An das

Bundesministerium für Justiz

per Email:  team.z@bmj.gv.at

Kopie an: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

Wien, 12.6.2015

 

 

Betrifft: Ministerialentwurf für ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 geändert werden (Urheberrechts-Novelle 2015 - Urh-Nov 2015)

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

anbei erlauben wir uns Ihnen eine Stellungnahme zum gegenwärtig in Begutachtung befindlichen Entwurf zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes und des Verwertungsgesellschaftengesetzes 2006 zukommen zu lassen, wobei wir uns aufgrund der recht kurzen Begutachtungsfrist der durch die Creative Commons Österreich (Dr. Alexander Baratsits, Legal Lead Creative Commons Österreich) erarbeiteten und im folgenden zitierten Stellungsnahme vollinhaltlich anschliessen. Insbesondere verweisen wir auf den Punkt 4. “Festlegung der Umstände für die Zahlung eines gerechten Ausgleichs im Rahmen der Umsetzung der Rl für Verwaiste Werke, Regelung für vergriffene Werke, Einführung einer Archivlösung”, in dem auch die vom Verband Freier Radios 2014 publizierte Studie „Gemeinnützige Medienarchive in Österreich Rechtliche Grundlagen, Nutzungsbarrieren und Lösungsansätze“ zitiert ist.

 

„CC Ö begrüßt die Initiative zur Novellierung des UrhG, die Neuerungen werden als Anpassung insbesondere an geänderte technologische Gegebenheiten interpretiert. Angesichts des Umfangs und der Erheblichkeit der Änderungen und angesichts der langanhaltenden Diskussion besonders der „Festplattenabgabe“ und des Leistungsschutzrechtes für Verleger ist die Begutachtungsfrist von zehn Tagen jedoch deutlich zu knapp angesetzt, eine eingehende Auseinandersetzung mit den Formulierungsvorschlägen ist für nicht hauptberuflich mit der Materie Beschäftigte oder schon vor der Begutachtung in die Diskussion Einbezogene in diesem Zeitrahmen nicht möglich. Damit wurde eine Gelegenheit ausgelassen, eine qualifizierte Diskussion über den üblichen Kreis von Stake Holdern hinaus zu führen und letztlich damit zu einer größeren Akzeptanz der Änderungen beizutragen.

 

 

 

 

1.       Leerkassettenvergütung

Zur Erweiterung der Leerkassettenvergütung auf andere Speichermedien hält CC Ö fest, dass diese Maßnahme im Grundsatz dem „gerechten Ausgleich“ für die Nutzungshandlungen im Rahmen der „Privatkopie“ dient und die Erweiterung letztlich die weitere Beibehaltung dieser Freien Werknutzung absichert. Allerdings wäre angesichts dieser voraussichtlich finanziell umfangreichen Erweiterung der Einnahmen von Rechteinhabern, umgekehrt zu Gunsten von Konsumenten die Verankerung eines „Rechts auf Privatkopie, das vertraglich nicht abbedungen werden kann“ angezeigt. Ferner sollte das Verhältnis bei der Ausschüttung zwischen Urhebern und darstellenden Künstlern einerseits und anderen Rechteinhabern andererseits zugunsten ersterer verbessert werden.

Die „Stellungnahme zur Zulässigkeit von Privatkopien auf Grundlage illegaler Vorlagen“ mit Verweis auf die Entscheidung des EuGH zu C-435/12 ACI Adam BV u.a. gegen Stichting de Thuiskopie u.a. indes erscheint mit der gewählten Formulierung zu weit gegriffen, bezieht sich doch der EuGH in seiner Entscheidung als unrechtmäßige Quellen auf nachgeahmte oder gefälschte Werke.[1] Die Formulierung „offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage“ geht deutlich darüber hinaus und schafft insbesondere mit dem Wort „offensichtlich“ gerade für den unbedarften durchschnittlichen Rechtsanwender Auslegungsschwierigkeiten.

CC Ö begrüßt in diesem Zusammenhang die Erweiterung der Transparenzverpflichtungen für Verwertungsgesellschaften in Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten, wenn auch insgesamt die gewählte Beiratslösung zu unverbindlich erscheint. Zu § 18b Abs 3 UrhG wird ergänzend vorgeschlagen, dass dem Beirat auch ein/eine Vertreter/in der Zivilgesellschaft, welche/r von der Aufsichtsbehörde ausgewählt wird, angehören soll.

2.      Erweiterung freier Nutzungshandlungen, Zweitveröffentlichungsrecht

Begrüßt werden die Bestimmungen zum „Unwesentlichen Beiwerk“, der Ausweitung des Zitatrechtes und der Bestimmung zur öffentlichen Zurverfügungstellung für Unterricht und Lehre.

 

 

Zu begrüßen ist die Aufnahme eines Zweitveröffentlichungsrechts, dies erleichtert ua Forschungseinrichtungen, die sich in Fördervereinbarungen mit der öffentlichen Hand zu Open Access verpflichtet haben, dieser Verpflichtung nachkommen zu können.

Bei der Wortfolge „Angehörigem des wissenschaftlichen Personals“ sollte geklärt werden, dass dieser Begriff Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler umfasst, die ihr Einkommen zu einem wesentlichen Anteil von dieser Einrichtung generieren, unabhängig davon, ob die

Tätigkeit auf einem Dienst- oder Werkvertrag beruht, da auch Fördervereinbarungen hinsichtlich der Veröffentlichungsverpflichtung nicht zwischen den Beschäftigungsformen differenzieren.

Die im Entwurf vorgesehene Frist von 12 Monaten ist für MINT-Disziplinen (Medizin, Ingenieur-, Natur- und Technikwissenschaften) deutlich zu lang, angemessen wären maximal 6 Monate, eine Unterscheidung von MINT-Disziplinen (6 Monate) und anderen Fächern (12 Monate) erscheint dringend angezeigt. Die kürzeren Fristen entsprechen im Übrigen den Vorstellungen der EU-Kommission, wonach die Ergebnisse EU-geförderter Forschung spätestens sechs Monate nach der Veröffentlichung (in den Geistes- und Sozialwissenschaften nach 12 Monaten) frei zugänglich sein sollen.

Die Einschränkung auf periodisch erscheinende Sammlungen sollte überdacht werden, da vom Grundsatz her alle wissenschaftlichen Erkenntnisse, die mit Steuermittel gefördert werden, zugänglich gemacht werden sollen. Durch die Einschränkung fallen durchwegs verbreitete Veröffentlichungsarten wie etwa Beiträge für Jahrbücher, Konferenzberichte oder Festschriften aus der Regelung heraus.

Schließlich erscheint die Einschränkung auf die Verwendung der „akzeptierten Manuskriptversion“ unzweckmäßig, da regelmäßig nur die veröffentlichte Verlagsversion Grundlage weiterer wissenschaftlicher Arbeit ist und daraus zitiert wird (Paginierung).

3.      Recht von Mitgliedern einer Verwertungsgesellschaft, eigene Werke für die nichtkommerzielle Nutzung zu lizensieren

Im Hinblick auf die genannte Richtlinie über die kollektive Rechtewahrnehmung verweist CC Ö auf dessen Art 5 Abs 3. Gemäß Art 5 Abs 1 der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet sicherzustellen, dass die Rechtsinhaber die in den Absätzen 2 bis 8 niedergelegten Rechte haben und dass diese Rechte in dem Statut oder den Mitgliedschaftsbedingungen der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung aufgeführt sind. Art 5 Abs 3 lautet: „Die Rechtsinhaber haben das Recht, Lizenzen für die nicht-kommerzielle Nutzung von Rechten, von Kategorien von Rechten oder von Arten von Werken und sonstigen Schutzgegenständen ihrer Wahl zu vergeben.

 

 

Diese von Creative Commons bereits lange angestrebte (und in einzelnen Mitgliedstaaten wie zB die Niederlande bereits eingeführte) Lösung, dass Mitglieder von Verwertungsgesellschaften die Möglichkeit haben sollen, ihre eigenen Werke zumindest für nichtkommerzielle Nutzungen zu lizensieren und so zB die eigenen Werke ohne Entgeltpflicht auszulösen auf der eigenen Website publizieren zu können. CC Ö regt an, die genannte Bestimmung der Richtlinie bereits mit dieser Novelle umzusetzen.

 

4.      Festlegung der Umstände für die Zahlung eines gerechten Ausgleichs im Rahmen der Umsetzung der Rl für Verwaiste Werke, Regelung für vergriffene Werke, Einführung einer Archivlösung

Bekanntlich darf nach der Umsetzung der Rl für Verwaiste Werke, sofern eine sorgfältige Suche nach einem Rechteinhaber erfolglos blieb und ein Werk als verwaist gilt, dieses von einer privilegierten Einrichtung unentgeltlich genutzt werden. Sollte nachträglich ein Rechteinhaber den Status eines verwaisten Werks beenden, dann hat er einen Anspruch auf einen gerechten Ausgleich. Nach der Rl können die Mitgliedstaaten die Umstände der Zahlung eines gerechten Ausgleichs festlegen. Als solche können herangezogen werden 1. die kulturpolitische Zielsetzung des Mitgliedstaates, 2. der nichtkommerzielle Charakter der Nutzungshandlung, 3. die im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben der jeweiligen Einrichtung und 4. ein etwaiger Schaden. Eine solche Definition ist im UrhG bisher nicht erfolgt und erscheint angesichts des Drohpotentials und der gewünschten kulturpolitischen Zielrichtung als angezeigt. Ergänzend sollte im Sinne einer Klarstellung eine Befristung der Möglichkeit der Geltendmachung eingeführt werden, die sich am Schadenersatzrecht orientiert.

CC Ö schlägt ferner vor, in Anlehnung an das deutsche Urheberrecht eine Regelung für „Vergriffene Werke“ einzuführen. Dadurch soll die Möglichkeit einer einfachen Lizenzierung für das Zurverfügungstellungsrecht durch Einführung einer Verwertungsgesellschaftenpflicht geschaffen werden.

Schließlicht urgiert CC Ö die Einführung einer Archivlösung für privilegierte Gedächtniseinrichtungen. Durch die Einführung von Extended Collective Licensing soll Gedächtniseinrichtungen eine einfache Lösung für das Problem von Massenlizensierungen

 

 

 

 

 

eröffnet werden. Verwiesen wird auf die Beiträge von Till Kreutzer und Alexander Baratsits in „Gemeinnützige Medienarchive in Österreich Rechtliche Grundlagen, Nutzungsbarrieren und Lösungsansätze“ (https://www.rtr.at/en/foe/NKRF_Studien_2014_Downloads/32201_Gemeinnuetzige_Medien-Archive_2014.pdf).“

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Helga Schwarzwald

Geschäftsführung

 



[1]          Vgl EuGH ebenda, Rz 37: Nationale Rechtsvorschriften, die in keiner Weise zwischen Privatkopien, die auf der Grundlage von rechtmäßigen Quellen angefertigt werden, und solchen unterscheiden, die auf der Grundlage von nachgeahmten oder gefälschten Werken angefertigt werden, können somit nicht geduldet werden.