Dipl.Ing. Iris Jäger
Furterzaunweg 8/7
6020 Innsbruck
An
die Begutachtungsstellen des
Bundesministeriums für Bildung
sowie die Abgeordneten des Nationalrats
Per E-Mail an begutachtung@bmb.gv.at
sowie an begutachtungsverfahren@parlament.gv.at
Innsbruck, im April 2017
Betrifft: Schulreformgesetzesentwurf
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich appelliere an Sie, dass die Rechte von Kindern mit einer intellektuellen Beeinträchtigung im Rahmen des Schulreformgesetzes 2017 beachtet und erweitert werden.
Meine konkreten Anliegen sind:
· Recht auf Schule bis 25
Ein junger Mensch mit einer intellektuellen Beeinträchtigung (IB) ist im Alter von 14-15 Jahren meist noch nicht reif für den Einstieg in den Arbeitsprozess, da das Entwicklungsalter von 14 Jahren oft erst um mehrere Jahre verzögert erreicht wird. Daher fordern wir einen Rechtsanspruch auf Schulbesuch bis zum 25. Lebensjahr!
Anm.: Je nach intellektuellen Fähigkeiten kann dies auch den Besuch von AHS-Schulen betreffen. Grundsätzlich sollte das Recht auf Schulbesuch für alle Jugendlichen verlängert werden. Die zusätzlichen Schuljahre können die späteren Chancen am Arbeitsmarkt deutlich erhöhen.
· Wahlrecht für ein zusätzliches Kindergartenjahr
Ein Kind mit
einer intellektuellen Beeinträchtigung (IB) wird bereits beim
Schuleintritt häufig völlig überfordert, wenn das
Entwicklungsalter noch Jahre darunter liegt. Deshalb fordern wir:
Gesetzlicher Anspruch für ein zusätzliches Jahr im Kindergarten
adäquat zum verpflichtenden letzten Kindergartenjahr ohne Reduktion des
Anspruchs auf Schuljahre. Anm.: Wenn für "sommergeborene
Frühchen" eine flexible Lösung angeboten wird, dann fordern wir
auch für Kinder mit einer IB eine entwicklungspassende Regelung.
· Recht auf inklusive Nachmittagsbetreuung in der Sekundarstufe
Das Schulpaket soll um ein gesetzlich verankertes und durchsetzbares Recht auf Nachmittags- und Ferienbetreuung erweitert werden. Jedes Kind soll am Schulstandort auch am Nachmittag einen Platz bekommen, der dem Grundsatz von Inklusion entspricht. Entsprechende Rahmenbedingungen müssen bereitgestellt werden, um eine inklusive Haltung aller Beteiligten zu ermöglichen.
· Inklusion braucht mehr Ressourcen
Vor allem im städtischen Bereich gibt es derzeit enorme zusätzliche Belastungen für Lehrerinnen und Lehrer (Stichwort: Flüchtlingskinder). Das längst beschlossene Konzept zur Inklusion kann nur gelingen, wenn es in den Regelklassen mehr Ressourcen für die Betreuung von Kindern mit einer IB gibt. Der Anspruch von ca. 5h Förderung /pro Kind pro Woche ist (wohl für alle nachvollziehbar) viel zu gering. Es werden dringend mehr bezahlte Fachkräfte gebraucht!
· Inklusion Schulautonomie nicht zu Lasten der Kinder mit Behinderungen
Die organisatorische Neustrukturierung in Form von Bildungsdirektionen darf nicht dazu führen, dass Kinder mit Behinderungen an den Rand gedrängt werden. Es muss gewährleistet sein, dass die Bildungsdirektionen weiterhin solche Schulplätze ermöglichen, die von den Eltern - nach entsprechender Beratung - beantragt werden. Es darf nicht der Fall eintreten, dass die Eltern künftig als Bittsteller selber von einer autonomen Schule zur nächsten autonomen Schule weitergeschickt werden. Die Eltern brauchen eine klardefinierte zentrale Kontaktstelle, die bei der Schulauswahl kompetent berät und danach auch den Schulplatz sicherstellen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Iris Jäger