An das

Bundeskanzleramt

Ballhausplatz 2

1014 Wien

 

 

per E-Mail:     kultusamt@bka.gv.at

                        begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

 

 

Wien, am 30. Oktober 2014

Zl. B-162/301014/DR

 

 

GZ: BKA-KA7.830/0001-KULTUSAMT/2014

 

 

Betreff: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Islamgesetz 1912 geändert wird

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich mitzuteilen, dass zu obig angeführtem Gesetzesentwurf folgende Stellungnahme abgegeben wird:

 

Im § 16 des Entwurfs sind Regelungen über Islamische Friedhöfe enthalten. So bedürfen die Auflösung, Schließung oder Enterdigung einzelner Grabstellen der Zustimmung der zuständigen Kultusgemeinde. Bestattungen auf islamischen Friedhöfen bzw. Friedhofsabteilungen dürfen nur mit Zustimmung der zuständigen Kultusgemeinde vorgenommen werden.

 

Verfassungswidrigkeit von § 16 des Entwurfs:

Das Bestattungswesen ist in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache und von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehen. Entsprechend diesem Kompetenztatbestand normiert das Vorarlberger Bestattungsgesetz, dass jeder mit Wohnsitz in einer Gemeinde in dem von der Wohnsitzgemeinde betriebenen öffentlichen Friedhof zu bestatten ist, wenn der Verstorbene oder die Angehörigen dies wünschen. Dieses Recht gilt ungeachtet einer Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft.

 

Unbestritten ist, dass – soweit dies aus organisatorischer Sicht möglich ist – im Sinne der Religionsausübungsfreiheit auf die religiösen Bedürfnisse Bedacht zu nehmen ist.

 

Islamischer Friedhof in Vorarlberg

Aufgrund des hohen Anteils an Muslimen in Vorarlberg wurde auf deren Wunsch mit Mitteln des Landes und der Gemeinden ein öffentlicher (islamischer) Friedhof errichtet, der allen Personen mit Wohnsitz in Vorarlberg offen steht. In die Errichtung dieses Friedhofes waren alle maßgebenden islamischen Institutionen eingebunden. Im Hinblick auf das Recht auf Bestattung in der Wohnsitzgemeinde kann jeder Bürger mit Wohnsitz in Vorarlberg auf diesem Friedhof bestattet werden. Dies erfolgt entweder aufgrund der Verfügung des Verstorbenen selbst oder der Angehörigen. Die Zugehörigkeit zu einer islamischen Religionsgemeinschaft ist nicht erforderlich.

 

Eine bundesgesetzliche Regelung, wonach eine Kultusgemeinde in einem öffentlichen Friedhof (Friedhofsabteil) mitentscheiden darf, ob jemand auf dem Friedhof bestattet wird oder nicht, geht über den Kompetenztatbestand des Bundes für Kultusangelegenheiten hinaus und ist unseres Erachtens verfassungswidrig.

 

Verletzung des verfassungsgesetzlich normierten Rechts auf Religionsausübungsfreiheit:

 

Die Religionsausübungsfreiheit umfasst das Recht, sich zu einer Religion zu bekennen, ohne Mitglied einer Institution sein zu müssen. Dieses Recht geht insofern über den Tod hinaus; ob eine Religionsgemeinschaft oder die Kultusgemeinde auch nicht darüber entscheiden darf, ob jemand in einem öffentlichen (islamischen) Friedhof nach den dort vorgesehenen (zulässigen) Riten bestattet wird oder nicht. Die Bestattung in einem öffentlichen (islamischen) Friedhof oder einer Friedhofsabteilung von der Zustimmung einer Religionsgemeinschaft oder einer Kultusgemeinde abhängig zu machen, wäre somit auch ein Eingriff in das verfassungsgesetzlich normierte Recht der Religionsausübungsfreiheit.

 

Die im § 16 des Entwurfs angeführten Bestimmungen sind deshalb auf konfessionelle, also von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften errichtete Bestattungsanlagen einzuschränken.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Für den Österreichischen Gemeindebund:

 

Der Generalsekretär:

Der Präsident:

 

 

Leiss e.h.

Mödlhammer e.h.

 

Dr. Walter Leiss

Prof. Helmut Mödlhammer

 

 

 

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