An das

Bundesministerium für Finanzen

VI/1 (VI/1)

 

Johannesgasse 5

1010 Wien

 

Via Email:      e-Recht@bmf.gv.at

                   begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at

 

 

 

Wien, am 5. Juni 2015

 

 

Betreff:          Steuerreformgesetz 2015/2016  

Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf

GZ. BMF-010200/0019-VI/1/2015

 

Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund dankt für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf für ein Steuerreformgesetz 2015/2016 und erlaubt sich innerhalb der vom Bundesministerium für Finanzen gesetzten Frist folgende Bemerkungen abzugeben:

 

 

I.EINKOMMENSTEUER

 

1.    Zu § 4 Abs 7, § 28 Abs 2 EStG, § 124b Z 278 und 291 EStG: Instandsetzungsaufwendungen für Wohngebäude

 

Der ÖHGB spricht sich ausdrücklich gegen eine ungerechtfertigte und unsachliche Verlängerung des Verteilungszeitraumes von zehn auf fünfzehn Jahre aus.

 

a.    Die Unterscheidung zwischen Instandhaltungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen ist grundsätzlich problematisch aufgrund einer willkürlichen Abgrenzung bei der Auslegung. Mit der Instandsetzung muss eine wesentliche Verlängerung der Nutzungsdauer oder wesentliche Erhöhung des Nutzungswertes des Gebäudes (Wertsteigerung) verbunden sein. Andererseits geht es um „nicht regelmäßig jährlich anfallende Instandhaltungsarbeiten“ und „außergewöhnliche Aufwendungen, die keine Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen sind“.

 

Von der Finanzbehörde wird eine Instandsetzung dann angenommen, wenn etwa mehr als 25 % einer Fassade oder des Daches erneuert werden oder mehr als 25 % der Fenster ausgetauscht werden. Ob diese Interpretation dem Legalitätsprinzip entspricht, darf hinterfragt werden.

 

In keinem Fall jedoch handelt es sich um Investitionen, sondern lediglich um die Erhaltung der bestehenden Substanz. Eine zwangsweise Verteilung von Erhaltungsaufwendungen über ein ganzes Jahrzehnt (und künftig über 1 ½ Jahrzehnte) ist daher schon grundsätzlich fragwürdig.

 

b.    Der Zeitraum der Absetzung von künftigen Instandsetzungen soll nun von 10 Jahren (1/10-Absetzung) auf 15 Jahre (1/15-Absetzung) erstreckt werden. Durch den längeren Verteilungszeitraum ergeben sich für den Steuerpflichtigen erhebliche Nachteile. Er muss heute Geld für Erhaltungsmaßnahmen aufwenden und die Finanz berücksichtigt diese Ausgaben erst im Lauf von 15 Jahren. Allein inflationsbedingt kommt es, je länger ein Verteilungszeitraum ist, zu Nachteilen.

 

c.    Dazu kommt die Neuregelung, dass bereits laufende Instandsetzungszehntel auf 15 Jahre ausgedehnt werden müssen, was ein nicht gerechtfertigter Eingriff in bereits laufende bzw. abgeschlossene Sanierungsprojekte und die damit verbundenen Kalkulationen und Finanzierungsmodelle ist.

 

Es sollten daher alle bereits laufenden Abschreibungen nach der alten, geltenden Regelung weitergeführt werden können, ansonsten bestehen auch verfassungsrechtliche Bedenken.

 

d.    Ein Betrieb wird meist mit dem Erreichen des Pensionsalters übergeben. Demgegenüber sind Immobilien eine wesentliche Säule der privaten Pensionsvorsorge, weshalb es sehr viele hochbetagte private Vermieter gibt. Da die Wahrscheinlichkeit, dass diese den Verteilungszeitraum von 15 Jahren vollständig erleben werden, weit geringer ist als die Wahrscheinlichkeit des vollständigen Erlebens des bisherigen zehnjährigen Zeitraums, werden viele schon aus diesem Grund von der Instandsetzung ihrer Immobilien Abstand nehmen.

Die vorgeschlagene Regelung hat daher negative Auswirkungen auf das Bau- und Baunebengewerbe sowie auf den Zustand der Häuser. Die Wohnqualität leidet.

 

Es handelt sich bei der vorgeschlagenen Regelung um eine rein fiskalische Maßnahme, die in jeder Hinsicht schädlich und entschieden abzulehnen ist. Zu betonen ist, dass durch das vermehrte Ausbleiben von Investitionen auch weniger Steuereinnahmen beim Staat zu verzeichnen sein werden.

 

 

2.    Zu § 16 Abs 1 Z 8 EStG, § 124b Z 284 EStG: Anteil für Grund und Boden

 

Der ÖHGB spricht sich ausdrücklich gegen eine ungerechtfertigte und unsachliche Bewertungsannahme für Grund und Boden zur Ermittlung der Absetzung für Abnutzung als Werbungskosten aus.

 

a.    Die gesetzliche Einführung einer Betragsabgrenzung von Bodenwert und Gebäudewert entbehrt jeglicher sachlicher Grundlage und ist willkürlich und unverhältnismäßig angenommen. Die im Gesetzesentwurf vorgesehene Ausgestaltung mit einem 40%igen Anteil für Grund und Boden entbehrt jeglicher Realität. Die Argumentation der Verfasser des Gesetzesentwurfes, wonach die Wertsteigerung von Immobilien vornehmlich aus der Wertsteigerung des Bodenwertes resultiere, ist nicht nachvollziehbar und wird auch nicht belegt.

 

Dass die neue Regelung rein willkürlich ausschließlich aus fiskalischen Motiven erfolgt, zeigt sich auch daran, dass sie auf die Ermittlung der Absetzung für Abnutzung im Privatvermögen beschränkt ist. Es gibt keine sachliche Begründung dafür, dass die Wertverhältnisse zwischen Grund und Boden und Gebäudewert im Privatvermögen anders sein sollen als im Betriebsvermögen. Es ist daher richtig, dass die Verfasser des Gesetzesentwurfes diese unsachliche gesetzliche Aufteilung im Bereich des Betriebsvermögens nicht vorsehen.

Die bisherige Praxis der Finanzverwaltung hat sich bewährt. Daher spricht sich der ÖHGB für die Beibehaltung der bislang geltenden Regelung aus.

 

b.    Es widerspricht dem rechtsstaatlichen Prinzip, den Rechtsunterworfenen auf seine Kosten ein Gutachten erstellen zu lassen, damit dieses eine unsachliche gesetzliche Vermutung richtig stellt.

 

c.    Zur neuen Ausnahmebestimmung: „Offenkundig“ ist ein nicht näher präzisierter Terminus ohne Ermessensgrundlage, der daher nur willkürlich ausgelegt werden kann. Überdies ist es dann der Willkür der Behörde überlassen, welches Verhältnis sie für eine Bewertung annimmt. Dieses gesetzlich vorgesehene Vorgehen ist daher verfassungsrechtlich bedenklich.

Vor allem muss gesetzlich klar geregelt sein, dass – entgegen dem vorliegenden Gesetzesentwurf – stets ein Sachverständigengutachten zum Nachweis des richtigen Aufteilungsverhältnisses beigebracht werden kann.

 

d.    Der ÖHGB widerspricht auch ausdrücklich einem Eingriff in eine bereits laufende Absetzung für Abnutzung.

Recherchen nach historischen Aufteilungsverhältnissen und Umrechnungsverfahren führen zu erhöhten Aufwendungen und zu Rechtsunsicherheiten.

 

Der ÖHGB weist darauf hin, dass in vielen Fällen den derzeitigen Vermietern das von Rechtsvorgängern gewählte Aufteilungsverhältnis zwischen Boden- und Gebäudewert nicht bekannt ist. Ein Eingriff in diese Abschreibung ist unzumutbar.

 

Auch ist ein Eingriff in bereits laufende Abschreibungen vor dem Hintergrund des Vertrauensschutzes ungerechtfertigt.

 

 

3.    Zu § 30 Abs 3 und Abs 6 lit a 2. Teilstrich, § 4 Abs 3 a Z 3 lit b, § 124b Z 276 EStG: Entfall des Inflationsabschlags

Der ÖHGB spricht sich gegen den Entfall des Inflationsabschlags aus folgenden Gründen aus:

 

Die Immobilienertragsteuer auf private Grundstücksveräußerungen ist eine Vermögenszuwachssteuer auf Privatvermögen. Der Inflationsabschlag berücksichtigt den Umstand, dass gerade bei langfristig gehaltenem Eigentum ein nicht unwesentlicher Teil des Wertzuwachses kein realer Zuwachs ist, sondern durch die stattgefundene Geldentwertung bedingt ist.

 

Während schon die bisherige Regelung des Inflationsabschlags auf den gesamten Zuwachsbetrag – und damit auch auf die Anschaffungskosten statt bloß auf den Veräußerungserlös – diesem Umstand nur unzureichend gerecht geworden ist, führt die gänzliche Abschaffung des Inflationsabschlags definitiv zur Einkommensteuerpflicht auf Geldentwertung.

 

Dies bedeutet einen Realvermögensverlust und ist daher abzulehnen.

 

4.    Zu § 30a Abs 1, § 30b Abs 1, § 124b Z 276 EStG: Erhöhung des besonderen Steuersatzes von 25 % auf 30 %

Der ÖHGB spricht sich aus folgenden Gründen gegen die Erhöhung des besonderen Steuersatzes von 25 % auf 30 % aus:

 

a.    Die geplante Anhebung um sagenhafte 20 % ist unangemessen hoch und ausschließlich durch Steueraufbringung motiviert.

 

b.    Das Konzept der Immobilienertragsteuer ist am Modell der Kapitalertragsteuer orientiert und sieht ebenfalls Endbesteuerungswirkung vor. Die Immobilienertragsteuer ist allerdings vom EndbesteuerungsG, das immerhin im Verfassungsrang steht, nicht erfasst, was rechtsstaatlich bedenklich ist. Auch ist die im Endbesteuerungsgesetzgesetz geregelte Limitierung des Steuersatzes für die Immobilienertragsteuer nicht vorgesehen, und der geplante 30%ige Steuersatz liegt deutlich höher als die verfassungsrechtliche Obergrenze.

 

c.    Das bisherige Einkommensteuersystem sah grundsätzlich einen progressiven Tarif  vor und daneben in einigen besonderen Fällen (insbesondere Kapitalertragsteuer, Immobilienertragsteuer) eine einheitliche Flat-Tax von 25 %. Durch die geplanten Änderungen wird das bisherige System über Bord geworfen und neben dem progressiven Tarifsteuersatz eine Vielzahl von Flat-Tax-Steuersätzen (25 %, 27,5 %, 30 %) eingeführt.

 

 

5.    Zu § 107, § 124b Z 293 EStG: Entfall der Mietzinsbeihilfe

 

Der ÖHGB spricht sich aus folgenden Gründen gegen die Abschaffung der Mietzinsbeihilfe aus:

 

a.    Der Wegfall wäre insbesondere für einkommensschwache Mieter eine zusätzliche Hürde, um überhaupt zu adäquaten Wohnraum zu gelangen und diesen zu behalten.

 

Insgesamt ist mit dem Wegfall der Mietzinsbeihilfe eine soziale Verschlechterung zu erwarten.

 

b.    Gerade in diesem sensiblen Bereich zeigt sich die zersplitterte Rechtslage in Österreich, da gerade das Förderungsrecht in den Bundesländern höchst unterschiedlich geregelt ist. Der Zugang und die Grenzen zu Mietzinsbeihilfen sind unterschiedlich geregelt. Ähnliches gilt auch für die Wohnbeihilfe.

 

Daher soll im Steuerrecht auch aus Gleichheitserwägungen die bisherige Regelung beibehalten werden.

 

 

II.     GRUNDERWERBSTEUER

 

1.    Zu § 4 GrEStG: Änderung der Bemessungsgrundlage durch Wegfall der begünstigten Erwerbsvorgänge

 

Der ÖHGB spricht sich aus folgenden Gründen gegen die unzumutbare drastische Erhöhung der Grunderwerbsteuer im Familienkreis aus:

 

a.    Aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes wurde die Grunderwerbsteuer erst vor einem Jahr neu geregelt und dabei für einen engeren Familienkreis nach einer koalitionären Einigung eine begünstigte Regelung auf Basis des Einheitswertes geschaffen. Diese Regelung soll nun wieder beseitigt und ein noch zu definierender „Grundstückswert“ (abgeleitet vom gemeinen Wert und damit vom Verkehrswert) als Grundlage der Besteuerung herangezogen werden.

 

Das führt vor allem im Zinshaussektor und bei Eigentumswohnungen, aber auch bei Einfamilienhäusern und Bauernhäusern, bei Erbschaften und Schenkungen im engeren Familienkreis zu exorbitanten, nicht verkraftbaren Erhöhungen bis zum 40-fachen.

 

b.    Die unentgeltliche Übertragung durch Schenkung oder Erbschaft kommt typischerweise in der Familie vor. Diese massive Erhöhung der Grunderwerbsteuer ist daher familienfeindlich und bei weitem zu hoch. Es handelt sich dabei um eine versteckte Erbschafts- und Schenkungssteuer.

 

c.    Aufgrund der mangelnden mietrechtlichen Absetzbarkeit – sie darf nicht aus den Mieteinnahmen (Mietzinsreserve) bezahlt werden (§ 20 Abs 1 Z 2 MRG) – ist es eine echte Substanzsteuer, die somit aus dem übrigen Einkommen zu bezahlen ist.

 

d.    Durch die Bemessung aus dem Grundstückswert – und damit letztlich dem Verkehrswert, der nicht ausschließlich aus dem Ertragswert ermittelt wird, sondern auch aus dem Substanzwert und Vergleichswert –, kann sich ergeben, dass der Rechtsnachfolger eine Steuer zu entrichten hat, die nicht der Ertragssituation seines Hauses entspricht, sondern der eines vergleichbaren Hauses, das möglicherweise bei gleicher Substanz deutlich einkommensstärker ist, da es zB von weniger Altmietern bewohnt wird.

 

e.    Zum derzeit noch unbekannten "Grundstückswert": Zur erst zu erlassenden Verordnung (§ 4) ist anzumerken, dass die Ermittlung des Grundstückswertes so vorgenommen werden soll, dass der „Grundstückswert“ auch ohne Sachverständigengutachten bestimmbar ist. Er sollte sich im Wesentlichen aus der Ertragssituation der Immobilie ergeben.

 

Ungewöhnlich erscheint, dass der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler die Ermittlung des Grundstückswerts durch Verordnung festzulegen hat.

 

2.    Zu § 7 Abs 3 GrEStG: Abfederungsmaßnahme durch Verteilung auf bis zu 5 Jahre

 

Der ÖHGB spricht sich aus folgenden Gründen gegen die Art dieser verschlechternden(!) Verteilungsmaßnahme aus und fordert die mietrechtliche Absetzbarkeit dieser Steuer.

 

a.    Die Abfederungen, die der Gesetzgeber in den Erläuterungen (S. 4) vorstellt, beziehen sich großteils auf betriebliche Vermietungen. Die privaten Vermietungen werden einmal mehr kaum berücksichtigt.

 

b.    Eine auch für private Vermietungen geltende „Erleichterung“, nämlich die Verteilung auf bis zu fünf Jahre (§ 7 Abs 3 GrEStG), stellt sich in Wahrheit aber als eine effektive Mehrbelastung heraus, sodass diese als Wucherbestimmung abzulehnen ist. Bei Durchrechnung ergibt sich nämlich, dass die aufgrund der Verteilung erhöhte Steuer im besten Fall, nämlich bei Verteilung auf fünf Jahre, einem Zinssatz von 5 % p.a. entspricht. Bei einer Verteilung auf zwei Jahre steigt der Zinssatz auf wenigstens 8,33 % p.a. und steigert sich im ungünstigsten Fall, nämlich bei Ergehen des Steuerbescheides im November und damit verbundenen Zahlungen am 31.12. und am 31.3. des Folgejahres auf unglaubliche 33,33 % p.a.

 

c.    Wichtig wäre viel mehr, dass die Steuer bei vermieteten Gebäuden aus deren Einnahmen finanziert werden darf. Sie sollte also wenigstens in § 20 Abs 1 Z 2 MRG aufgenommen werden, um die Übernahme von ertragsschwachen Gebäuden zu erleichtern.

 

Insgesamt halten wir fest, dass diese Maßnahmen jeden Lenkungseffekt vermissen lassen und  ausschließlich die Erhöhung des Steueraufkommens bezwecken. Sie sind daher abzulehnen.

 

Dies umso mehr, weil durch die Gesamtheit aller der derzeit in Begutachtung stehenden Maßnahmen die privaten Immobilieneigentümer weit stärker betroffen sind, als alle anderen Steuerzahler in Österreich: Sowohl bei der laufenden Besteuerung von Vermietungseinkünften, als auch bei der Weitergabe von Immobilien im Familienkreis, als auch bei der Veräußerung von privaten Immobilien.

 

Im Endergebnis führen auch die von der Politik in den letzten Jahren gewünschten und geförderten Investitionen durch diese Reform zu Steuererhöhungen, was auf Unverständnis stößt.

Die geplanten Reformschritte sind investitions- und familienfeindlich und betreffen 60% der Österreicherinnen und Österreicher, die im Eigentum leben.

 

 

Dr. Martin Prunbauer

Präsident