Sehr geehrter Herr Bundesminister Ostermayer, sehr geehrte Damen und Herren!

Mit großer Bestürzung und Sorge habe ich als zum Islam konvertierte Österreicherin, neben all den anderen hier lebenden Musliminnen und Muslimen, auf den Entwurf des neuen Islamgesetzes reagiert.


Ich sehe mich als aktiven Teil der österreichischen Gesellschaft, bin sozialisiert und aufgewachsen in einer rechtsstaatlichen Umgebung. Mir wurden Werte wie Gleichheit, Gerechtigkeit und Demokratie vermittelt, das Recht auf Meinungsfreiheit und Individualität wurde stets gefordert und mir vorgelebt.


Nun sehe ich mich mit einem neuen Gesetz konfrontiert, das meine Glaubensgeschwister und mich unter einen Generalverdacht stellt und durch das ich mein Recht auf freie Religionsausübung enorm gefährdet sehen. 


Unter dem Vorwand der Radikalisierungsprävention wird die Verfassung der Republik Österreich außer Acht gelassen. Dass dadurch eigentlich genau das Gegenteil erreicht werden kann, nämlich, dass vor allem die muslimische Jugend ihr Vertrauen in den österreichischen Rechtsstaat verlieren könnte, scheint offenbar zweitrangig.


Anstatt mit den Musliminnen und Muslimen auf Augenhöhe zu verhandeln und diskutieren, wurde in einem völlig undemokratischen Prozess  ein Entwurf mit größtenteils unkonkret definierten und somit willkürlich auslegbaren Bestimmungen aus dem Boden gestampft, der uns zu Bürgerinnen und Bürgern zweiter Klasse degradiert.


Viele Musliminnen und Muslime leben nun in Sorge vor den zukünftigen Entwicklungen. Der Islam gilt dank unausgewogener Medienpräsentation bereits jetzt schon als Feindbild; durch das neue Islamgesetz würde sich die Lage aber weiterhin dramatisch verschlimmern.

Ich warne daher vor willkürlichen Entscheidungen. Der vorliegende, verfassungswidrige Gesetzesentwurf gefährdet aufgrund seiner massiven Ungleichbehandlung von Musliminnen und Muslimen die gesellschaftliche Kohäsion und die positive Identifikation der Musliminnen und Muslime mit dem österreichischen Staat und ist daher entschieden abzulehnen. Ich fordere deshalb die Miteinbeziehung von Vertretern der Musliminnen und Muslime in Österreich zur Ausarbeitung eines neuen Gesetzesentwurfes, welcher den Musliminnen und Muslimen die Rechte und Pflichten vollwertiger Mitbürger garantiert.


Hoffnungsvoll,

Stephanie Abidi.