IV/9/2014

 

 

Die ÖAR erlaubt sich, zu oben angeführtem Entwurf folgende Stellungnahme abzugeben:

ad Bundesbehindertenbeirat

1.    Weiterentwicklung in Richtung eines partizipativen Gremiums i.S. der UN-Konvention

Die Erweiterung des Bundesbehindertenbeirats um einen Vertreter der Menschen mit Lernschwierigkeiten wird als Schritt in Richtung Partizipation von Menschen mit Behinderungen im Sinne der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ausdrücklich begrüßt und soll fortgesetzt werden.

Der Bundesbehindertenbeirat ist derzeit ein beratendes Gremium für den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz. Da Behindertenangelegenheiten jedoch eine Querschnittmaterie darstellen und somit alle Bundesministerien behinderungsrelevante Entscheidungen zu treffen haben, wird es als dringend notwendig erachtet, den Bundesbehindertenbeirat als beratendes Gremium für die gesamte Regierung zu konzipieren.

Auch wäre der Anteil der VertreterInnen von Menschen mit Behinderungen im Beirat mindestens in dem Ausmaß anzuheben, dass diese die Mehrheit ausmachen.

In die Weiterentwicklung des Beirates wären Menschen mit Behinderungen und deren Organisationen mitbestimmend einzubeziehen.

Kommunikative Barrierefreiheit

Da durch dieses Gesetz unmittelbar Menschen mit Lernschwierigkeiten betroffen sind, wäre es wünschenswert gewesen, diesen Gesetzesentwurf auch in Leichter Sprache zur Verfügung zu stellen und mit einer längeren Frist als 4 Wochen (die zudem in die Zeit der Osterferien gefallen ist) zu versehen.

Zu den einzelnen Bestimmungen:

Ad § 9 Abs. 1 Z 7

Da unter SelbstvertreterInnen nicht nur Menschen mit Lernschwierigkeiten verstanden werden, sollte auf jeden Fall der Begriff „Selbstvertreter“ um die Formulierung „aus dem Kreis der Menschen mit Lernschwierigkeiten“ ergänzt werden.

Weiter ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass sich Menschen mit Lernschwierigkeiten in Österreich bisher aufgrund mangelnder finanzieller Förderungen kaum einheitlich organisieren konnten. Um sich organisieren zu können, ist eine ausreichende Unterstützung und Finanzierung notwendig.

In der ÖAR trifft sich das „Forum Selbstvertretung“ - ein Expertengremium von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Dieses erarbeitet politische Forderungen von dieser Personengruppe. Derzeit werden die Mitglieder des Forums von UnterstützerInnen aus Mitgliedsorganisationen der ÖAR begleitet und durch das ÖAR-Sekretariat rechtlich beraten. Darüber hinaus gibt es keine finanzielle Unterstützung von der öffentlichen Hand. Die Nominierung einer Person aus diesem Forum wäre sehr wünschenswert, da damit ein ausreichender Informationsfluss mit der Gruppe der SelbstvertreterInnen der Menschen mit Lernschwierigkeiten gewährleistet wäre. Um jedoch den weiteren Fortbestand dieser Gruppe zu sichern, müsste dringend eine finanzielle Förderung vorgesehen werden.

Damit sich Menschen mit Lernschwierigkeiten politisch aktiv einbringen können und ihre Rechte zur Partizipation auch wahrnehmen können, müssen über die notwendige Finanzierung der Unterstützung für diese Tätigkeit hinaus, weitere Maßnahmen umgesetzt werden. So sind Gesetze, Berichte und Programme leicht lesbar und verständlich zur Verfügung zu stellen. In Sitzungen, in denen Menschen mit Lernschwierigkeiten mitgestaltend vertreten sind, müssen die Unterlagen leicht verständlich sein und die Teilnehmenden müssen ihre Wortmeldungen für alle verständlich gestalten.

Zum Zweck der notwendigen Vorbereitung sind Unterlagen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen und es ist Unterstützung erforderlich, damit diese etwa im Forum Selbstvertretung Positionen erarbeiten und abstimmen können. Dafür bedarf es einer ausreichenden Finanzierung.

Eine barrierefreie Gestaltung des Beirates und seiner Sitzungen wäre in einer Geschäftsordnung zu regeln.

§ 13d Abs. 4

Die Aufgaben der ÖAR zur Bestellung des Bundesbehindertenanwalts sind mit dieser zu vereinbaren. Es ist zu prüfen, ob die Vorauswahl der zum Hearing einzuladenden Bewerber noch zu konkretisieren ist.

Ad „Abschnitt Va ASSISTENZHUNDE

Die ÖAR ersucht, dass grundsätzlich - wie auch in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verwendet - in allen Dokumenten einheitlich die Bezeichnung „Menschen mit Behinderungen“ verwendet wird.

Wichtig wäre nach Meinung der ÖAR, dass Hundeschulen bestimmten Qualitätskriterien entsprechen müssen, damit eine Förderung für den jeweiligen Hund erhalten werden kann. Diese müssten dringend definiert werden.

Ad § 39a:

Die Formulierung Darüber hinaus leisten sie einen wertvollen Beitrag zur Kommunikation, zum Abbau von einstellungsmäßigen Barrieren.“

Die ÖAR schlägt vor, diese Formulierung zu konkretisieren bzw. näher auszuführen, was mit dem „Beitrag zur Kommunikation“ gemeint ist, oder die Formulierung „zum Abbau von Vorurteilen und Stereotypen“ zu wählen.

Ad § 39a (9):

 

Nach der Formulierung des § 39a (9) ist eine finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln zur Anschaffung nur für den Blindenführhund vorgesehen. Da aber alle Assistenzhunde, also auch der Servicehund und der Signalhund, der Unterstützung eines Menschen mit Behinderungen dienen, ist für alle Assistenzhunde die Möglichkeit einer finanziellen Unterstützung vorzusehen.

§ 45 Abs. 2:

Der ÖZIV OÖ hat zu bedenken gegeben, dass mangels der objektiven Kriterien, die einen Bescheid ausmachen, der Bescheidcharakter des Behindertenpasses nicht erkannt werden könnte und dadurch das angestrebte Ziel vermehrter Rechtssicherheit verfehlt werden würde. Die ÖAR geht davon aus, dass eine leicht verständliche Rechtsmittelbelehrung jedenfalls mit Ausstellung des Passes erfolgen wird.

Bedenken, dass durch die fehlende Begründung, die die Erwägungen der Behörde darlegen, eine Beschwerdeerhebung gegen den Behindertenpass nur erschwert möglich ist, müssen noch durch weitere Vorkehrungen entkräftet werden.

Die ÖAR regt daher an, den letzten Satz des § 45 Abs. 2 entfallen zu lassen oder mit einem Begleitschreiben den/die PasswerberIn ausreichend zu informieren und aufzuklären.

 

Wien, am 29.4.2014