Sehr geehrte Frau Bundesministerin,
herzlichen Dank für die Einladung, im Rahmen des Begutachtungs- und
Konsultationsverfahrens, eine Stellungnahme unseres Verbandes zum
"Schulrechtspaket 2016", das betrifft den Entwurf des Bundesgesetzes, mit
dem das Schulorganisationsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche
Bundesschulgesetz, das Bundesgesetz über Schulen zur Ausbildung von
Leibeserziehern und Sportlehrern, das
Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das
Bundesgesetz BGBl. I Nr. 9/2012, das Schulunterrichtsgesetz für
Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Hochschulgesetz 2005,
das Schulpflichtgesetz 1985, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das
Bildungsdokumentationsgesetz, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das
Prüfungstaxengesetz - Schulen/Pädagogische Hochschulen und das
Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden, zu übermitteln.
Seitens des Österreichischen Verbandes der Elternverein an öffentlichen
Pflichtschulen darf vorne weg festgestellt werden, dass keine der
vorgeschlagenen Änderungen bzw. neuen Inhalte der angesprochenen Gesetze und
Verordnungen die derzeit gültigen Mitgestaltungs- und Mitwirkungsaufträge an
die schulpartnerschaftlichen Gremien schmälern darf.
Des Weiteren muss als Grundsatz gelten, dass der Besuch öffentlicher
Pflichtschulen für die SchülerInnen und deren Obsorgeberechtigten weiterhin
uneingeschränkt kostenfrei zu sein hat. Kosten für Beiträge für die
Unterbringung, Verpflegung und Betreuung in öffentlichen Schülerheimen sowie
im Freizeitbereich öffentlicher ganztägiger Schulformen müssen angemessen
sozial gestaffelt angeboten werden. Dies gilt auch für den Einsatz
zusätzlicher Personengruppen, wie z.B. qualifizierter ErzieherInnen für die
Lernhilfe.
Immer wieder scheint folgender Satz auf: Lehrerinnen und Lehrer haben die
erforderlichen Fort und Weiterbildungsangebote zu nutzen.
Kritik: keine Festlegung auf ein Mindestmaß für alle LehrerInnen, wie z.B.
im Dienstrecht für LandeslehrerInnen.
Im §66 des SchUG ist die Beratung der LehrerInnen durch die SchulärztInnen
vorgesehen. Vorneweg wäre es hilfreich, wenn die gesetzliche
Aufgabenstellung der SchulärztInnen bundesweit vereinheitlicht und
aktualisiert werden würde. Die ärztliche Schweigepflicht darf im Zuge der
Beratungsgespräche nicht verletzt werden. Hinweise auf eventuell vorliegende
gesundheitliche Mängel dürfen nur an die Erziehungsberechtigten oder
volljährige SchülerInnen weitergegeben werden.
Die Aufbewahrungsfristen dürfen generell nicht unter sieben Jahren liegen.
Nun die Anmerkungen zu einzelnen Vorschlägen:
Änderung des Schulorganisationsgesetzes:
§8 j (cc)
Es muss sichergestellt sein, dass alle eingesetzten Personen über eine
angemessene und abgeschlossene Ausbildung verfügen und es muss sich in jedem
Fall um eine zertifizierte Qualifikation handeln, deren Schwerpunkt den
Zielen der jeweiligen Schule entspricht
§8 m
Der Zugang zum Hochschullehrgang sollte auch mit einer
Studienberechtigungsprüfung möglich sein.
§8e (3)
Die angemessene personelle Ausstattung der Standorte mit für diese Aufgabe
speziell ausgebildeten LehrerInnen - z.B. "Deutsch als Fremdsprache" ist
flächendeckend zu garantieren.
§8e (4)
Die Kriterien der Evaluierung, insbesondere der Stichtag, müssen spätestens
drei Monate nach in Kraft treten der Gesetzesnovelle bekannt sein.
§8e (5)
Eine Lerngruppe darf maximal 12 SchülerInnen umfassen
Kritik: Die Eröffnungszahl von acht ist sehr hoch gegriffen und könnte trotz
der schulstufen- und schulartenübergreifenden Führung besonders im
ländlichen Raum problematisch werden.
Vorschlag: Sprachstartgruppen ab einer Zahl von vier starten
§11 (5)
Um zu vermeiden, dass jede Schule ein eigenes, spezielles Modell entwickelt,
bzw. Mehrstufenmodelle mit einer Lehrkraft durchgeführten werden, müssen
vergleichbare Modelle entwickelt und standardisiert werden. Ohne
Modellbeschreibungen und exakte Richtlinien ist kein bundesweit
vergleichbares Niveau garantiert.
§12 (2)
Um zu vermeiden, dass jede Schule ein eigenes, spezielles Modell entwickelt,
bzw. Mehrstufenmodelle mit einer Lehrkraft durchgeführten werden, müssen
vergleichbare Modelle entwickelt und standardisiert werden. Ohne
Modellbeschreibungen und exakte Richtlinien ist kein bundesweit
vergleichbares Niveau garantiert.
§12 (2a)
Es muss klargestellt sein, ob das Schulforum den gesetzlichen Auftrag zum
Beschluss hat - was sinnvoll wäre - oder ob es sich nur um eine
Beratungsmaterie handelt. Im Sinne der Vergleichbarkeit müssen die
Bedingungen in jedem Land gleich sein. Ohne Verpflichtung der Schulerhalter,
die technischen Voraussetzungen zu gewährleisten, werden nicht alle Modelle
umsetzbar sein. Die Landesschulbehörde muss die pädagogische Umsetzung
nachhaltig unterstützen.
§12 (3)
Der vorgeschlagene Änderungstext überlässt die Verantwortung für die
Ergebnisqualität der Beliebigkeit.
Unserer Meinung nach müsste die Landesschulbehörde nach Anhörung des
Schulforums und des Schulerhalters entscheiden.
§13 (2a)
Es muss zweifelsfrei klargestellt werden wer Dienstgeber ist bzw. auf Basis
einer Dienstzuteilung die Vorgesetztenfunktion auszuüben hat. Zudem muss
klargestellt sein, dass der Einsatz der FreizeitpädagogInnen und
ErzieherInnen für Lernhilfe für Eltern kostenfrei ist.
§78 (2)
Grundsätzlich zu begrüßen, aber es muss geklärt werden, ob es sich um eine
Ergänzung oder eine eigene Studienrichtung (z.B. ab der 4 Klasse) handelt.
§82 (2a)
Voraussetzung ist das Umsetzen der im Regierungsprogramm enthaltenen
Zielsetzung nach bundesweiten Standards. Wir gehen davon aus, dass und der
Text der zitierten Vereinbarung vor Abschluss zur Begutachtung zugeht.
Änderung des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes:
§8 (2) 3.
Der Kostenteil für den Betreuungsbereich muss für alle SchülerInnen und
deren Obsorgeberechtigte gleich sein. Der Gleichheitsgrundsatz muss gewahrt
bleiben, SchülerInnen aus kleineren Gemeinden dürfen nicht benachteiligt
werden.
§13 (6)
Im Sinne der Umsetzung der Inklusion sollten alle Schulen SchülerInnen mit
SPF erfolgreich beschulen können.
Änderung des Schulunterrichtsgesetzes:
§2b. (2)
Auch Lehrbeauftragte müssen eine ihrem Einsatz entsprechende Qualifikation
nachweisen und entsprechende Weiterbildungen besuchen.
§13b. (1)
Da es sich trotz des individuellen Zugangs und eine Schulveranstaltung
handelt, wäre die Aufsichtspflicht und die Begleitung der betroffenen
SchülerInnen durch dazu beauftragten LehrerInnen zu klären.
§17.(5)
Ein Wechsel von Schulstufen ist nur in den ausmaß zulässig, als für den
erfolgreichen Abschluss der 3. Klasse nicht weniger als zwei und nicht mehr
als vier Schuljahre benötigt werden.
Kritik: Wie genau der Unterricht dann ausschauen soll, wird den Ländern (der
Landesschulbehörde) überlassen - es bleibt im Grunde Ländersache, was sich
wie verändert - auch hier sind einheitliche Standards erforderlich.
§18a. (1)
Die Entscheidung muss gemäß §63a (2) m mit 2/3 Mehrheit in jeder Kurie
getroffen werden und sollte generell spätestens im 2. Semester des davor
liegenden Schuljahres fallen.
§18a. (3)
Das Bewertungsgespräch MUSS stattfinden, es sind bereits im Schulversuch
erprobte Modelle konkret vorzusehen. Analog zu den KEL-Gesprächen in der NMS
wäre das Modell KDL vorzuziehen.
§18a. (4)
Klassische Sprechtage sollten längst der Vergangenheit angehören und durch
Bewertungsgespräche ersetzt werden, die in einer bestimmten Woche und nach
individueller Terminvereinbarung innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens
stattfinden.
Mit den Erziehungsberechtigten ist bei Auftreten der beschrieben
Veränderungen "umgehend" Kontakt aufzunehmen.
§18a. (7)
Es sind in der Verordnung bereits im Schulversuch erprobte Modelle konkret
vorzusehen. Analog zu den KEL-Gesprächen in der NMS wäre das Modell KDL
vorzuziehen.
§24. (2)
In jedem Fall hat vor der endgültigen Entscheidung, unter Beziehung der
Erziehungsberechtigten, ein Beratungsgespräch stattzufinden, dass bei Bedarf
durch qualifizierte ÜbersetzerInnen zu begleiten ist.
§25. (5c)
In jedem Fall hat vor der endgültigen Entscheidung, unter Beziehung der
Erziehungsberechtigten, ein Beratungsgespräch stattzufinden, dass bei Bedarf
durch qualifizierte ÜbersetzerInnen zu begleiten ist.
§57b
Das Nichtverlangen der SchülerInnenkarte darf in keinem Fall zur
Verweigerung der Aufnahme in eine Schule führen.
Vor der Umsetzung muss es eine bundesweit einheitliche Version der
SchülerInnenkarte - inkl. eventuell sinnvoller Anwendungsoptionen - geben
und klargestellt sein, dass diese nur von der Schulbehörde oder von dieser
beauftragten Personen ausgestellt werden darf. Die Kostenanteile für die
SchülerInnen oder deren Obsorgeberechtigte müssen zumutbar sein.
Studierendenkarte/ Schülerinnenkarte, Schülerkarte:
der einmalige Zugriff auf die Daten des Schülers pro Schuljahr? Bei Verlust
muss wieder zugegriffen werden und es sind auch andere Szenarien denkbar,
bei denen für die Karte zugegriffen werden muss.
§63a. (5)
Solange es Vorschulklassen gibt, dürfen die Mitgestaltungsrechte der
betroffenen Erziehungsberechtigten nicht geschmälert werden.
§77 (3)
Bei Anwendung der elektronischen Form müssen bundeseinheitliche
Sicherungsstandards zur Anwendung kommen und alle datenschutzrechtlichen
Vorgaben erfüllt sein.
Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985:
§6. (1)
Im Zusammenhang mit der Beschlussfassung im Parlament, aber jedenfalls vor
der Umsetzung muss sichergestellt werden, dass die im Bereich der
Kindergärten durchgeführten Dokumentationen auf Basis bundeseinheitlicher
Richtlinien erfolgen.
Die in Vorarlberg eingesetzten Unterlagen und Beobachtungsergebnisse (z.B.
der Vorarlberger Beobachtungsbogen VBB zur Entwicklungsbeobachtung bzw. der
geplante Bildungskompass) können als Gesprächsgrundlage hier sicher
hilfreich sein, vor allem auch dann wenn Eltern schon frühzeitig in die
Evaluation der Ergebnisse einbezogen wurden. Die Dokumentationen der
Lernwege der Kinder kann helfen, die Rolle von Spielen/Lernen,
Bildung/Erziehung in den unterschiedlichen Einrichtungen zu erkennen. Dies
kann schon von Beginn an zu einer verbesserten Verständigung zwischen
Pädagogen und Eltern führen.
Dennoch entbindet das unserer Ansicht nach nicht die Elementar- und
Primarschulpädagogen von einem direkten Informationsaustausch. Die
Kooperation zwischen Kindergarten und Schule muss weiter stark forciert
werden.
Der Transitionsansatz begründet klar den Einbezug der Eltern als Bewältiger
von Übergängen. Die Institutionen Kindergarten und Schule müssen sich öffnen
- gegenseitig wie für Eltern und Kinder, um Transparenz der Inhalte und
Formen der Zusammenarbeit zu erreichen. Der gesamte Übergangsprozess, sollte
somit von Kommunikation und Partizipation getragen werden.
Die Befähigung hierzu muss dabei aber klar sichergestellt werden (z.B. über
eine geplante Einführung und Evaluierung geeigneter Instrumente, Materialien
und den Aufbau entsprechender Kompetenzen). Damit Eltern und Kinder
gemeinsam mit den Pädagogen den Übergang gestalten können.
Änderung des Bildungsdokumentationsgesetzes:
Anlage 1a
Die Kontaktdaten der Erziehungsberechtigten und der ElternvertreterInnen
müssen auch den Organen des jeweiligen Elternvereins zur Verfügung stehen.
An den Elternverein sollten die nachstehenden Daten weitergegeben werden:
Voller Name, Adresse, Telefonnummer, E-Mail Adresse.
Da Schulung und Betreuung der KlassenelternvertreterInnen zu den
statutarischen Aufgaben der Elternverbände gehören, sollten die Kontaktdaten
der KlassenelternvertreterInnen auch den Landesverbänden zur Verfügung
stehen.
Wir sind in diesem Fall und selbstverständlich auch bei allen anderen
Kapiteln der von der Bildungsreformkommission vorgeschlagenen Maßnahmen zur
inhaltlichen Mitarbeit bei der Vorbereitung von Gesetzen und Verordnungen
bereit und erwarten entsprechende Einladungen.
Wir ersuchen um Kenntnisnahme und stehen für Rückfragen zur Verfügung.
Mit schulpartnerschaftlichen Grüßen
Andreas Ehlers
Assistent des Vorsitzenden
Österreichischer Verband der Elternvereine
an öffentlichen Pflichtschulen - Dachverband
Strozzigasse 2/4/421/Postkasten 38
A-1080 Wien
Tel.: +43 (1) 53120-3112, Mobil: +43 (0) 6991 53120 00
E-Mail: <mailto:office@elternverein.at> office@elternverein.at,
<mailto:andreas.ehlers@elternverein.at> andreas.ehlers@elternverein.at,
<http://www.elternverein.at/> www.elternverein.at
ZVR-Zahl: 023467217