Bundesministerium für Justiz
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Wien, am 9. Dezember 2015
Betrifft: BMJ-S578.029/0002-IV 3/2015;
Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz und das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz geändert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2015); Begutachtungsverfahren
Sehr geehrte Damen und Herren!
Der Behindertenanwalt dankt für die Übermittlung eines Entwurfes eines Bundesgesetzes, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz und das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz geändert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2015), und nimmt dazu wie folgt Stellung:
I. Präambel
Der Behindertenanwalt ist zuständig für die Beratung und Unterstützung von Personen, die sich im Sinne des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes oder des Behinderteneinstellungsgesetzes diskriminiert fühlen.
Darüber hinaus führt der Behindertenanwalt im Rahmen des § 13c Bundesbehindertengesetz Untersuchungen durch und gibt Empfehlungen und Berichte zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung ab.
II. Gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
Mit der im Jahr 2008 ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention bekennt sich Österreich zur vollumfänglichen Teilnahme und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft.
Die umfassende Inklusion von Menschen mit Behinderungen
stellt u.a. zwei wichtige Anforderungen an die Gesellschaft:
Erstens sind Barrieren abzubauen, welche eine solche Teilhabe gefährden,
vermindern oder verhindern können.
Zweitens sind Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind
Stigmatisierungseffekte gegenüber Menschen mit Behinderungen abzubauen
oder zu verhindern, um Inklusion im Sinne epischer Normalität zu
realisieren.
Sprachlichen Gepflogenheiten kommt in Zusammenhang mit der Verstärkung oder dem Abbau von Stigmatisierung eine außerordentlich wichtige Bedeutung zu.
Der Behindertenanwalt empfiehlt daher, insbesondere im Zusammenhang mit Gesetzestexten und unter Berücksichtigung der wichtigen Vorbildfunktion des Bundes auf neutrale Formulierungen zu achten und abschätzig konnotierte Ausdrücke nach Möglichkeit zu vermeiden.
III. Empfehlungen des Behindertenanwaltes
Ad Artikel 1 Z 17 (§ 66a Abs 1 Z 4 StPO „Besondere Schutzbedürftigkeit von Opfern“):
Vor dem Hintergrund der vorangestellten Ausführungen regt der Behindertenanwalt an, die stigmatisierenden Termini „psychisch krank“ und „geistig behindert“ durch die zeitgemäßen Formulierungen „Menschen mit psychosozialen Einschränkungen“ bzw. „Menschen mit Lernschwierigkeiten“ zu ersetzen.
„§ 66a (1) (…) Als besonders schutzbedürftig gelten jedenfalls Opfer, die (…)
4. psychosoziale Einschränkungen oder Lernschwierigkeiten haben.“
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Erwin Buchinger