Verein der Richterinnen und Richter

des Verwaltungsgerichtshofes

An das

Bundeskanzleramt

Abteilung III 1

zu dortiger GZ BKA‑920.701/0002‑III/1/2014

per E-Mail                                                                         

6. Mai 2014

Betrifft: Sonderpensionenbegrenzungsgesetz; Stellungnahme

Der Verein der Richterinnen und Richter des Verwaltungsgerichtshofes dankt vorweg für die Zusendung des gegenständlichen Begutachtungsentwurfes zur Stellungnahme, möchte allerdings in diesem Zusammenhang festhalten, dass aus dem Umstand, dass innerhalb der von Ihnen eingeräumten Frist keine Stellungnahmen oder in Stellungnahmen nicht sämtliche Argumente gegen den Begutachtungsentwurf eingebracht werden, insbesondere in rechtspolitischer Sicht keine Präklusion abgeleitet werden sollte.

Die politische Diskussion hatte ihren Ausgangspunkt im Herbst 2013 rund um sogenannte "Luxuspensionen" in "staatsnahen Unternehmen" (z.B. Österreichische Nationalbank, Kammern oder ORF) genommen.  Der vorliegende Entwurf beschreitet den Weg einer verfassungsgesetzlichen Grundlage für Eingriffe in vertragliche, aber auch öffentlich-rechtliche Pensionen, um diese Maßnahmen schon dadurch einer näheren Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof zu entziehen. Dies wird allerdings gerade jene Personengruppen, die zumindest anfangs in den Fokus der politischen Diskussion gerückt worden waren, nämlich Bedienstete der staatsnahen Unternehmen, kaum daran hindern, ihre vertraglich zugesicherten Pensionsansprüche anhand der völkerrechtlichen Bestimmung des Art. 1 des 2. Zusatzprotokolles zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu verteidigen.

Der vorliegende Begutachtungsentwurf nimmt die Diskussion um "Luxuspensionen" in staatsnahen Bereichen freilich zum Anlass, um gerade im Bereich der Ruhe‑ und Versorgungsgenüsse der öffentlich‑rechtlich Bediensteten des Bundes – nach all den in den Erläuterungen aufgezählten Pensionsreformen neuerlich – zum Teil drastische Einschnitte zu vollziehen. Die vertraglichen Grundlagen der ursprünglich Anlass gebenden "Luxuspensionen" werden nicht offengelegt, allerdings legt die öffentliche Diskussion nahe, dass für diese Pensionen in staatsnahen Bereichen keine oder keine vergleichbaren Pensionsbeiträge geleistet wurden.

Auch legt die Wahl des Begriffes "Pensionssicherungsbeitrag" im Pensionsgesetz 1965 nahe, dass es um eine notwendige Absicherung der von den Einschnitten betroffenen öffentlich‑rechtlichen Pensionen ginge. Die Notwendigkeit einer solchen Absicherung zeigt der vorliegende Begutachtungsentwurf, insbesondere in seinen Erläuterungen, für den Bereich der öffentlich‑rechtlich Bediensteten des Bundes nicht auf.

Vielmehr zeigen die Erläuterungen in der Abschätzung der finanziellen, insbesondere der budgetären Auswirkungen, dass der budgetäre Effekt aus dem Eingriff in die öffentlich‑rechtlichen Pensionen jenen aus dem Eingriff in die sogenannten "Luxuspensionen" im staatsnahem Bereich um den Faktor Zehn übersteigt, womit der neuerliche Eingriff in das öffentlich-rechtliche Pensionssystem zumindest budgetär nachvollziehbar ist.

Soweit der Begutachtungsentwurf eine Rechtfertigung in einer "Harmonisierung" der Pensionssysteme sieht, bleibt er – wie bereits betont – eine Offenlegung schuldig, inwiefern etwa die Bezieher vertraglich zugesicherter Pensionen Pensionsbeiträge zu leisten hatten, die denen der öffentlich‑rechtlich Bediensteten des Bundes vergleichbar waren und sind.

Schließlich bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang die Länder mit den Maßnahmen des Bundes gleichziehen werden, haben doch einzelne Vertreter der Länder in der Öffentlichkeit schon deponiert, in ihren Bereichen keine Bediensteten mit derart hohen Bezügen wie im Bundesbereich zu haben[1].

Abschließend wird bemerkt, dass es für die Reputation des öffentlichen Dienstes und des Staates insgesamt kurzsichtig ist, einzelne Gruppen von Leistungsträgern des öffentlichen Dienstes der Öffentlichkeit als Bezieher von "Luxuspensionen" vorzuführen, zumal der Gesetzgeber damit zum Ausdruck bringt, dass das einst von ihm ersonnene Gesamtsystem der öffentlich‑rechtlichen Besoldung samt Ruhe‑ und Versorgungsgenüssen auch nach den zahlreichen, in den Erläuterungen aufgezählten Reformschritten und Einschnitten der letzten Jahrzehnte unangemessen und daher weiterhin korrekturbedürftig geblieben ist.

Für den Verein

Dr. Markus Thoma



[1] zu denken wäre aber etwa an die Bezüge von Landesamts- oder Magistratsdirektoren oder Bezirkshauptleuten