1 Präs. 1613-1837/14d

 

 

 

 

Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs

zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das

allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Unternehmensgesetzbuch

zur Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geändert werden

(GesbR-Reformgesetz – GesbR-RG)

 

 

1. Zur Notwendigkeit einer Reform

Die Bestimmungen des 27. Hauptstücks des zweiten Teils des ABGB über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts beruhen überwiegend noch auf der Stammfassung des ABGB aus dem Jahr 1811. Gleiches gilt für die Vorschriften über die Miteigentumsgemeinschaft, auf die das Organisationsrecht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts verweist. Diese Regelungen erscheinen heute nicht mehr zeitgemäß. Dies gilt schon für den Titel der zitierten Vorschriften „von dem Vertrage über die Gemeinschaft der Güter“, genauso aber für die meisten Bestimmungen.

          Demgemäß wird auch seit längerer Zeit eine entsprechende Reform gefordert. Der Reformnotwendigkeit steht nicht entgegen, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts dadurch an Bedeutung verloren hat, dass die Personengesellschaften seit 1990 auch für minder- oder nichtkaufmännische Aktivitäten begründet werden können, für die das früher nicht möglich war und die aus diesem Grund als Personengesellschaft nur im Wege der Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben werden konnten.

          Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfüllt nämlich – worauf die Materialien zutreffend hinweisen – nach wie vor eine wichtige „Auffangfunktion“ für gesellschaftliche Zusammenschlüsse, die nicht jenes Maß an Formalität, Publizität, Intensität oder Dauerhaftigkeit erfüllen, wie es für eine mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Gesellschaft erforderlich wäre. Hier ist insbesondere auf Gelegenheitsgesellschaften (ARGE) in der Bauwirtschaft, aber auch Kreditkonsortien etc zu verweisen.

 

2. Grundsätzliche Einschätzung

Der nunmehr vorliegende Entwurf, der maßgeblich von Univ.-Prof. Dr. Heinz Krejci und Univ.-Prof. Dr. Martin Schauer mitgestaltet wurde, ist in seinen Grundzügen bereits länger bekannt und war auch schon Gegenstand entsprechender literarischer Stellungnahmen, die durchwegs zustimmend ausfielen.

          Die vorgeschlagene Neuregelung kann als geglückt angesehen werden. Dabei ist es gelungen, die Reform gut in das bestehende Gefüge des Gesetzes einzupassen. Dass das 27. Hauptstück zur Gänze neu formuliert wurde, ist gleichfalls zu begrüßen, sind doch damit alle betroffenen Regelungen gewissermaßen „aus einem Guss“. Die gleichfalls neue Gliederung in sieben Abschnitte fördert zudem die Übersichtlichkeit und Lesbarkeit.

          Die vorgeschlagenen Regelungen erscheinen durchwegs ausgewogen und sachgerecht; zu Recht weisen die Materialien darauf hin, dass exekutiv auch gesellschaftsgebundene Miteigentumsanteile verwertet werden können (§ 333 EO) und damit einem Gläubiger eines Gesellschafters durch Kündigung der Gesellschaft der Zugriff auf das Auseinandersetzungsguthaben offensteht. Daher sind auch Anteile an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht vor dem Zugriff von Gläubigern „immunisiert“. Folgerichtig schlägt der Entwurf auch eine § 135 UGB vergleichbare Regelung vor (§ 1212 idF des Entwurfs).

 

3. Detailfragen

In einigen wenigen Punkten erscheint der Entwurf jedoch noch Präzisierungen zugänglich:

 

3.1. Einbringung quoad sortem

§ 1180 Abs 2 übernimmt das Konzept der Einbringung von Sachen quoad sortem. Diese sollen „im Innenverhältnis so behandelt werden, als ob sie allen gemeinsam gehörten“. In diesem Zusammenhang ist allerdings bisher durchaus strittig, ob bei einer Einbringung einer Sache quoad sortem der Gesellschafter die Stellung eines Treuhänders der übrigen Gesellschafter einnimmt (vgl dazu König, Das Gesellschaftsvermögen im Konkurs der GesbR, ZIK 1996, 73 ff ; abweichend Jabornegg, JBl 2000, 241 [Entscheidungsbesprechung]; Riedler, Treuhandmissbrauch bei quoad sortem in eine GesbR eingebrachten Sachen, wbl 2007, 218 ff; Eckert, Insolvenz von Gesellschaftern, in Konecny, Insolvenz-Forum 2010, 69 f). Die Treuhänderstellung hat wesentliche Bedeutung im Fall der Zwangsvollstreckung gegen den Einbringenden und im Fall der Insolvenzeröffnung über dessen Vermögen, könnten doch bei Annahme einer Treuhänderstellung die übrigen Gesellschafter die eingebrachte Sache exszindieren bzw aussondern. Dies wird der mit einer derartigen Einbringung verfolgten Absicht der Beteiligten wohl am ehesten entsprechen. In § 1180 Abs 2 könnte daher ausdrücklich klargestellt werden, dass der einbringende Gesellschafter in diesem Fall als Treuhänder hinsichtlich der Anteile der übrigen Gesellschafter gilt.

 

 

3.2. Anpassung an das IRÄG 2010

§ 1208 Z 3 wäre an das IRÄG 2010 und das nunmehr stärker im Gesetz betonte Ziel der Sanierung im Zuge des Insolvenzverfahrens anzupassen. Dabei muss der Gesetzgeber gewissermaßen „Farbe bekennen“, ob die in § 1208 Z 3 vorgesehene Rechtsfolge der Auflösung der Gesellschaft an jede Eröffnung eines Insolvenzverfahrens geknüpft werden soll (was nicht sachgerecht erscheint) oder ob dies nur gelten soll, wenn das Verfahren nicht Sanierungsverfahren, sondern als Konkursverfahren geführt wird. Letzteres kann der Fall sein, indem das Verfahren von vornherein als „Konkursverfahren“ geführt wird (nur dieser Fall wird vom Entwurf erfasst) oder aber, indem das Verfahren zunächst als Sanierungsverfahren geführt wird, in der Folge aber das Verfahren zu einem Konkursverfahren „herabgestuft“ und demgemäß die Bezeichnung entsprechend auf „Konkursverfahren“ geändert wird.

          Außerdem ist zu beachten, dass auch im Zuge eines Konkursverfahrens ein Sanierungsplan möglich ist. Kommt aber ein solcher Zustande, so erscheint die Rechtsfolge des § 1208 Z 3 nicht sachgerecht, würde doch dadurch das Ziel der Sanierung unterlaufen. Allerdings kann ein Sanierungsplan während des gesamten Insolvenzverfahrens gestellt werden. Ein mehrjähriger „Schwebezustand“ erscheint den anderen Gesellschaftern jedoch nicht zumutbar. Den hier bestehenden widerstreitenden Interessen könnte durch einen Kompromiss etwa dahin Rechnung getragen werden, dass zwar die Eröffnung eines Konkursverfahrens grundsätzlich zur Auflösung der Gesellschaft führt, sofern nicht innerhalb einer bestimmten Frist (zB 60 Tage) danach ein Sanierungsplan abgeschlossen wird.

          Für den Fall der Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens stellt § 1208 Z 3 ausdrücklich auf die Rechtskraft ab. Gleiches sollte auch für die Eröffnung des Verfahrens vorgesehen werden. Dadurch werden Streitfragen vermieden. Einem Rekurs gegen den Konkurseröffnungsbeschluss kommt ja keine aufschiebende Wirkung zu (§ 524 ZPO). Die strenge Rechtsfolge der Auflösung der Gesellschaft soll aber nur an eine rechtskräftige Eröffnung des Konkursverfahrens geknüpft werden. Zur Vermeidung eines Umkehrschlusses aus dem zweiten Fall von § 1208 Z 3 sollte dies im Entwurf ausdrücklich klargestellt werden.

 

4. Zusammenfassung

Zusammenfassend handelt es sich um einen gelungenen Vorschlag, der ein schönes Beispiel für das fruchtbare Zusammenwirken von Legistik und Wissenschaft darstellt. Der Entwurf wird daher mit den dargelegten Modifikationen ausdrücklich befürwortet.

 

Wien, am 21. Mai 2014

Dr. Ratz