Herbert Gnigler

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AHS-Lehrer für TECH.W., BE und Grafik-Design.                                    2. Mai 2016

 

Stellungnahme zur geplanten Zusammenlegung der Fächer Technisches Werken und Textiles Werken an den AHS Unterstufen im Schulrechtspaket 2016:

 

Gegen diese Zusammenlegung und für ein allgemeinbildendes Fach „Technik“ für alle Schülerinnen und Schüler möchte ich folgende Einwände und Argumente anführen:

 

Nur mehr die halbe Unterrichtszeit für gleichbleibende Lehrplaninhalte:

Die lehrplanmäßig vorgeschriebenen Inhalte beider Fächer müssten in der halben Zeit unterrichtet werden, was völlig unmöglich ist. In der Praxis wird aus organisatorischen Gründen wahrscheinliches weniger als die halbe Zeit zur Verfügung stehen.

Diese Halbierung der Zeit für die gleichen Unterrichtsinhalte zeigt, wie wenig durchdacht diese Maßnahme ist. In keinem anderen Fach wäre so was machbar, wieso sollte das ausgerechnet in diesen beiden Fächern leicht möglich sein?

 

Koedukative Bildungschancen werden nicht genutzt, sonder verhindert:

Koedukative Bildungsschancen gerade auch für Mädchen werden nicht ermöglicht, sondern durch die Halbierung der Lehrplaninhalte eindeutig reduziert. Wenn gleiche Bildungschancen für alle Schüler verwirklicht werden sollen, so kann das doch niemals über die de facto Kürzung der Inhalte, welche gerade genau diese Chancen vermitteln, geschehen.

 

Berufsorientierung  und Berufschancen werden durch weniger Unterrichtszeit eingeschränkt:

Berufsmöglichkeiten, Berufsorientierung und vor allem Motivierung für technische Berufe wird durch die Kürzung der technischen Inhalte sehr erschwert und teilweise unmöglich gemacht. Gerade das „Technische Werken“ könnte Schülerinnen und Schüler für technische Berufe und Studien motivieren. Dies erscheint auch volkswirtschaftlich sinnvoll, denn gerade von der Wirtschaft wird immer wieder auf die damit verbundenen Berufschancen hingewiesen und das fehlende Interesse an technischen Berufen beklagt.

 

Lehrplaninhalte der beiden Fächer passen nicht zusammen, „Verschränkungen“ und „Synergieeffekte“ sind in Wirklichkeit fast unmöglich:

Die geplante „Verschränkung“ bei Werkaufgaben, mit der Inhalte von technischem mit textilem Werken gemeinsam unterrichtet werden sollen, ist bei fast keinem Inhalt wirklich möglich.

Diese „Verschränkten Inhalte“ erscheinen aus folgenden Gründen unrealistisch und fragwürdig:

Ein Bezug dieser „Verschränkten Inhalte“ zur realen technischen Welt ist kaum vorhanden, es gibt fast keine technischen Objekte oder Vorgänge, wo eine echte Verbindung dieser Inhalte tatsächlich existiert. Diese „verschränkten Inhalte“ motivieren die Schüler nicht, weiters sind sie von Werkraumbenutzung, Werkraumausstattung und Materialplanung sehr schwer oder gar nicht umsetzbar.

 

Unbrauchbare Vorschläge der Arbeitsgruppe zu „Verschränkten Werkaufgaben“:

Die Vorschläge der Arbeitsgruppe zu „Verschränkten Werkinhalten“

(„WIR WERKEN KONKRET“, Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

Abteilung GM – Gender und Schule, Abteilung I/2 – Sekundarstufe I u. Polytechnische Schule

A-1014 Wien, Minoritenplatz 5)

erscheinen hanebüchen, sehr absurd und teilweise grotesk sinnlos. Hier werden Inhaltsbereiche zusammengezwungen, die nichts miteinander zu tun haben, außerdem betreffen diese Vorschläge für verschränkte Inhaltsbereiche nur einen kleinen Teil der Lehrpläne der beiden Fächer, sie sind somit auch aus diesem Grund unbrauchbar. Die damit versprochenen Bildungschancen für alle Schülerinnen und Schüler werden konterkariert und in der Realität leider deutlich reduziert.

 

Durch die Möglichkeit von größeren Werkgruppen sind Verluste von Lehrerstunden und Dienstposten zu erwarten:

Weiters steht zu befürchten, dass Lehrerstunden verloren gehen. Die Behauptung, dass keine Verluste zu erwarten seien, weil ja keine Stundenkürzungen vorgesehen seien, sondern nur die Schüler anders eingeteilt werden, stimmt nicht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass durch klassenübergreifende Zusammenstellung der Werkgruppen die maximale Gruppengröße leicht ausgeschöpft werden kann und dadurch in den einzelnen Schulen weniger Werkgruppen zustande kommen werden. Damit werden natürlich auch weniger Werkstunden benötigt werden.

 

Negative Folgen Werkgruppen mit höherer Schüleranzahl:

Wenn es so sein sollte, dass in den Schulen Werkgruppen mit maximaler Schüleranzahl geführt werden müssen, bedeutet das eine drastische Verschlechterung der Unterrichtsmöglichkeiten: Lautstärke und Unfallgefahr werden natürlich zunehmen, die gesundheitlichen Belastungen für die Lehrkräfte wird sich deutlich erhöhen, die Möglichkeit für großformatigere Werkstücke und komplexere motivierende Aufgabenstellungen werden damit wegfallen.

Dazu kommt, dass in vielen Schulen die Werkräume veraltet, zu klein und schlecht ausgestattet sind.

Verstärkt werden diese Befürchtungen durch die in den letzten Jahren spürbare Zunahme schwieriger, undisziplinierter und „verhaltensorigineller“ Schüler, mit welchen die Lehrkräfte sehr lange ohne wirkliche Eingriffsmöglichkeiten allein gelassen bleiben.

 

Die Chance auf einen verbindlichen allgemeinbildenden Technikunterricht wird nicht aufgegriffen.

Vertane Chance auf einen allgemeinbildenden Technikunterricht, der das Verständnis für Technik der Bürger fördert und somit eine sachlichere Teilhabe an politischen Entscheidungen ermöglicht. Ein allgemeinbildender Technikunterricht, wie er z.B. in Deutschland und anderen Ländern stattfindet, hat sicher auch die wirtschaftliche Stärke dieser Staaten gefördert. Es ist daher unverständlich, dass in Österreich eine Verstärkung des Technikverständnisses der Bevölkerung durch die vorgesehene Zusammenlegung verhindert wird.

 

Große Demotivierung der Fachkollegen, weil ihr sehr hoher Arbeitseinsatz zur Umsetzung und Aufbereitung der bestehenden Lehrplaninhalte bei der vorgesehen Zusammenlegung auf einen Schlag sinnlos geworden ist.

Die Lehrkräfte des technischen Werkens haben die Lehrplaninhalte mit großem Arbeitseinsatz und Motivation für den Unterricht aufbereitet, in konkrete Werkaufgaben umgesetzt und aufwendig organisatorisch vorbereitet. Das war umso nötiger, als keine wirklich brauchbaren Unterrichtsbücher oder Unterlagen zur Verfügung stehen. Die Halbierung der Unterrichtszeit für die Lehrplaninhalte macht einen Großteil dieser Arbeit sinnlos und wird mit Sicherheit die Kolleginnen und Kollegen sehr demotivieren.