Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Asylgesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Grenzkontrollgesetz geändert werden soll (Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 – FrÄG 2017)

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Ich erlaube mir zum oben angeführten Entwurf des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2017 folgende Stellungnahme abzugeben:

 

Ad Art. 2 (FPG) Z 25 (§ 20 Abs. 2)

 

In der Novellierungsanordnung 25 zur Änderung von § 20 Abs. 2 FPG lautet der letzte Satz:

„Sollen Visa D gemäß Z 2 für die mehrmalige Ausreise (Anm.: muss wohl „Einreise“ heißen) ausgestellt werden, ist Art. 24 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 und Abs. 2 lit. b Visakodex sinngemäß anzuwenden.“

 

Art. 24 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2 und Abs. 2 lit. b Visakodex sieht vor, dass ein Visum C für die mehrfache Einreise mit einer Gültigkeitsdauer zwischen sechs Monaten und fünf Jahren ausgestellt werden kann, wenn der Antragsteller seine Integrität und Zuverlässigkeit, insbesondere hinsichtlich der vorschriftsmäßigen Verwendung ihm früher erteilter einheitlicher Visa oder Visa mit räumlich beschränkter Gültigkeit, seine wirtschaftliche Situation im Herkunftsstaat und seine Absicht, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf des beantragten Visums auch wirklich zu verlassen, nachweist.

 

Der Schlussteil des vorgeschlagenen § 20 Abs. 2 erklärt somit Teile des Art. 24 Visakodex im Verfahren zur Erteilung von Visa D an Saisonarbeitnehmer für sinngemäß anwendbar. Dadurch soll für „bona fide“-Saisoniers, die für mehr als drei Monate in Österreich aufhältig sein wollen und daher ein Visum D benötigen, die Möglichkeit eingeführt werden, dass auch ein Visum D mit einer Rahmengültigkeitsdauer von bis zu fünf Jahren ausgestellt werden kann.

 

In den Erläuterungen wird dazu ausgeführt, dass es im Interesse einer möglichst einheitlichen und effizienten Umsetzung der Saisonierrichtlinie grundsätzlich keinen Unterschied bedeuten soll, ob der Drittstaatsangehörige einen kurzfristigen oder einen längerfristigen Aufenthalt als Saisonarbeitnehmer beabsichtigt und daher  – zu Gunsten sogenannter „bona fide“-Saisoniers bzw. „Stammsaisoniers“ – auch die sinngemäße Anwendbarkeit bestimmter Erleichterungen, die der Visakodex bei der Erteilung von Visa für den kurzfristigen Aufenthalt für solche Antragsteller vorsieht, die ihre Integrität und Zuverlässigkeit durch ihr früheres Verhalte, ausreichend nachgewiesen haben.

 

Dieser Regelungshintergrund kann grundsätzlich nachvollzogen werden, doch wurde offenbar übersehen, dass sich aus Art. 18 Abs. 2 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) zwingend ergibt, dass die Gültigkeitsdauer von Visa D höchstens ein Jahr betragen darf.

 

Somit ist der letzte Satz des vorgeschlagenen § 20 Abs. 2 eindeutig mit Unionsrechtswidrigkeit behaftet und müsste daher entfallen. Angemerkt wird noch, dass, selbst wenn diese Bestimmung in Rechtsbestand erwachsen sollte, sie - aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gegenüber entgegenstehendem nationalen Recht - von Art. 18 Abs. 2 SDÜ verdrängt werden würde. Die betroffenen Behörden wären also verpflichtet, Art. 18 Abs. 2 SDÜ anzuwenden und § 20 Abs. 2 letzter Satz FPG unangewendet zu lassen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Heike Randl

 

 

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Sen.Scientist Dr. Heike Randl
Fachbereich Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht
Kapitelgasse 5-7
5010 Salzburg