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Bundesministerium für Justiz
Museumstraße 7
1070 Wien

 

BMF - I/4 (I/4)
Johannesgasse 5
1010 Wien

Sachbearbeiterin:
Mag. Ottilie Hebein
Telefon +43 1 51433 501165
Fax +43 1514335901165
e-Mail Ottilie.Hebein@bmf.gv.at
DVR: 0000078

GZ. BMF-111700/0021-I/4/2014

 

 

 

Betreff:

Zu GZ. BMJ-Z10.078B/0001-I 3/2014 vom 24. April 2014

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Unternehmensgesetzbuch zur Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geändert werden (GesbR-Reformgesetz – GesbR-RG);

Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen

(Frist: 23. Mai 2014)

 

 

Das Bundesministerium für Finanzen beehrt sich, zu dem mit Note vom 24. April 2014 unter der Geschäftszahl BMJ-Z10.078B/0001-I 3/2014 zur Begutachtung übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Unternehmensgesetzbuch zur Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geändert werden (GesbR-Reformgesetz – GesbR-RG) binnen offener Frist wie folgt Stellung zu nehmen:

 

Zur Wirkungsorientierten Folgenabschätzung:

Aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen wären die Auswirkungen auf die Gerichte durch die Absenkung der Umsatzschwelle für die Eintragungspflicht ins Firmenbuch (und einer damit einhergehenden steigenden Anzahl an Firmenbucheintragungen) abzuschätzen.

Weiters darf angeregt werden, dass in der WFA die wichtigsten Eckpunkte der Regelungsinhalte deutlicher zum Ausdruck gebracht werden sollten.

Es wird zwar bei Maßnahme 1 angeführt, dass die Novellierung dazu dienen soll bestehende Diskrepanzen zwischen Gesetzestext und Praxis zu beheben. Allerdings geht nicht hervor, welche Diskrepanzen bestehen und welche Maßnahmen getroffen werden um diese zu beseitigen.

Der gegenständliche Entwurf enthält aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen zudem Informationsverpflichtungen für Unternehmen, die Verwaltungskosten auslösen, die aber in der vorliegenden WFA nicht in ausreichender Form dargestellt und ermittelt wurden. 

 

Im Rahmen der WFA wird zu den erwarteten Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen festgestellt, dass diese unter dem Schwellenwert von 100.000 Euro pro Jahr liegen. In den dazugehörigen Erläuterungen wird jedoch dargestellt, dass alleine aufgrund des zu erwartenden Personalaufwandes etwa 236.800 Euro an Verwaltungslasten für Unternehmen entstehen. Zusätzlich dazu entstehen durch die Informationsverpflichtung finanzielle Aufwendungen für Notariatsakte sowie Gebühren und Nebenkosten. Die Kosten für den Notariatsakt wären ebenfalls Verwaltungskosten und sollten gesondert ausgewiesen werden. Zur Beurteilung der Wesentlichkeit wären dann die gesamten Verwaltungskosten heranzuziehen.

 

Das Bundesministerium für Justiz wird sohin ersucht, die notwendigen Anpassungen bzw. Ergänzungen entsprechend obiger Ausführungen vorzunehmen und die WFA rechtzeitig vor Einbringung in den Ministerrat erneut dem Bundesministerium für Finanzen zu übermitteln.

 

Zu einzelnen Bestimmungen des Gesetzesentwurfs:

Zu § 1176 Abs. 2:

Da das Betreiben eines Unternehmens sowie das Führen eines Gesellschaftsnamens für Dritte auf das Vorliegen einer Außengesellschaft hindeuten, besteht die Absicht in Abs. 2 zum Schutz redlicher Geschäftspartner eine Vertrauensschutzregelung vorzusehen. Laut den Erläuterungen soll gemäß dieser Regelung eine GesbR, die ein Unternehmen betreibt oder einen Gesellschaftsnamen führt, nach ihrem Gesellschaftsvertrag aber bloß eine Innengesellschaft ist, dies einem Dritten gegenüber nur dann geltend machen können, wenn dieser davon positive Kenntnis hatte oder ihm fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen ist.

 

Diese in den Erläuterungen beschriebene Lösung, den Dritten grundsätzlich in seinem Vertrauen auf den äußeren Anschein zu schützen und ihm diesen Schutz nur dort zu entziehen, wo er wegen seines Wissens oder vorwerfbaren Unwissens nicht schutzwürdig erscheint, lässt sich aus der vorgelegten Fassung des Abs. 2 jedoch nicht herauslesen.

 

Im Gegensatz zu dem erklärten Regelungsziel sieht der Regelungswortlaut das genaue Gegenteil des Beabsichtigten vor, indem er anordnet, der Umstand, dass es sich laut Gesellschaftsvertrag um eine Innengesellschaft handelt, könne einem Dritten nur entgegengehalten werden, wenn dieser weder wusste, noch hätte wissen müssen, dass es sich bloß um eine Innengesellschaft handelt. Da die verwendete Formulierung „weder….noch“ dazu dient, nicht vorliegende Tatbestandsmerkmale aufzuzählen, wird mit ihr die Aussage getroffen, dass dem Dritten gerade dann, wenn er sich mangels Kenntnis von der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Innengesellschaft auf das Vorliegen einer dem äußeren Anschein nach gegebenen Außengesellschaft verlassen können sollte, dieses ihm unbekannte Faktum einer vertraglich vorgesehenen Innengesellschaft entgegen gehalten werden kann. Im Ergebnis wird dem Dritten somit – entgegen der verfolgten Intention – der Schutz gerade dort entzogen, wo er eigentlich schutzbedürftig wäre. 

 

Um die gewünschte Wirkung zu erzielen wird empfohlen, das Wort „weder“ zu streichen und das Wort „noch“ durch „oder“ zu ersetzen. Die Wortfolge sollte demnach lauten: „…so kann dieser Umstand einem Dritten nur entgegengehalten werden, wenn dieser wusste oder hätte wissen müssen, dass es sich bloß um eine Innengesellschaft handelt.“

 

Zu § 1178 Abs. 2:

Die Wortfolge „kann der Schuldner nicht eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehende Forderung aufrechnen“ sollte korrekt lauten: „kann der Schuldner nicht mit einer ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehenden Forderung aufrechnen“.

 

Zu § 1180 Abs. 2:

Die Erläuterungen führen aus, dass die Form der Einbringung von Sachen in die Gesellschaft sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebe oder in der Folge durch einstimmigen Gesellschafterbeschluss festlegt werden könne. Zwar ist im Text des Abs. 2 die Rede davon, dass der Gesellschaft Sachen im Gesellschaftsvertrag auch bloß zum Gebrauch zur Verfügung gestellt werden können, die Möglichkeit von Gesellschafterbeschlüssen wird hingegen nicht erwähnt. Die Formulierung, wonach Sachen im Innenverhältnis so behandelt werden könnten, als ob sie allen gemeinsam gehörten, erweckt zudem den Eindruck, dass es nicht auf eine allfällige interne Willensbildung ankomme, sondern allein auf die faktische Behandlung der Sache als eine allen gemeinsam gehörende. Sofern man die Festlegung der Einbringungsformen dem Gesellschaftsvertrag und allfälligen Gesellschafterbeschlüssen vorbehalten will, sollte dies im Wortlaut des Gesetzes klar zum Ausdruck gebracht werden.

 

Zu § 1194 Abs. 1:

Die Erläuterungen erwähnen die Pflicht des geschäftsführenden Gesellschafters, seinen Mitgesellschaftern auf deren Verlangen hin Auskünfte zu erteilen und Rechenschaft abzulegen. Neben der Auskunft über den Stand der Geschäfte sieht die Bestimmung allerdings auch vor, dass der geschäftsführende Gesellschafter jedem anderen Gesellschafter die „erforderlichen Nachrichten“ zu geben hat. Worum es sich bei diesen Nachrichten handelt und wie diese sich zu den Auskünften verhalten, bleibt völlig offen. Eine genauere Bestimmung und Abgrenzung dieser beiden Begriffe scheint vor allem unter dem Aspekt notwendig, als es sich bei den „erforderlichen Nachrichten“ um eine Bringschuld des geschäftsführenden Gesellschafters handelt, die dieser im Gegensatz zur Auskunft über den Stand der Geschäfte nicht erst auf Anfrage sondern von sich aus zu liefern hat. 

 

Zu §§ 1203 Abs. 3 und 1205 Abs. 4:

Es fällt auf, dass in diesen Bestimmungen abweichend von der im Entwurf sonst verwendeten Formulierung „gesellschaftsbezogene Verbindlichkeit“ das Wort „Gesellschaftsschulden“ gebraucht wird. Insofern, als die Gesellschaft selbst nicht Trägerin von Rechten und Pflichten ist (§ 1175 Abs. 2) und für gesellschaftsbezogene Verbindlichkeiten gegenüber Dritten die Gesellschafter als Gesamtschuldner haften (§ 1199 Abs. 1), dürfte „gesellschaftsbezogene Verbindlichkeit“ der treffendere Ausdruck sein; es wird daher angeregt anstelle von „Gesellschaftsschulden“ durchgehend von „gesellschaftsbezogenen“ Schulden bzw. Verbindlichkeiten zu sprechen.

 

Das Bundesministerium für Finanzen ersucht um entsprechende Berücksichtigung der vorliegenden Stellungnahme. Dem Präsidium des Nationalrates wurde diese in elektronischer Form zugeleitet.

 

20.05.2014
Für den Bundesminister:
Mag. Heidrun Zanetta
(elektronisch gefertigt)