Sehr geehrte Damen und Herren.

Ich nehme persönlich Stellung zu Ihrem Schulrechtspaket 2016. Ich bin Leiterin eines Kindergartens in Wien.

Zu §78 (1) Die Bildungsanstalt für Elementarpädagogik dient der Erwerbung höherer elementarpädagogischer Bildung sowie der Vermittlung jener Berufsgesinnung und jenes Berufswissens und  Berufskönnens,  die  für  die  Erfüllung  der  Erziehungs-  und  Bildungsaufgaben  in  Kindergärten  als elementarpädagogische  Bildungseinrichtungen  für  Kinder  vom  ersten  Lebensjahr  bis  zum  Schuleintritt erforderlich sind.

 

Im Gesetz steht: die Bildungsanstalt für Elementarpädagogik dient der Erwerbung höherer elementarpädagogischen Bildung – Wie können junge Menschen zwischen 14 – 19 Jahren neben dem Erwerb der Kompetenzen für die Zentralmatura und deren entwicklungstypischen Themen (welche für einen gesunden jungen heranwachsenden Menschen wichtig und Persönlichkeitsbildend sind), noch eine höhere elementarpädagogische Bildung erwerben. Man kann da nur von einer Basis der elementarpädagogischen Bildung sprechen, auf der nach der Matura eine akademische Ausbildung in der die höhere elementarpädagogische Bildung dann möglich ist, aufbaut.

 

Weiter steht im Gesetz: sowie der Vermittlung jener Berufsgesinnung – ich dachte wir sind im Jahr 2016. Welche „Gesinnung“ sollen den Elementarpädagoginnen haben? Lieb und nett und mütterlich sein? Damit wird ein ganzer Berufsstand diskriminiert! Elementarpädagoginnen müssen sich in Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Texten und Ergebnissen, sowie in analysierenden  Gruppenbesprechungen eine feinfühlige Haltung den Kindern, deren Eltern und deren Lebenswelten gegenüber aneignen und diese im Laufe Ihres Beruflebens regelmäßig neu reflektieren. Das ist keine „Gesinnung“ und schon gar nicht etwas was Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren lernen können.

 

Weiter steht im Gesetz: jenes Berufswissens und  Berufskönnens,  die  für  die  Erfüllung  der  Erziehungs-  und  Bildungsaufgaben  in  Kindergärten  als elementarpädagogische  Bildungseinrichtungen  für  Kinder  vom  ersten  Lebensjahr  bis  zum  Schuleintritt erforderlich sind. – Für die Erfüllung der Erziehungs- und Bildungsaufgaben werden junge Menschen leider nicht in der BAKIP genügend vorbereitet. Das geht gar nicht. Die Gründe liegen auf der Hand:

·         Das Alter: 14 – 19 ist eine Zeitspanne im Leben, in der die jungen Menschen noch selbst ganz viele Erfahrungen machen müssen und Lehrinhalte die für die Bildung von jungen Kindern wichtig sind, gar nicht so verstanden oder behalten werden können, wie sie sollten.

·         Es fehlt die Möglichkeit der intensiven Auseinandersetzung, aufgrund der Vorbereitung auf die Matura. Was ja schließlich notwendig ist. Somit plädiere ich an dieser Stelle, nochmals die BAKIP als Basis für den elementarpädagogischen Beruf zu haben, und darauf aufbauend eine Professionalisierung an der Universität, wo sich die Studierenden mit den wissenschaftlichen Texten, sowie neusten Handlungskonzepten auseinandersetzen können und eine vertiefende Praxis in der Sie fundierter Arbeiten können.

·         Die Anforderungen in den elementarpädagogischen Einrichtungen werden immer herausfordernder: Immer jüngere Kinder die lange im Kindergarten sind; Eltern die immer mehr Hilfe in erzieherischen Fragen benötigen; aufgrund der Komplexität der Lebenswelten der Kinder sind die ElementarpädagogInnen täglich mit schwierigen Situationen im Kindergarten konfrontiert; Eltern haben in Ihrer Berufswelt heutzutage viel Stress und auch existentielle Ängste, dies beeinflusst die Lebenswelt des Kindes und dessen Verhalten, hier muss die Pädagogin feinfühlig mit dem Kind und auch mit den Eltern arbeiten und beiden helfend zur Seite stehen;  .... Zusammenfassend kann gesagt werden, für diese Herausforderungen ist ein junger Mensch nicht durch die BAKIP gewappnet.

Die Politik kann nicht länger zu schauen und einen Berufsstand, nur niedrig ausbilden lassen und dann fordern, dass die ElementarpädagogInnen, die Umwelt der ihr anvertrauten Kinder so gestalten können, dass sich die Kinder bestmöglich entwickeln können. Mittlerweile hat fast jeder Beruf eine Möglichkeit zur tertiären Ausbildung, nur die ElementarpädagogInnen nicht. Die bekommen nur immer mehr Verantwortung und Pflichten umgehängt, aber keine Verbesserung in der Ausbildung, geschweige den in den Rahmenbedingungen.

Es darf hier nicht mehr weggesehen werden! Es reicht! Tun sie doch endlich etwas!

Ich bin Leiterin eines großen Kindergartens in Wien. Seit September 2014 studiere ich berufsbegleitend "Sozialmanagement in der Elementarpädagogik" an der FH Campus Wien. Bis vor dem Studium dachte ich, dass ich eine gut ausgebildete Pädagogin bin, doch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Themen der Elementarpädagogik hat mir gezeigt, dass dem nicht so ist. Gleichzeitig hat es  mit gezeigt, wie essentiell eine Ausbildung auf tertiärer Ebene für alle ElementarpädagogInnen ist. Es ist  fahrlässig, dass eine Regierung hier einen ganzen Berufsstand Wissen vorenthält, indem es ElementarpädagogInnen nicht studieren lässt.

Mit der Veröffentlichung meiner Stellungnahme auf der Homepage des Parlaments erkläre ich mich ausdrücklich einverstanden.

Ich stehe Ihren gerne jederzeit für Fragen zur Verfügung.

Freundliche Grüße,

Dagmar Mirek

 

 

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