Stellungnahme zum Steuerreformgesetz 2015/2016
Grunderwerbsteuer
- Die neuerliche Änderung des GrEstGes innerhalb weniger Jahre führt in der Bevölkerung zu einer noch nie dagewesenen Rechtsunsicherheit. Auch die rechtsberatenden Berufe haben darunter zu leiden, da ihre Beratungen nur mehr die jeweils für einen kurzen Zeitraum geltende Rechtslage betreffen können. Planungen und Empfehlungen für die Zukunft können nur mehr eingeschränkt oder überhaupt nicht mehr gemacht werden, da mit großer Sicherheit davon ausgegangen werden muss, dass die nunmehrige Novelle schon bald wieder novelliert werden wird. Dabei verweise ich auf die Steuersätze der ImmoEst, die schon nach kurzer Zeit wieder erhöht wurden.
- Die neugestaltete
Abgrenzung der Entgeltlichkeit/Unentgelt-
lichkeit des § 7 leg.cit. wurde – von der Politik ge-
steuert – über die Medien und auch in Aussagen führender
Politiker verschwiegen und anders kolportiert. Vom Einfluss einer Gegenleistung
auf den anzuwendenden Steuersatz war nie die Rede, es wurde vielmehr
fälschlich der Eindruck erweckt, dass ausschließlich der Wert des
Objektes ausschlaggebend ist. Als praktizierender Notar ist mir natürlich
die Bedeutung einer Gegenleistung als Bemessungsgrundlage für die
Steuerberechnung klar; im Kreise der begünstigten Angehörigen sollte
sie aber keinen Eingang finden und ist auch unter dem Blickwinkel sozialer
Komponenten unverständlich.
Hiezu ein Beispiel:
Übergabe
eines Wohnhauses durch die Eltern an den Sohn, Wert
€ 400.000,--:
1. Schenkung
€ 400.000,-- Schenkung € 250.000,-- 0,5 % € 1.250,--
€ 150.000,-- 2,0 % € 3.000,--
€ 4.250,--
2. Gegenleistung:
€ 400.000,-- Wohnungsrecht für Eltern € 100.000,--
Auszahlung an Geschwister € 100.000,--
Schuldübernahme € 200.000,--
Gesamtgegenleistung € 400.000,--
Meine Frage: Wie soll ein Schriftenverfasser diese Differenzierung gegenüber den Parteien verständlich argumentieren?
Fazit:
Der
begünstigte Personenkreis soll von der Differenzierung
unentgeltlich/teilentgeltlich/entgeltlich vollkommen ausge-
nommen werden.
Es ist sonst auch zu befürchten, dass Übergeber sich aus Angst vor einer höheren Steuerbelastung nicht einmal die notwendigsten Rechte ausbedingen.
Ähnlich der abweichenden Regelung gem. § 4 Abs. 2 soll eine abweichende Regelung für Übergaben an nahe Angehörige geschaffen werden, wonach die Steuer vom gemeinen Wert zu berechnen ist.
Dieser Wertansatz bedeutet ohnedies schon eine gravierende Verschlechterung gegenüber der bisherigen rechtlichen Situation, die nicht noch zusätzlich und unverständlich (außer unter dem Aspekt der Steuereinnahmen) verschärft werden soll.
- Die Zusammenrechnung der Erwerbe gem. § 7 Abs. 2 lit a) soll alleine deshalb schon gestrichen werden, weil sie verwaltungstechnisch kompliziert und für selbstbemessende Schriftenverfasser nicht hinreichend nachvollziehbar sein wird.
- Die Neuerungen in § 3 Ziffer 7 und neu Ziffer 7a sind begrüßenswert, die Wohnnutzflächenbeschränkung auf 150 m2 soll jedoch gänzlich entfallen, da sie nicht zeitgemäß ist und alleine schon bei der Berechnung der Wohnnutzfläche eine Problematik vorprogrammiert ist.
Zur geplanten Steuerreform ist allgemein zu bemerken, dass
die nach außen hin hauptsächlich gewünschte
Einkommensteuerreduk-
tion auf dem Rücken von Steuerbelastungen in anderen Bereichen ausgetragen
wird und bestenfalls als Pyrrhussieg zu betrachten ist.