A-6370 Kitzbühel

Rathausplatz 5/Hinterstadt 11

Telefon 05356/66 610

Telekopie: DW 20

Öffentlicher Notar

DR. WILHELM GRANDER

Kitzbühel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bundesministerium f. Justiz

Museumstraße 7

1070 Wien

 

 

 

 

Zu BMJ-Z6.002/0008-I 1/2015

 

 

 

 

Der Gesetzgeber entschließt sich, das Erbrecht des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs durchgreifend zu verändern, in sehr vielem auch bloß mit „moderaten sprachlichen Anpassungen“ (Erläuterungen) an heutige Sprachweise. Man erkennt aber rasch, dass die sprachlichen Änderungen dem Gesetzgeber ein sehr wichtiges Anliegen sind.

Und das ist auch gut so!

Besonders über die EuErbVO wird unser Erbrecht international interessant. Anlaß also, mit einem völlig neu überarbeiteten, modernen Erbrecht auf das internationale, vorwiegend europäische Parkett zu treten! Gelegenheit, im Rahmen der weiteren Entwicklungen zu einem einheitlichen europ. Erbrecht mit der einen und anderen Bestimmung vielleicht vorbildhaft, Modell sein zu können. Also möge der legistische „Ehrgeiz“ besonders groß sein!

 

(Vielleicht sollte für den August nur das unbedingt Notwendige eingeführt und geändert werden, das „Gesamtwerk“ aber noch mehrfach gründlich überdacht werden?).

Wenn ein solches Meisterwerk wie das ABGB in einem so wichtigen und historisch so lange gewachsenen und gefestigten Themenbereich so intensiv, insbes. eben im Sprachlichen novelliert wird, so möge dies auch möglichst meisterhaft geschehen!

 

Ich bin Jahrzehnte schon zu meinem Fachbereich fasziniert vom ABGB und so sei es mir gestattet (unberufen zwar und ungerufen), ein paar Anregungen und Kritiken an den Legisten anzubringen:

 

 

Die archaischen Begriffe Erblasser und Hinterlassung (hinterlassen, Erbl. mit Hinterlassung...) sollten wir nicht mehr in unsere Zeit hereinziehen. Das neue AußStrG versuchte sich auch schon intensiv mit der Ersetzung des „Erblassers“ durch den „Verstorbenen“. Das sollte man nun bei der jetzigen Gelegenheit perfekt zu Ende führen.

(Man bedenke: Im internationalen Rechtsgebrauch wird man künftig häufig Übersetzungen anfertigen. Das Gesetz ist vielfach neu textiert worden, aber in was soll beispielsweise „unter Hinterlassung einer Verfügung des Erblassers“ englisch übersetzt werden?)

ANMERKUNG: Ich sah schon viele „Blüten“, in Protokollen, ja auch in den Briefadressierungen, erblasserische Wwe., erbl.Kinder, dann ausgeschrieben und getrennt: er-blichene Witwe, erb-licher Sohn. Schon in den 70-er Jahren setzte sich der bekannte Schriftsteller Alois Brandstetter ironisch und zynisch mit dem Erblasser auseinander, ausgesprochen auf Kärntnerisch Er-bloser, Erb-loser… auf da Stroßn.)

 

Im ABGB selbst, beginnt ja schon bisher der erste Erbrechts-Paragraf, § 531, mit dem „Verstorbenen“! Aber gleich ab §§ 533, 536 usw. wird dieser Verstorbene wieder (teilweise im Entwurf neu) zum Erblasser umbenannt. § 727: Warum darf es hier nicht beim Verstorbenen bleiben wie bisher?! (Hier: Wenn der Verstorbene keine … hinterlassen! --- hatte! …)

 

Es kann wohl in allen Regelungen, die sich auf die Phase ab dem Tod beziehen, die Bezeichnung „Verstorbener“ verwendet werden, aber vielfach auch schon für vorher. Die Benenung kann auch manchmal überhaupt wegbleiben (zBsp.536: Das Erbrecht tritt mit dem Tod ein. Stirbt ein möglicher Erbe vorher, so geht…; 537: Stirbt der Erbe nachher, so …)

539, 540 usw – überall geht Verstorbener gut, bei 546, 547 besonders passend.

[Bei dieser Gelegenheit ließe sich auch der in der Rechtssprache durchaus gängige Begriff „Legatar“ in das Gesetz hineinnehmen: § 535 – den 1.Satz auslaufen lassen mit: …ausmacht, Vermächtnis und die bedachte Person nicht Erbe, sondern Vermächtnisnehmer (Legatar). dann wäre auch das „hinterlassen“ hier beseitigt!

In 727 könnte man dieses Wort einfach ersetzen durch „hatte“ oder überhaupt: „Wenn es keine gültige Letztwillige Verfügung gibt…

[Hier, in diesem Nahebereich auch: § 534 (+694), erwähnen, Erwähnung meint im allg. Sprachgebrauch ein bißchen etwas anderes als konkret angeführtes, genanntes. Hier sollte es besser heißen: Diese… oder die angeführten oder die genannten Erbrechtstitel…

558: „vorstehende“ Bestimmungen wollen wir in einem modernen jurist. Text nicht mehr verwenden, „vorigen“ genügt hier (vorstehen meint etwas anderes).

551(auch 1278(: Notariatsaktes sollte zu Notariatsakts werden (in sprachl. Perfektionierung wie bei Erbrechtes zu Erbrechts).[Man könnte hier aber auch kürzen: …Gültigkeit der Beurkundung durch Notariatsakt oder geri. Prot..]

Auch „Worte(er spricht deutliche Worte), wie in § 553 bedeutet im allg. Sprachgebrauch etwas anderes wie „Wörter“ (unter den Wörtern … ist … zu verstehen).

 

Für die Phase vor dem Ableben wird es mit der Bezeichnung „Verstorbener“ problematisch.

Man könnte aber das 9.Hauptstück einleiten mit (§ 552): Mit einer Letztwilligen Verfügung wird das Schicksal des künftigen Nachlasses geregelt. Und hier mit einem 3. Satz den Begriff „Testator(der ja wohl gleich wie das Legat und der Legatar und selbst wie die Wörter Testament, testieren, ja sogar Testierfähigkeit -§ 566- durchaus gängig sind) einführen: Wer eine LwVfg. errichtet, heißt auch Testator. (In 568 kann man dann gut sagen …ein testierunfähiger Testator…)

In 577 kann man den Erblasser beispielsweise gut weglassen, indem man sagt: Die Letztwillige Verfügung kann eigenhändig …errichtet werden. …

Alles über die Formalitäten beim Testament müßte eigentlich ohne den „Erblasser“ auskommen, auch zBsp. in 508: Wer den Willen nicht schreiben… lesen kann, muss ….   Zum Vergleich die Wortwahl bei 602!

Der Letzte Wille, die Letztwillige Verfügung wird sehr häufig als juristisch-technischer Fachbegriff verwendet und kann als „Eigenname“ mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben werden (wie auch beim ersten Wort des Allgemeinen bürg…, ABGB.)

 

Auf das Lebensgefährten-Erbrecht darf man sich schon freuen. Was genau Begriffsinhalt in § 748 ist, bleibt wohl offen (ob auch eine Wohngemeinschaft essentiell ist, weiß man nicht; man kann auch schon vergleichen mit den Vorgaben bei Steuer, GrESt, und Gebühren, GB-Eintragungsgebühr, hier spielt auch der Meldezettel eine Rolle; erwähnen möchte ich einen Fall aus meiner Praxis vor über 20 Jahren: Es wurde die „Lebensgefährtin“ zur Erbin eingesetzt, es traten dann 3 Damen auf und behaupteten, sie seien die Gemeinte, er wird tatsächlich in Mehrfachbeziehung gewesen sein).

 

Einfach einen bildhaften Begriff („Vermögensopfer“) aus einem Rahmen einer (soeben erst in Rechtsprechung und Lehr entwickelten) Gesamttheorie zu verwenden (781 Abs 3) erscheint problematisch. Was ist hier wirklich gemeint? Was muß geschehen sein, ab wann das VO erbracht ist?

 

Bei den Vermächtnis-Auslegungsregeln fällt auf, dass es sich nicht immer nur um sprachliche Modernisierungen handelt, obwohl das die Erläuterungen ankündigen. ZBsp.: § 656 ändert sich inhaltlich. (Erl.: Änderungen sind „bis auf eine Erweiterung“ nur sprachlicher Natur. Gem. herrsch. Lehre sei auf die Verwendungsmöglichkeit für den Legatar abzustellen. – Das ist aber herrsch. zum jetzigen Wortlaut „… Gebrauch machen kann…“!) Ist es erweiternd, wenn nun auf „Bedürfnisse“ umgestellt wird? (Welchen Inhalt hat Bedarf, Bedürfnisse sonst allgemein im jurist. Sprachgebauch?!)

Da gäbe es noch einige Beispiele, wo die Harmonie zwischen Gesetzesvorhaben und Ergebnis nicht ganz gegeben ist!

Nochmals zum „Erblasser“: 656 könnte gut lauten: Wenn eine oder mehrere Gattungssachen… vermacht wurden, …“ An sehr vielen Stellen kann man den Verstorbenen weglassen und den Erblasser erst recht!

 

Eines noch: In § 174/1 AußStrG blieb noch der „Noterbe“ übrig!

 

 

Bei der Schenkung (mitsamt den Fragen und Problemen bei der gemischten -) auf den Todesfall wird durch die gesetzliche „Wandlung“ in ein bloßes Legat gravierendst in das Vertragsrecht eingegriffen. Es gibt sicherlich zahlreiche Ansprüche aus Schenkungen a.Tdf., zu denen die Vertragspartner nicht mehr neu disponieren können. Ihr Vertragswille wonach der Beschenkte den Gegenstand jedenfalls bekommen soll (das Risiko mit der Schenkungsanfechtung und der Geltendmachung von Schenkungs-Pflichtteilsansprüchen muß ja ohnedies bekannt sein!) wird einfach gesetzlich beseitigt! Hier ist es sehr angebracht, den Vertrauensschutz (Erl. zu Z.8 § 1503 ABGB) walten zu lassen und die neue Rechtslage erst auf neu abgeschlossene Schenkungen a.d.Tdf. anzuwenden.

Hier greift der Gesetzgeber in – vielleicht schon vor langer Zeit begründete - vertragliche Rechtspositionen ein, die nun dann in der Zukunft (beim Ableben des übereignenden Vertragspartners) eine ganz andere Qualität haben, als sie vertraglich vorgesehen war:

Vertraglicher Eigentumsanspruch (ja, der Erwerber kann sogleich mit der Sterbeurkunde und dem Vertrag in das Grundbuch!) wird zum Legatsanspruch (den der Erbe erst erfüllen muß, sei es iSi. § 437 ABGB oder durch Zustimmung zu Legatsbestätigung gem § AußStrG – mitsamt der im neuen AußStrG entstandenen verworrenen Rechtslage, nämlich ob erst nach Einantwortung oder schon vorher möglich!). [Die Konsequenzen bei gemischter Schenkung sind ein eigenes Kapitel! Gilt hier dann das Überwiegens-Prinzip? Bei überwiegend Schenkung alles im Nachlaß, mit Legats-Qualität, oder doch nicht nach Überwiegen, wieviel wäre aufgrund vertraglichen Anspruchs gleich schon auszufolgen, wieviel gehört zum Nachlaß? Und noch etwas: Will die neue Bestimmung erwirken, daß der vertragliche Erwerber nicht mehr in das Grundbuch dürfen soll unter Vorlage des Vertrags und der Sterbeurkunde??]

Man möge bedenken, dass es in unserem Vertragsrechtssystem der Disponierung der Vertragspartner ermöglicht wird, eine Übereignung mit sofortiger Wirkung oder mit einem erst späteren Zeitpunkt (in einem Jahr, ab …, mit Wirkung zum Tod des Übergebers zu vereinbaren. Nicht selten auch wird eine Art „Heimfallsrecht“ vereinbart, mit der Absicht, daß beim kinderlosen Ableben des Beschenkten die Liegenschaft wieder zurückgehen soll. Dies läßt sich am besten mit einem Vertrag auf Ableben des Beschenkten an den ursprünglichen Geschenkgeber fixieren und sichern. Ein gutes Instrument im Rahmen des Übereignungsvertrags von Eltern an Kinder, wenn zu erwarten ist, daß diese kinderlos bleiben, also die gewünschte-Nachfolge in der Familie nicht gewährleistet erscheint.

Sehr bedeutam ist die Sch a.d.Tdf. auch für GmbH-Anteilsabtretungen! Sicher gibt es auch hier viele Fälle, wo der Geschenkgeber inzwischen nicht mehr neu oder anders disponieren kann (etwa wegen eingetretener mangelnder Geschäftsfähigktiet). Die neue Rechtslage sollte also auf die „Alt-Verträge“ nicht angewendet werden müssen.!

 

 

WARUM ich mich mit dem Obigen hervortue und es wage, das an die Legisten zu schreiben:

 

1977 absolvierte ich – ua. nach sehr lehrreichen Justizschule-Kursen in Schwechat, prägend dabei vor allem Knell!, und mit einem sehr guten AußStr-Liebhaber als prüfendem Richter – die Richteramtsprüfung, wechselte aber bereits nach 1/2 Jahr als Richter in das Notariat, 1978. Ich bin nun schon 25 Jahre, seit 1990 Notar. Ewig bin und war ich dankbar, dass ich meiner juristische Grundausbildung nicht im Notariat erfuhr, sondern bei der Justiz, und prägend blieb mir beispielsweise auch, wie mich schon ziemlich am Anfang als ein Schriftführer der zuständige Richter, ein guter Zivilrechtler, bei meinem Protokollsentwurf korrigierte, bei der Anführung der Anwesenden, „erschienen sind…“: Erscheinen tun Geister! Ein prägendes Beispiel auch bei meinem ersten Ausbildungsnotar: Ich sollte eine „Nachtrags-Einantwortung“ vorbereiten. Das Knell-AußStr-Skriptum kannte ich seit Schwechat in- und auswendig, es begleitete mich für immer, und so wußte ich um die Funktion der Einantwortung; diese Nachtrags- kam natürlich nicht zustande, trotz Protests meines Chefs, „das habe man immer so gemacht, schon sein Chef… und der sei ein Spitzen-Notar in Innsbruck gewesen…“.[Ist ja nichts Schlechtes: er meinte den Vater unseres Prof. Eccher.]

 

Gratulation zu dem Gesamtvorhaben und weiter viel Erfolg! In vorzüglicher Hochachtung

Dr Wilhelm Grander, Kitzbühel

6.5.2015

Schreiben vom 25.06.2015:

 

 

 

Es ist uns der Abänderungsantrag v. 24.dM. im Justizausschuß bekannt geworden. Darf ich daher in Anknüpfung an meine am 6.5. zugesandten Anregungen zu dem Neuen noch folgende weiter Anregung machen?

Zu 7. sollte es m.E. bei der Worteinfügung zu 781 Abs.1 (vorsichtshalber klargestellt) heißen:

[…Lebzeiten] auf den Todesfall geschenkt ….

Zwar ist hier (§ 781 samt Überschrift; auch Erläuterungen zur Regierungsvorlage in S.3 dazu …alle Formen unentgeltlicher Zuwendungen unter Lebenden … gleich behandelt; klar auch bei der Rechenmethode gem. 787) ohnedies eigentlich schon deutlich genug erkennbar, daß „geschenkt“ gemeint sein muß, aber:

Wie ich die stetige Praxis in den Notariaten kenne (wahrscheinlich bin ich eine seltene Ausnahme), wird auch dann, wenn es nicht nur um die Pflichtteilserrechnung geht (auch bei Vermögensbekenntnissen bei unbedi.Erbsch.-Antr.; ich als Erbe ließe mir das vom Gerichtskommissär niemals oktroyieren!), die auf den Tod übereignete Liegenschaft als Aktivum geführt und gleichzeitig die Forderung hieraus als Passivum. Das hat natürlich oft immense Auswirkungen auf die GK-Gebühren, weil diese vom Aktivum als Bemessungsgrundlage errechnet werden. Oftmals schneidet man aber auch mit dieser Methode die Überlassung an Zahlungsstatt oder die § 153-Einstellung ab. (Beispiel: Die Witwe oder sonst wer, testamentarisch oder gesetzlich, kommen grundsätzlich als Erben infrage, es sind nur die jemand anderem mit dem Vertrag übereignete Liegenschaft vorhanden und sonst ein Penionskonto oä. Werden Sie da die Erbschaft antreten, wo Sie nur diesen geringen Nachlaß bekommen??     Bei mir wird niemals diese Liegenschaft aktiviert, außer es ist eben wegen der [Schenkungs-] Pflichtteilsermittlung ein Inventar notwendig.)

Eine Übereignung auf den Todesfall muß nicht von vornherein eine Schenkung sein, sie kann, wie jeder Übereignungsvertrag auch entgeltlich oder „gemischt“ sein. Gerade in diesen Tagen hatte ich einen typischen Fall: der Übernehmer verpflichtete sich, schon nach der Vertragsunterfertigung den Geschwistern Entfertigungen zu zahlen… (oder Schulden zu übernehmen und die Übergeber davon zu befreien usw. – daran knüpfte das Finanzamt auch immer schon gleich die Vorschreibung der „Gegenleistungs“-GrESt). – Selbst da wird in der Abhandlungspraxis, soweit ich es sehen konnte, einfach die gesamte Liegenschaft als Aktivum hineingenommen! Das ist aber falsch. Es geht hier – und gerade jetzt, mit den veränderten Bestimmungen gut erkennbar oder gut herausgearbeitet – nur um die Schenkung oder den Schenkungs-Teil.

Das als Hintergrund zur Erläuterung meiner obigen Anregung!

Allen beteiligten Legisten weiter viel Erfolg und wieder (mein schon in meinem ersten Aufsatz zum Ausdruck gebrachtes) großes Lob! Besonders die nach der Begutachtung überarbeitete Version der Regierungsvorlage beeindruckte mich in vielem!

Hochachtungsvoll!

notarGrander,kitzbühel