Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe GesetzgeberInnen!

 

 

Zum Gesetzestext zu Schulrecht Artikel 19 – Änderung des Schulpflichtgesetzes bitten wir um folgende Änderung:

 

Derzeit geltende Fassung:

Die allgemeine Schulpflicht beginnt mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September.

 

Vorgeschlagene Fassung:

Die allgemeine Schulpflicht beginnt mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September.

Wenn die Geburt des Kindes vor dem gemäß dem Mutter-Kind-Pass als Tag der Geburt festgestellten Tag erfolgte, dann tritt für die Bestimmung des Beginns der allgemeinen Schulpflicht auf Wunsch der Erziehungsberechtigten dieser Tag an die Stelle des Tages der Geburt. Ein derartiger Wunsch ist im Zuge der Schülereinschreibung unter gleichzeitiger Vorlage des Mutter-Kind-Passes vorzubringen. Der Schulleiter oder die Schulleiterin hat den sich daraus ergebenden Beginn der allgemeinen Schulpflicht den Erziehungsberechtigten schriftlich zu bestätigen und die zuständige Bildungsdirektion hiervon zu verständigen.

 

BITTE UM ERWEITERUNG DER VORGESCHLAGENEN NEUEN FASSUNG FÜR KINDER DIE LAUT GEBURTSTAG/GEBURTSTERMIN ZWAR SCHULPFLICHTIG JEDOCH NICHT SCHULREIF SIND:

Für nicht schulreif gelten Kinder, deren Geburtstag bzw. errechneter Geburtstermin mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres vor dem 1. September fällt, die jedoch anhand nachweisbarer Entwicklungsdefizite einem normalen Unterrichtsablauf nicht oder nur schwer folgen können. Für diese Kinder kann nach Wunsch der Erziehungsberechtigten die Schulpflicht um ein Jahr aufgeschoben werden. Hierfür sind Therapiebestätigungen von mindestens 15 Monaten zur Behebung der Defizite im Zuge der Schülereinschreibung vorzulegen. Diese Kinder dürfen ein weiteres Jahr den Kindergarten besuchen, die Kosten dafür sind jedoch von den Erziehungsberechtigten vollständig selbst zu tragen.

 

 

 

 

Unser Fall im Konkreten:

Unser Sohn wird am 10. August d.J. 6 Jahre alt, er ist kein Frühchen, auf der einen Seite ist er in Allgemeinwissen und in Sinnerfassung überdurchschnittlich intelligent, auf der anderen Seite aber weist er größte feinmotorische Defizite auf. Er ist seit 2 Jahren regelmäßig in Ergotherapie und die Meinungen der Ergotherapeuten sind, unser Sohn braucht 150 % Anstrengung für 80 % Leistungserfolg. Er ist unter hoher Anstrengung nur damit beschäftigt, das was er vom Kopf will, mit seinen Händen zusammenzubringen. Da ihm das alle Kraft und Aufmerksamkeit bedarf, würde er folglich sowieso vom Unterrichtsinhalt nichts oder nur wenig mitbekommen. Die Hand ruhig und regelmäßig am Blatt zum Schreiben zu führen, gelingt ihm überhaupt nicht. Er kann auch noch keine Fläche schön flächendeckend und innerhalb von Grenzen anmalen. Öfters vergisst er zu Schlucken, da er so in Anstrengung ist. Er hasst den Vorschulkinderkreis. Er ist nämlich sehr ehrgeizig und erkennt seine Defizite im Vergleich zu Gleichaltrigen und er sagt selbst, es geht ihm schlecht und er fühlt sich schlecht. Dies sind u.a. unsere Beweggründe, weshalb wir unseren Sohn erst ein Jahr später in die Schule geben werden. Laut derzeitigem Gesetzesstand bleibt uns nur die Möglichkeit mit Hausunterricht und die Hoffnung, ob er eventuell im Kindergarten bleiben könnte, was gesetzlich nicht eindeutig geregelt ist und eher nach nein als ja klingt. Die derzeitige gesetzliche Regelung sieht einen längeren Verbleib im Kindergarten nur dann vor, wenn eine Behinderung vorliegt. Dafür ist unser Sohn zu gesund.

 

Hiermit möchten wir der Politik einen Denkanstoss geben, welche Belastung die bisherige Gesetzesregelung für viele Familien in Österreich ist. Es wird uns Eltern von der Politik die Verantwortung und die Entscheidungsfähigkeit genommen. Es wird über den Kopf der Eltern hinaus gesetzlich entschieden, dass Kinder zwangseingeschult werden müssen (ggfs. in die Vorschule), nur weil sie vor einem bestimmten Stichtag geboren sind. Dass es einen Stichtag geben muss, ist notwendig. Dass es mit Begründung jedoch eine Toleranzgrenze FÜR ALLE geben könnte, wäre sehr einfach und volksnah.

 

Was hindert Sie daran, die Toleranzgrenze unter Begründung einfach größer zu machen? Ob meine Begründung der ursprünglich errechnete Geburtstermin laut Mutter-Kind-Pass vor 6 Jahren ist, oder meine Begründung dass mein Kind die feinmotorischen Fähigkeiten noch nicht hat, dürfte doch keinen Unterschied machen?

 

Das mit der Vorschule funktioniert nicht, so wie die Politik sich das denkt, mit jeder darf 5 Jahre für die Volksschule brauchen. Laut Bericht Kleine Zeitung vom 20.3. d.J. wird das ja sogar für die Frühchen als Argument genommen, dass vor allem im ländlichen Raum die Schulen für Vorschulklassen nicht eingerichtet sind. Unser Kind wäre definitiv unter permanentem Stress und Druck und Frust, würden wir es im Herbst in die Vorschulklasse geben. Unser Kind braucht genau noch ein weiteres Jahr Kindergarten, in dem es spielerisch und behutsam lernt und auch lernt durch Gleichaltrige mit seinen Defiziten umzugehen, ohne sich permanent schlecht zu fühlen.

 

Was will die Politik? Ist da etwa eine Lobby dahinter, dass man Vorschulkindern bereits Psychopharmaka verschreiben soll, da sie diesem Druck und Stresspegel nicht fähig sind standzuhalten? Man darf sich über die zunehmenden Nicht- bzw. Protestwähler nicht wundern. Liebes Familien- und Sozialressort, das ist im Ansatz endlich ein guter Weg, aber er ist nicht zu Ende gedacht und trifft Eltern, die ihrem einerseits sehr lernbegabten Kind nicht die Schule von Anfang an vermiesen wollen. Wir können Ihnen Geschichten aus unserer Umgebung erzählen, wie zu früh zwangseingeschulte Kinder (vor allem im August geborene Buben) im letzten Herbst zu Bettnässern und verhaltensgestörten tieftraurigen Kindern wurden, weil sie in der Schule gemobbt wurden, weil es einfach 1 Jahr zu früh war.

 

Was sollen wir nun machen? Unser ganzes Jahr umplanen und Hausunterricht geben? Zu unserem Frauenarzt gehen und ihn bitten, uns einen neuen Mutter-Kind-Pass 6 Jahre rückdatiert auszustellen? Unser Kind wird im kommenden Herbst nicht in die Schule und nicht in die Vorschule gehen. Wir bitten und flehen, dass er noch ein weiteres Jahr im Privatkindergarten bleiben darf, was für ihn und seine Entwicklung essentiell wichtig ist.

 

Wie wäre es damit, die im Schulautonomie-Paket der Regierung verankerte Nebenbestimmung für alle wie folgt zu erweitern: Frühchen dürfen ohne Angabe von Gründen nur durch Vorlage des Mutter-Kind-Passes automatisch ein weiteres Jahr im Kindergarten bleiben. Alle anderen schulpflichtigen Kinder dürfen unter Begründung (z.B. mit Beleg dass bereits 1-2 Jahre Therapie zur Behebung des Defizit gemacht wird) ein Freijahr nehmen, müssen noch nicht in die Schule, dürfen im Kindergarten bleiben, ABER die Kosten für den Kindergarten sind vollständig von den Eltern zu tragen. In Österreich hat jeder erwachsene Mensch die Möglichkeit für ein Freijahr (Karenz oder auch angestellt, im Freijahr bekommt man kein Geld und hat alles selbst zu zahlen). Weshalb geht das für Kinder nicht auch?

 

Dies unser Anliegen, unsere Bitte, unsere Hoffnung, unser Flehen … im Namen vieler Eltern, vieler SchulleiterInnen, LehrerInnen, KindergartenleiterInnen … und vor allem im Namen der schulpflichtigen aber noch nicht schulreifen Kinder. Bitte bitte … das muss Gehör finden und erleichtern Sie bitte das Gesetz für alle soeben genannten, die für die Kinder – unsere Zukunft – das Beste möchten.

 

Wir danken für die Aufmerksamkeit und die Zeit, sich dem anzunehmen und hoffen so sehr, dass man die Nebenbestimmung in den nächsten Tagen noch erweitern kann.

 

 

Hochachtungsvoll

 

Fam. Michaela Eberhard-Prattes