VEREIN DER DIREKTORINNEN UND DIREKTOREN DER BERUFSBILDENDEN MITTLEREN UND HÖHEREN SCHULEN ÖSTERREICHS IN WIEN

Obmann: HR Dir. i.R.Mag. Peter Slanar - Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule Wien 10

1100 Wien, Pernerstorfergasse 77 - Tel.: 602 51 91 - Fax: 602 51 91/253  ZVR:396370141

E-mail: peter.slanar@aon.at

 

Stellungnahme zum Schulrechtspaket 2016

 

Der Verein der Direktorinnen und Direktoren der Berufsbildenden mittleren und höheren Schulen Österreichs in Wien übermittelt zu folgenden Punkten seine Stellungnahme:

 

1.      Einführung von Pflichtpraktika

2.      Schülerinnen- und Schülerkarte “ eduCard”

3.      Neue Oberstufe

4.      Lehrbeauftragte

5.      Einsatz der Amtssignatur

6.      Prüfungstaxen

 

ad1)

Die gesetzliche Verankerung der Pflichtpraktika an mittleren und höheren kaufmännischen Schulen wird ausdrücklich begrüßt. Diese Regelung ermöglicht nun auch diesen Schüler/innen rechtzeitig in der beruflichen Praxis Erfahrung zu sammeln. Es sollte dabei sichergestellt werden, dass die Unternehmen seitens ihrer Interessensvertretungen über diese Neuerung informiert werden und die kollektivvertraglichen Regelungen auch für die Pflichtpraktikant/innen Anwendung finden.

 

ad2)

An vielen Standorten wurde die alte Schülerausweiskarte bereits durch die sogenannte “eduCard” ersetzt. Dies ist im Zeitalter der Digitalisierung nicht nur zeitgemäß sondern eröffnet auch die Möglichkeit, die Karte mit entsprechenden Zusatzfunktionen auszustatten. Einige Beispiele dürfen an dieser Stelle besonders erwähnt werden:

     Zutrittsberechtigung in das Schulgebäude generell (besonders für Studierende an den Abendschulen sehr wichtig) und für bestimmte Klassenräume, die Bibliothek, EDV-Lehrsäle, etc.

     Entsprechend aufgeladene Karten ermöglichen das bargeldlose Kopieren am Schülerkopierer.

     Im Verkehrsverbund Ost (Wien, NÖ, Bgld) können die Schüler/innen gegen ein geringes Jahresentgelt die öffentlichen Verkehrsmittel unbeschränkt benützen. Die Schülerausweiskarte wird dabei auch als Ausweis verwendet. Eine Ausweitung dieser Anwendung auch auf andere Bundesländer wäre denkbar und sinnvoll, wobei die Kontrolleure mit Hilfe entsprechender Lesegeräte in Zukunft die Berechtigung überprüfen könnten.

     In Zukunft könnten auch diverse Bestätigungen, vielleicht sogar einmal Zeugnisse (wie schon derzeit an den Universitäten üblich) mit Hilfe dieser Karte an Terminals gedruckt werden

 

Daher wird die geplante gesetzliche Verankerung der “eduCard” prinzipiell begrüßt. Die Schulen sollen selbst entscheiden, ob die Schülerkarte Zusatzfunktionalitäten enthalten soll, um keinen zusätzlichen administrativen Aufwand in Kauf nehmen zu müssen.

 

Allerdings erscheint besonders an berufsbildenden Schulen die beabsichtigte Regelung, wonach die schriftliche Zustimmung der Schüler/innen bzw. deren Erziehungs-berechtigten erforderlich sein soll, wenn die Schülerausweiskarte mit eben diesen beispielhaft angeführten Zusatzfunktionalitäten ausgestattet wird, weder sinnvoll noch praktikabel! Es muss gewährleistet sein, dass alle Schüler/innen die an der entsprechenden Schule angebotenen Zusatzfunktionalitäten der Ausweiskarte auch verwenden können.

 

ad3)

Viele Berufsbildende Schulen führen bereits jetzt die “Neue Oberstufe” in Form eines beantragten und vom BMBF genehmigten Schulversuches, um rechtzeitig Erfahrungen schon vor der verpflichtend zu führenden “NOST” zu sammeln. Die Führungskräfte wurden in zahlreichen Dienstbesprechungen ausführlich über die geplanten Regelungen seitens ihrer Landesschulinspektor/innen informiert.

 

Die Modularisierung der Lehrpläne und die auch in “QIBB” verankerte Absicht der Individualisierung des Unterrichts stellen einen wichtigen Fortschritt dar.

An einigen Schulen (zB BHAK Weiz, BHAK Wien 10, BHAK Salzburg, etc.) werden bereits seit vielen Jahren Schulversuche zur Modularisierung des Unterrichts und Verringerung des Wiederholens von Schulstufen erfolgreich geführt. Entsprechende Evaluationen dieses Schulversuches wurden mehrmals an die Schulaufsicht gesendet.

 

In den zahlreichen Dienstbesprechungen für Direktor/innen wurden die oft schwer verständlichen und komplizierten Regelungen sowie der hohe administrative Aufwand bemängelt. Dennoch entschieden sich viele berufsbildende Schulen, sich diesen Herausforderungen zu stellen.

 

Umso befremdlicher ist es, dass sich das BMBF aufgrund von Zurufen aus anderen Schulbereichen entschieden hat, eine Option einzuräumen, die Einführung der NOST (dies nur an den BMS) um bis zu zwei Jahre zu verschieben und dies autonom an der Schule zu regeln. Nun vorgebrachte Argumente, dass das Schulverwaltungsprogramm “SOKRATES” nicht allen Anforderungen gerecht werde, sind seit Inkrafttreten des neuen SCHUG-BKV (also bereits seit Jahren) bekannt und wurden von den Führungskräften an den Berufsbildenden Schulen immer wieder rückgemeldet.

 

Es wäre wünschenswert gewesen, wenn vor Einführung der NOST die guten Erfahrungen des Schulversuches “Modularisierung” an berufsbildenden Schulen stärkere Berücksichtigung gefunden hätten und die Führungskräfte an diesen Schulen mehr eingebunden worden wären, um diese schulpolitische Neuerung zu einem echten Fortschritt ohne vermehrten bürokratischen und administrativen Aufwand zu machen.

 

Die bloße “schulautonome” zeitliche Verschiebung der NOST (nur in den BMS) lässt die Fragen vollkommen offen, was sich bis dahin geändert und verbessert haben sollte.

Daher ist die zeitliche Verschiebung nur dann sinnvoll, wenn gleichzeitig Maßnahmen ergriffen werden, um die NOST zu einem wirklichen Erfolgsmodell werden zu lassen.

 

Im Entwurf wird angeführt, dass “den BMS die Möglichkeit geboten werden soll, sich gemäß den jeweiligen Rahmenbedingungen am Schulstandort optimal auf die neue Oberstufe vorzubereiten und die einzelnen Reformschritte zeitlich so durchzuführen, dass eine solide Umsetzung gewährleistet ist”.

 

Dazu wird angemerkt, dass sich viele Berufsbildende Schulen (trotz aller Bedenken) bereits auf die NOST sehr gut vorbereitet haben, was die Anzahl der beantragten und genehmigten Schulversuche belegt.

Da sich diese Schulen bereits in einer Erprobungsphase befinden, müssten bereits laufend gewonnene Erfahrungen und Erkenntnisse in einer Arbeitsgruppe ausgewertet werden, bevor dann endgültig die NOST nach einer Verschiebungsphase in ganz Österreich umgesetzt wird.

Die im Entwurf enthaltene Einschränkung der an den Schulstandorten in Anspruch genommenen zeitlichen Verschiebung der NOST ausschließlich auf die BMS wird ausdrücklich abgelehnt, da dies weder dem Gleichheitsgrundsatz noch der praktikablen Umsetzung an den Schulen entspricht!

 

d4)

Die Einführung von Lehrbeauftragten an allen BMHS ist wie im vorliegenden Entwurf angeführt “zum Zweck der Erhöhung der Gestaltungsfreiheit beim Einsatz von Lehrpersonal speziell im Bereich der Fachtheorie und Fachpraxis” zweckmäßig und daher zu begrüßen. Ein weiteres wesentliches Anwendungsfeld stellen etwa persönlichkeitsbildende, musisch-kreative, gesundheitsorientierte und allgemeinbildende (Bsp.: Kritisches Denken) Angebote dar. Es eröffnen sich daher für alle BMHS Möglichkeiten, die sie bisher nur bedingt wahrnehmen durften. So könnten daher Lehrbeauftragte als Spezialisten der Fachtheorie (zB Steuerberater an den kfm. Schulen, etc.), als Regisseure für Theateraufführungen, als Gesundheitsberater für das Fach “Sport- und Gesundheitsmanagement” – um nur einige Beispiele anzuführen – eingesetzt werden. Dies stellt eine wichtige Verbreiterung des  Bildungsangebots an den BMHS dar - ein wesentlicher Vorteil für die Schüler/innen!

 

Die im Entwurf errechnete Einsparung durch den Einsatz von Lehrbeauftragten von bis zu

€ 900.000,- bis zum Budgetjahr 2021 muss für die Erhöhung des Bildungsangebots, das  derzeit durch die an den Schulen vorhandenen Lehrpersonen aus budgetären Gründen nicht bedeckt werden kann, durch den Einsatz von weiteren Lehrbeauftragten verwendet werden. Dies würde somit direkt den Schüler/innen zugutekommen!

 

Ergänzend wird angemerkt, dass durch den Einsatz von Lehrbeauftragten keinesfalls eine Einsparung im Personalbereich passieren darf. Vielmehr sind die Kosten der Lehrbeauftragten im Wege der Personalverrechnung und nicht über den Sachaufwand der Schulen zu finanzieren!

 

ad5)

Am Beiblatt für die Semesterzeugnisse soll in Zukunft auch die Unterschrift der Schulleitung erforderlich sein, was den administrativen Aufwand für diese weiter erhöht!

Die Bundesregierung verfolgt seit Jahren im Zuge von „e-Government“ das Ziel, den Behördenkontakt für die Bürger/innen zu erleichtern und das Internet dafür zu nutzen. Die Einführung der Handy-Signatur bzw. Bürgerkarte ermöglicht dies und stellt einen Beitrag zur Entbürokratisierung dar.

 

Die bereits eingeführte Amtssignatur ist ebenfalls ein Beweis für die zunehmende Digitalisierung und ermöglicht die rasche Übermittlung von signierten Mitteilungen, Erlässen, etc.

 

Die eingangs erwähnte und geplante Unterschrift der Schulleitung sogar auf Beiblättern für Semesterzeugnisse (!!) ist nicht nur nicht zeitgemäß sondern würde einen krassen Verstoß gegen die „eGovernment-Strategie“ der Bundesregierung darstellen.

Da viele Direktor/innen bereits die Amtssignatur einsetzen können, muss es vielmehr gesetzlich ermöglicht werden, dass auch Semesterzeugnisse, Bescheide etc. amtssigniert ausgestellt und übermittelt werden können.

Schüler/innen könnten ihre Bewerbungen mit amtssignierten Beilagen (Zeugnissen) versehen. Dies wäre ein echter Fortschritt und ein Beispiel, wie modernen Entwicklungen gesetzlich Rechnung getragen wird!

Die Personalbüros von Unternehmen verlangen in zunehmendem Ausmaß die digitale   Übermittlung von Bewerbungen inklusive digitaler Unterlagen!

 

ad6)

Nachdem bei der tz.RDP der rein administrative Aufwand (Prüfungseinteilung, Protokolle, Beaufsichtigung, „Supplierbereitschaft“ …) exponentiell angewachsen ist, wäre die Wiedereinführung von Taxen für Schriftführer bzw. Prüfungsadministratoren in Höhe zumindest der Hälfte der Klassenvorstandstaxen sinnvoll und gerecht!

 

Für den Verein

HR Mag. Peter Slanar e.h.

Obmann