An das
1.) Bundesministerium für Justiz
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1070 Wien

2.) Präsidium des Nationalrates
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1010 Wien


Betrifft: BMJ-S604.000/0006-IV 3/2015

Reform der staatsanwaltschaftlichen Berichtspflichten und des Weisungsrechts des Bundesministers für Justiz, Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert wird

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Es wird vorgeschlagen, in Punkt 15 des Entwurfes der Änderung des Staatsanwaltschaftsgesetzes (StAG) den zweiten Satz des § 29b Abs 5 dahin zu ergänzen, dass nach den Worten „Richter und Staatsanwälte des Dienststandes,“ die Worte „der Rechtsschutzbeauftragte und seine Stellvertreter,“ eingefügt werden.


Der Ergänzungsvorschlag ist vor dem Hintergrund der Regelung des § 29c Abs 4 StAG idF des Entwurfes zu sehen. Nach dieser Bestimmung hat die Staatsanwaltschaft dann, wenn der Weisenrat gemäß Abs 1 mit einem Einstellungsvorhaben befasst wird, das auch durch den Weisenrat zur Kenntnis genommen wird, oder wenn einer Stellungnahme des Weisenrats auf Einstellung gefolgt wird, überdies den Rechtsschutzbeauftragten im Sinne des § 194 Abs 3 StPO mit den Wirkungen des § 195 Abs 2a StPO zu verständigen. Es wird daher künftig dem Rechtsschutzbeauftragten (auch) in den eben genannten Fällen obliegen, die Einstellung des Ermittlungsverfahrens an Hand der gesetzlichen Kriterien des § 195 Abs 1 StPO zu überprüfen und bei deren Bejahung, also insbesondere bei Verletzung oder unrichtiger Anwendung des Gesetzes oder erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der zugrunde gelegten Tatsachen, einen Fortführungsantrag bei Gericht zu stellen.


Ebenso wie für Richter und Staatsanwälte des Dienststandes sollte auch für den Rechtsschutzbeauftragten und seine Stellvertreter schon durch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung zum Mitglied des Weisenrates von vornherein die völlige Trennung der beiden Kontrollorgane in personeller Hinsicht normiert und nach außen zum Ausdruck gebracht werden.

Der Entwurf hat für die Richter des Aktivstandes eine gesetzliche Inkompatibilitätsregel vorgesehen und es nicht bei der pflichtgemäßen Wahrnehmung der Befangenheit des Richters bei der Entscheidung in einer Sache, mit der er seinerzeit im Weisenrat als dessen Mitglied vorbefasst war, bewenden lassen. Der Entwurf sieht die Lösung auf Gesetzesebene und nicht im Einzelfall vor. Es erscheint sachlich geboten, diese für die unabhängigen Richter vorgesehene Inkompatibilitätsregel auch auf die weisungsfreien Rechtsschutzbeauftragten (den Rechtsschutzbeauftragten und seine Stellvertreter) zu erstrecken, zumal die Befassung eines der Rechtsschutzbeauftragten mit einem Fortführungsfall nach Befangenheitserklärung (§§ 43 iVm § 47a Abs 3 StPO) des vorbefassten Mitgliedes des Weisenrates wahrscheinlicher und häufiger der Fall sein wird, als es die Befassung eines im Weisenrat vorbefassten Richters wäre.
Beide Rechtsinstitute – Weisenrat und Rechtsschutzbeauftragter – dienen der Transparenz staatlicher Entscheidungen im Bereich der Strafgerichtsbarkeit. Es liegt im Interesse beider Einrichtungen und der Akzeptanz ihrer Tätigkeit, Mutmaßungen darüber, ob sich wohl die Vertreter des vorbefassten und daher befangenen Rechtsschutzbeauftragten bei der Entscheidung über den Fortführungsantrag dem Gewicht der Stellungnahme des Weisenrates, an der einer der Rechtsschutzbeauftragten mitgewirkt hat, werde entziehen können, von vornherein keine Basis zu geben. Soll die in den Erläuterungen des Entwurfes zu § 29c Abs 4 StAG besonderes hervorgehobene Kontrolle der Einstellungen des Ermittlungsverfahrens durch den unabhängigen Rechtsschutzbeauftragten zur Akzeptanz der Gesamtregelung beitragen, dann empfiehlt sich eine organisatorische Absicherung der Unabhängigkeit beider Organe (auch von einander) in einem möglichst umfassenden Sinn.


Mit freundlichen Grüßen

Elmar Puck, RSB-Stv




Abs.:
Stv. Rechtsschutzbeauftragter nach der stopp

Hon.-Prof. Dr. Elmar Puck

Senatspräsident des VwGH i.R.

Geschäftsstelle beim Obersten Gerichtshof

 

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