An das

Bundeskanzleramt

Abtteilung III/5

per E-Mail  III@BKA.GV.at

 

und an das

Präsidium des Nationalrates

per E-Mail

begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

 

 

  Wien, am 15.5.2014

 

 

Betr.: Entwurf zum Sonderpensionenbegrenzungsgesetz

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

 

es ist schon sehr merkwürdig, wenn der „Gesetzgeber“ aus rein politischer Motivation plötzlich in seit Jahren oder Jahrzehnten bestehende gültige Verträge eingreifen will, die angeblich nicht üblich sind; wie kann man plötzlich behaupten, dass bestimmte Zusagen nicht üblich sind, wenn sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages sehr wohl üblich waren?  Üblich – und bekannt – waren auch die Nationalbank-Gehälter und -Pensionen, nur hat jetzt offenbar Genosse Neid genug Verbündete bekommen, um endlich etwas dagegen unternehmen zu können.

 

Ich erinnere daran, dass - nicht nur im Bereich der verstaatlichten Industrie, sondern auch im gesamten Bankenbereich und in der E-Wirtschaft – seit den 50-er Jahren Pensionszusagen generell üblich waren, die den Berechtigten einen Anspruch auf maximal 80 % des letzten Aktivbezuges  eingeräumt haben, wenn auch unter Anrechnung der ASVG-Pension.

 

Im Zuge der finanziellen Schwierigkeiten der verstaatlichten  Unternehmen Ende der 70er-Jahre und Anfang der 80er-Jahre gab es den gesetzlichen Auftrag an die Unternehmen, Eigenleistungen zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage zu erbringen, wozu auch Einschnitte in die Pensionssysteme gehörten. Jedenfalls kam es zu massiven Eingriffen in die statutarisch zugesagten Firmenpensionen mit Abschlagszahlungen und in der Folge zur Errichtung der Pensionskasse für die danach neu begründeten Pensionsansprüche der Mitarbeiter.

 

Die Legitimation für diese gesetzlich angeordneten Einschnitte wurde aus den erheblichen Zahlungen abgeleitet, welche die ÖIAG durch Kreditaufnahmen mit Haftung des Bundes finanzierte und den Unternehmen zuführte. Beträge übrigens, die – auch wenn man die seither eingetretene Inflation berücksichtigt – in keinem Vergleich zB zu den vom Steuerzahler aufzubringenden Beträgen für die Hypo Alpe Adria stehen. Immerhin hat es sich damals um die Schlüsselindustrien Österreichs gehandelt, die zu einem guten Teil – wenn auch nicht nur -  Opfer einer weltweiten Krise der Rohstoffindustrie wurden. Nicht verschwiegen werden soll in diesem Zusammenhang, dass andere Länder diese Probleme durch verlorene Zuschüsse gelöst haben, während Österreich damals den Weg von Kreditaufnahmen durch die ÖIAG wählte, was die ÖIAG natürlich massiv belastet und letztlich zu den  Privatisierungen geführt hat.

 

Neben den Einschnitten bei den Statutarpensionen gab es auch Versuche, in die damals bereits bestehenden Einzelpensionsverträge einzugreifen; da eine einseitige Änderung der Vertragszusagen nicht möglich war, wurden diesem Personenkreis Angebote gemacht, die Verträge abzulösen oder den Umfang der Zusagen zu reduzieren, was aber nicht erfolgreich war; im Gegentail, diese Angebote haben sogar zu einer Verschlechterung der finanziellen Situation der Unternehmen geführt, weil die Abfindungsangebote nur von jenen Vertragspensionisten angenommen wurden, deren persönliche Lebenserwartung durch schwere Krankheiten nicht mehr der statistischen Lebenserwartung entsprach. Die Erben dieser Personen durften sich über entsprechende höhere Barmittel freuen; die gesunden Pensionisten dachten dagegen gar nicht daran, diese Angebote anzunehmen.

 

Der VerfGH  wurde damals mit der Frage befasst, ob wenigstens eine vorübergehende Aussetzung der Wertsicherung der Pensionen, wie sie in den Finanzierungsgesetzen gefordert wurde, zulässig ist und hat dies als verfassungswidrig beurteilt .

 

Immerhin  wurden die Verträge der Vorstände und der leitenden Angestellten der verstaatlichten Unternehmen unter GD Sekyra (ÖIAG-Chef von 1986 bis 1992) völlig neu gestaltet, was auch die Pensionszusagen für diesen Personenkreis betraf: Die Pensionsleistungen wurden mit  maximal 40 % des letzten Aktivbezuges festgelegt, allerdings ohne Einrechnung der ASVG-Pension.  Diese Regelungen wurden nicht nur in den Unternehmen eingeführt, wobei auch bestehende Verträge zum Teil geändert wurden,  sondern auch in der ÖIAG selbst. Personen, die zufällig Vertragsansprüche gegen Unternehmen haben, die in der Zwischenzeit privatisiert wurden, fallen aus dem Geltungsbereich des SpBegrG heraus, was  einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsprinzip bedeutet.

 

Man kann jedenfalls sagen, dass die heute noch bestehenden Pensionszusagen vor 20 bis 30 Jahren  üblich waren; teilweise gehen derzeit noch bestehende und erfüllte Pensionszusagen sogar noch länger zurück, nämlich auf die alten Verträge mit 80%-igen Pensionsansprüchen.

 

Ich möchte ferner daran erinnern, dass auch in der erst später erlassenen Bundes-Vertragsschablonenverordnung Bestimmungen über Pensionen enthalten sind; demnach haben die zuständigen Unternehmensorgane darauf hinzuwirken, dass allenfalls schon bestehende Pensionszusagen, die nicht den restriktiven Vorgaben dieser Verordnung entsprechen, geändert – sprich: entsprechend verschlechtert – werden. Für den Fall, dass es nicht gelingt, bestehende Pensionszusagen zu ändern, gibt es aber keine Sanktion; der Verordnungsgeber war sich also offensichtlich bewusst, dass man vertragliche Zusagen nicht einfach einseitig ändern kann.

 

Die Folge dieser von der Neidgenossenschaft betriebenen Pensionsbegrenzungen waren höhere Aktivbezüge, die ihrerseits wieder vom Rechnungshof zu erheben waren und jährlich für mehr oder weniger genüssliche Kommentare in den Medien sorgen. Dass es für Manager einen Markt gibt, auf dem auch entsprechende Bezüge gefordert und bezahlt werden, um gute Leute zu bekommen, scheint sich in der Öffentlichkeit und in der Politik noch nicht herumgesprochen zu haben. Ich bin im Übrigen durchaus der Auffassung, dass unsere österreichischen Politiker besser bezahlt werden sollten; immerhin haben sie eine große Verantwortung für den Staat Österreich. Allerdings sollte man sie auch leichter wieder  los werden können, wenn sie den Erwartungen nicht entsprechen (Stichwort: Mehrheitswahlrecht).

 

Nun möchte der österreichische Gesetzgeber den Weg gehen, den auch der ungarische Regierungschef  (in Österreich dafür heftig als undemokratisch kritisiert) seit einigen Jahren beschreitet, nämlich alles Mögliche oder Unmögliche durch Verfassungsgesetz  zu regeln und damit jeder Anfechtbarkeit zu entziehen; das Ganze unter heftigem Beifall der Oppositionsparteien, deren Klientel ja davon nicht betroffen ist und denen der Gesetzentwurf daher nicht weit genug gehen kann. Wie übrigens auch Herrn Prof. Marin, von dem keine andere Aussage zu erwarten war.

 

Noch einige Bemerkungen zum Vorblatt und den Erläuternden Bemerkungen:

 

Wenn in der Problemanalyse im Vorblatt behauptet wird, dass die „hohen finanziellen Belastungen der für die Pensionsleistungen verantwortlichen Institutionen“ zu finanziellen Nachteilen für den Bund führen können, so ist dies eine tendenziöse Behauptung, die der Realität widerspricht. Unter den vom Geltungsbereich  des SpBegrG erfassten Institutionen sind nur wenige Gesellschaften, die überhaupt für eine Ausschüttung an den Bund in Frage kommen; oder zahlen zB die Kammern eine Dividende? Und für die ÖIAG oder die Verbundgesellschaft spielen diese Beträge bei der Beurteilung der Dividendenfähigkeit keine Rolle. Abgesehen davon, dass in den Kapitalgesellschaften für die Pensionsverpflichtungen entsprechende Rückstellungen gebildet  wurden.

 

 

In den ErlBem Allg. Teil zum Entwurf wird gesagt, dass  "der Begriff "Sonderpensionen" Zusatzpensionsleistungen abseits der üblichen Pensionsregelungen erfassen" soll; nach dieser Formulierung sollen die ASVG-Pensionen bei der Berechnung des einzubehaltenden Betrages  offenbar nicht  berücksichtigt werden.

 

In der konkreten Bestimmung zum § 1 Abs. 4 ÖIAG-Gesetz (Artikel 24 SpBegrG)  werden aber zwei verschiedene Regelungen vermischt, nämlich was von der Abfuhrpflicht erfasst werden soll (die  Bezüge aus der Leistungszusage der Gesellschaft) und die Definition der Berechnung des Beitrages.

 

Die Bestimmung des neuen § 18 Abs. 5 hat keinen materiellen Inhalt und kann sich nicht selbst in Kraft treten lassen;  sie müsste sich vielmehr auf den neuen § 1 Abs. 4 beziehen. Sonst würde ja der neue § 1 Abs. 4 sofort mit der Kundmachung des Gesetzes in Kraft treten.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Günter Riemer