Verwaltungsgerichtshof
Präsidium

 

An das

Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst

Ballhausplatz 2

1014 Wien

 

 

DVR: 0000141

 

Zl. VwGH-1790/0007-PRAES/2014

Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (19/ME XXV. GP); Stellungnahme des Präsidiums des VwGH

 

 

Das Präsidium des Verwaltungsgerichtshofes nimmt zu dem im Betreff genannten Entwurf wie folgt Stellung:

Einleitend ist festzuhalten, dass das Präsidium des Verwaltungsgerichtshofes gegen die mit dem Entwurf vorgeschlagenen Neufassung der verfassungsgesetzlichen Bestimmungen betreffend die Amtsverschwiegenheit und die Auskunftspflicht (Art. 20 Abs. 3 und Abs. 4 B-VG) keine grundsätzlichen Einwände erhebt und der vorgeschlagenen Änderung positiv gegenübersteht.

Im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Textierung des Art. 22a Abs. 1 B-VG (Entwurf) begrüßt das Präsidium des Verwaltungsgerichtshofes ferner, dass sowohl der Wortlaut des Entwurfes als auch die Materialien zum Entwurf ausdrücklich klarstellen, dass Organe der Gerichtsbarkeit, worunter auch die Organe der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu verstehen sind, nur soweit zur Veröffentlichung von Informationen von allgemeinem Interesse verpflichtet sind, als dieser Verpflichtung nicht der Schutz eines laufenden Verfahrens oder der Rechte von an einem derartigen Verfahren beteiligten Personen entgegensteht.

Diesbezüglich ist jedoch auch zu beachten, dass - worauf der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, 94/19/1174, hingewiesen hat - diese zum Schutz der Parteien und sonstigen Beteiligten an einem laufenden Verfahren notwendige Einschränkung der Informationspflicht auch nicht derart umgangen werden kann, dass von den Organen der (monokratischen) Justizverwaltung (gestützt auf Art. 22a Abs. 2 des Entwurfes) Auskunft über die richterliche Tätigkeit als solche verlangt wird. Eine diese Tatsache klarstellende Ergänzung in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage wäre nach Ansicht des Präsidiums des Verwaltungsgerichtshofes notwendig und zweckmäßig.

Zu Art. 22a Abs 2 (Entwurf) ist festzuhalten, dass Art. 87 Abs. 2 B-VG die Durchführung der Justizverwaltung im materiellen Sinn sowohl in monokratischer als auch in kollegialer Form ermöglicht. Sieht der Gesetzgeber vor, dass Aufgaben der Justizverwaltung (im materiellen Sinn) in einer kollegialen Form zu vollziehen sind, so handelt es sich hierbei jedoch um keine Akte der Justizverwaltung, sondern üben die Richter ihr "richterliches Amt aus" und werden weisungsfrei tätig. Derartige Akte sind verfassungsrechtlich als Akte der Gerichtsbarkeit zu verstehen (vgl. VfGH vom 28. Juni 1995, V 50/94, und VwGH vom 1. Februar 1989, 88/01/0199).

Dieses Ergebnis ergibt sich offenbar auch aus der in den Erläuterungen zum Entwurf gewählten Formulierung, wonach nur die "monokratische" Justizverwaltung unter dem Begriff "Bundesverwaltung" zu subsumieren ist.

Sollten die erwähnten Ausführungen in den Erläuterungen durch das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst jedoch anders gesehen werden, wird um eine Berücksichtigung und entsprechende Anpassung des Erläuterungstextes ersucht.

Diese Stellungnahme wird gleichzeitig auch dem Präsidium des Nationalrates übermittelt.

 

Wien, am 29. April 2014

Für den Präsidenten:

Hofrat des VwGH Dr. Peter DOBLINGER

 

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