Sehr geehrtes Präsidium des Nationalrats!
Sehr geehrte Damen und Herrn!
Betreff: Stellungnahme zum Schulrechtspaket 2016 (Ministerialentwurf 196/ME)
Mit diesem Schreiben möchte ich meine Bedenken gegen eine Zusammenlegung der beiden alternativen Pflichtfächer darlegen und wichtige Fragen stellen.
Die Aspekte des Einspruchs sind sehr stark von meiner langjährigen Unterrichtspraxis geprägt. Ich unterrichte seit Jahrzehnten Technisches Werken,
wenigen Jahren auch Textiles Werken. Jedes Fach ist in seiner Art herausfordernd und spannend - aber die Fächer sind inhaltlich nicht
einfach für jeden Schüler und jede Schülerin passend. Das Unterrichten wird aufgrund der Rahmenbedingungen (siehe Teilungszahlen!) von Jahr
zu Jahr schwieriger. Der geplante Entwurf würde die präkere Situation noch verstärken.
Zusammenlegung Technisches Werken und Textiles Werken:
Derzeit besteht für SchülerInnen Wahlfreiheit. Sie können sich ihren Neigungen entsprechend für Technisches oder Textiles Werken zu entscheiden. Die Inhalte der Fachbereiche sind per se nicht geschlechtsspezifisch, sondern kulturtechnisch determiniert! Das Gender Argument wird zur Zwangsbeglückung und kann ein massives Motivationsproblem zutage treten lassen. Die Anwahl ist zur Zeit ca. 1/3 Textiles Werken und 2/3 Technisches Werken.
Werken in der NMS wird zum Vorbild für AHS Bereich. Die NMS darf schulautonom entscheiden, ob das Pflichtfach Werken bis auf 5,5 Stunden in 4 Schulstufen reduziert werden kann. Natürlich ist eine Erhöhung auch gesetzlich legal, aber diese Schwerpunktsetzung kann aufgrund der angespannten Werteinheitensituation wahrscheinlich keine Schule stemmen. WerkerzieherInnen im AHS Bereich werden um ihre Stunden kämpfen müssen. Die Einführung des Unterrichtsfaches Berufsorientierung wird schon geplant, dadurch ist der Zwang zur Reduktion zumindest in der 8. Schulstufe „vorprogrammiert“.
Aus den autonomen Fachbereichen werden nur noch Teile. Die Inhalte des praktischen Faches werden logischerweise nahezu halbiert, auch wenn es jetzt in den Lehrplänen teilweise Überschneidungen gibt (vgl. Bereich Bauen / Wohnen / Umweltgestaltung). Ein umfangreicherer Inhalt soll in kürzerer Zeit vermittelt werden! Das Zeitfenster zum Üben und Vertiefen der Fähigkeiten und Fertigkeiten wird drastisch geschmälert!
Gelten zukünftig die gesetzlichen Teilungszahlen für die alternative Pflichtgegenstände Technisches / Textiles Werken noch? Schon jetzt wird in vielen Gymnasien (Bsp. NÖ) teilweise mit Werkgruppen bis zu 24 SchülerInnen unterrichtet. Das Einhalten gesetzliche Teilungszahlen wird zur Ausnahmeerscheinung, da der Druck zum Sparen besonders harte Einschnitte „legitimiert“.
Der Gesetzgeber hat eine maximale Gruppengröße von 19 SchülerInnen vorgesehen. Ausschlaggebend dafür ist die Verantwortung für die körperliche Unversehrtheit der SchülerInnen . Es ist ein großes Sicherheitsrisiko, wenn große SchülerInnengruppen Maschinen und Werkzeuge selbständig benutzen , obwohl sie nur wenig Zeit zum Einüben der Tätigkeit hatten . Ob die möglicherweise daraus resultierende Beschränkung auf einfachste Grundtechniken und Fertigkeiten dem Qualitätsanspruch der AHS entspricht , ist in Frage zu stellen. Wie soll eine „nebenbei“ eingeschulte Lehrperson eine große Werkgruppe in einem möglicherweise beengtem , nicht auf die Schülerzahl ausgelegten Raum werken, ohne das die Unfallgefahr für alle Beteiligten steigt?
Da weder neue Lehrpläne, noch die dafür ausgebildeten LehrerInnen für das neue Fach vorhanden sind, stellt sich die Frage, wie das praktisch umgesetzt werden kann?
Sind die FachkollegInnen von einem Schuljahr aus andere dazu befähigt, alle Teilbereich zu unterrichten, ohne intensive Einschulung, Weiterbildung? Wie können KollegInnen neben Ihrer Unterrichtstätigkeit noch intensive Fortbildungskurse absolvieren, ohne den Schulbetrieb zusätzlich zu belasten? Wenn es innerhalb eines Schule zu wochenweisem Wechsel der Bereiche und der LehrerInnen kommt, wer ist für die Benotung im Zeugnis ausschlaggebend und verantwortlich? Welche Vorgehensweise schlägt der Gesetzgeber dafür vor? Ist die Einführung des neuen Faches im aufsteigenden Prinzip vorgesehen?
Die oben angeführten Punkte sind aus der persönlichen Sichtweise einer Technisches Werken und Textiles Werken unterrichtenden Lehrerin geschrieben. Der Schwerpunkt der Auseinandersetzung liegt in der praktischen Umsetzbarkeit des Gesetzesvorhabens, wenn nicht eine Änderung wesentlicher Rahmenbedingungen (organisatorisch, inhaltlich, räumlich, haftungsrelevant..) parallel dazu vom Gesetzgeber angedacht und vorgeschlagen wird. Des weitern fehlt besonders die Evaluation des neuen Werkeunterrichtes in der NMS, da sich die Gesetzesvorlage explizit auf diesen bezieht.
Mit freundllichen Grüßen
Don Bosco Gymnasium
2442 Unterwaltersdorf