An das

Präsidium des Nationalrates

z.Hd. der Herren Bundesminister Sebastian Kurz und

Ostermayer

 

 

Derzeit ist das Islamgesetz in aller Munde. Ohne sich genau damit beschäftigt bzw. auseinandergesetzt zu haben, glaubt man, dass dies eine wirkliche Novellierung des bereits bestehenden Islamgesetzes ist. Eine Frage drängt sich jedoch sogleich auf, und zwar warum genau jetzt das neue Islamgesetz ins Leben gerufen wurde? Unter anderem beinhaltet es das Schächten, das nunmehr erlaubt sein soll. Dies war aber gesetzlich „nie verboten“. In diesem Entwurf vermissen wir „gleiches Recht für alle anerkannten Religionen“. Es enthält ein Ungleichverhältnis von staatlichen Unterstützungen. Warum dürfen nur Muslime keine Spendengelder aus dem Ausland erhalten, während dies bei anderen Religionen sehr wohl erlaubt ist. Eine Kultusgemeinde im Islam hat nicht den Status einer Oberbehörde wie im Judentum. Es wird verlangt, dass alle Eigentumsrechte an den Staat abgegeben werden müssen. Dies entspricht einer „Enteignung“. Wer erhält künftig die Friedhöfe, die auf Dauer angelegt sind? Die in Österreich so oft zitierte Trennung von Staat und Religion scheint plötzlich nicht mehr wichtig zu sein. Im Gegenteil will sich laut diesem Entwurf der Staat zunehmend in religiöse Angelegenheiten einmischen. Es stellt sich für uns österreichische Konvertitinnen und Konvertiten die Frage, wer eigentlich an diesem Entwurf mitgearbeitet hat. Hat er oder sie überhaupt einen Zugang zu Religionen.

 

Ich als österreichische Konvertitin bin im Umgang mit meiner Religion sehr sensibel. Ich bin in diese Religion nicht hineingeboren, sondern habe mich jahrelang damit beschäftigt und mir umfangreiches Wissen angeeignet. Durch diesen Gesetzesentwurf fühle ich mich irritiert, schockiert und aufs Äußerste diskriminiert.  Ich sehe es absolut nicht ein, mich ständig für Dinge rechtfertigen zu müssen, mit denen ich nichts zu tun habe.  Ich verurteile die Gewalt und die Machtkämpfe, die weltweit im Namen des Islam geführt werden. Ich bin als Österreicherin hier aufgewachsen und erzogen worden. Ich bekenne mich zur Demokratie und den Gesetzen, durch die ein friedliches Zusammenleben möglich sein sollte. Ich  trete dem Entwurf des Islamgesetzes und dem ständig wachsenden Schüren von Ängsten durch populistische Politiker vehement entgegen. Ich habe – so meine ich – eine starke Persönlichkeit, zumal man mir  in der Gesellschaft nicht immer mit Wohlwollen begegnete. Da ich arbeite, Steuern zahle, mich an die österreichischen Gesetze halte, viele ehrenamtliche Tätigkeiten ausübe und schon auf Grund meiner Mentalität meinen Beitrag für ein gutes Miteinander leiste, erwarte ich von der österreichischen Bundesregierung ein grundlegendes Überdenken des Entwurfes. Gleichzeitig fordere ich Neuverhandlungen über das Islamgesetz unter Beteiligung repräsentativer Vertreter der muslimischen Gemeinschaft.

 

Ich erwarte mir wahr- und ernstgenommen zu werden.

 

 

Sediki Waltraud