Stellungnahme im Rahmen des Begutachtungsverfahrens

zum Entwurf für ein

Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz 2015

 

 

Die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien begrüßt im großen und ganzen die geplante Novelle. In diesem Sinne möchten wir einleitend festhalten, dass wir die in dieser Novelle vorgesehene Gleichbehandlung zwischen heterosexuellen und lesbischen Paarbeziehungen positiv bewerten, da wichtige Kritikpunkte aus unseren früheren Stellungnahmen aufgegriffen worden sind bzw. unseren entsprechenden Forderungen Rechnung getragen worden ist. Der vorliegende Entwurf beseitigt hier sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen zwischen heterosexuellen und lesbischen Paaren und trägt somit den tatsächlichen Realitäten des Familienlebens und der unterschiedlichen Ausgestaltung von Regenbogenfamilien Rechnung.

 

Unser Hauptkritikpunkt bezieht sich auf den Personenkreis, für den künftig medizinisch unterstützte Fortpflanzung möglich sein soll. Sie soll unserer Meinung nach allen Frauen – und nicht nur jenen, die in einer heterosexuellen oder homosexuellen Partnerschaft leben – offenstehen. Eine Diskriminierung aufgrund des Familienstands ist u. E. weder argumentierbar noch akzeptabel. Die Gründe, warum alleinstehende Frauen sich einen Kinderwunsch durch medizinisch unterstützte Fortpflanzung erfüllen wollen, können vielfältig sein. So kann es durchaus sein, dass Frauen, die sich erst in fortgeschrittenem Alter zur Verwirklichung ihres Kinderwunsches entschließen und dann für dessen praktische Umsetzung nicht mehr viel Zeit haben, mitunter in dieser verbleibenden Zeit keine/n  Partner/in haben.

 

Unsere diesbezüglichen Abänderungsvorschläge lauten daher wie folgt:

 

 

2. Abschnitt

Zulässigkeitsvoraussetzungen bei medizinisch unterstützter Fortpflanzung, Präimplantationsdiagnostik und Zellentnahme

 

Zulässigkeit einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung

 

§ 2 (1) ist wie folgt zu ändern:

 

Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist für alle Frauen unabhängig von Lebensform und Familienstand zulässig.

 

 

 

§ 2 (2) 3. ist zu ergänzen auf:

 

     3. eine Schwangerschaft bei einer von zwei miteinander in eingetragener Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft lebenden Frauen oder bei einer allein lebenden Frau herbeigeführt werden soll...

 

 

Zulässigkeit der Verwendung der entnommenen Zellen im Rahmen

medizinisch unterstützter Fortpflanzung

 

Zu ändern ist:

 

§ 3 (2) Der Samen eines Dritten darf ausnahmsweise dann verwendet werden, wenn der des Ehegatten oder Lebensgefährten nicht fortpflanzungsfähig ist oder eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung in einer eingetragenen Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft von zwei Frauen oder bei einer allein lebenden Frau vorgenommen werden soll.

 

 

3. Abschnitt

Verfahrensvorschriften

 

Hier sollte/könnte – für den Fall einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung für allein lebende Frauen – ein § 9 eingefügt werden, mit dem die weder in Ehe noch in eingetragener Partnerschaft noch in Lebensgemeinschaft lebende Frau zur Abgabe einer Erklärung verpflichtet wird, dass sie nicht in Lebensgemeinschaft lebt. Hintergrund: Da laut gängiger Rechtsprechung der Nachweis einer Lebensgemein­schaft in erster Linie durch entsprechende Selbstdeklaration und eine gemeinsame Meldeadresse über mindestens drei Jahre hinweg erbracht wird, ergibt sich aber keineswegs der zwingende Umkehrschluss, dass eine Frau mit einem an derselben Adresse gemeldeten Mann oder einer an derselben Adresse gemeldeten Frau zwangsläufig eine Lebensgemeinschaft führt – es könnte sich ja auch um eine/n Mitbewohner/in handeln.

Jedenfalls würde eine solche Erklärung verhindern, dass eine in Lebensgemein­schaft lebende Frau nur vorgibt, allein zu leben, und ohne Wissen (und Zustimmung) ihres Lebensgefährten bzw. ihrer Lebensgefährtin an sich eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung vornehmen lässt.

 

Ein solcher § 9 könnte wie folgt lauten:

 

§ 9. Wird eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung an einer allein lebenden Frau durchgeführt, hat diese eine schriftliche Erklärung darüber abzugeben, dass sie in keiner Lebensgemeinschaft mit einem Lebensgefährten bzw. einer Lebensgefährtin lebt.

 

 

Ergänzende Erläuterungen

 

Wie unsere Erfahrung zeigt, besteht schon bisher große Verunsicherung bzw. Unsicherheit darüber, ob bei einer nicht medizinisch unterstützten Fortpflanzung, also einer privat organisierten Samenspende, etwa im Freundeskreis („Becher­methode“), Strafbarkeit vorliegt.

 

Es wäre daher zweckmäßig und hilfreich, in den Erläuterungen (beispielsweise zu § 11) ausdrücklich auf die Straflosigkeit einer privat organisierten, nicht medizinisch unterstützten Fortpflanzung hinzuweisen.

 

 

Cécile Balbous, Christian Högl (Obleute)

Wien, am 1. Dezember 2014

 

www.hosiwien.at