Einspruch gegen die aktuelle Gesetzesvorlage

 „Beibehaltung des §27a / derzeitiges Schulorganisationsgesetz“

  

Es ist erstaunlich und erschreckend zugleich, dass eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen in jedem schulischen Reformierungsprozess so konsequent ignoriert bzw. vernachlässigt wird, wie die Schülerinnen und Schüler mit Verhaltensbehinderungen / Verhaltensstörungen / besonderen Erziehungsbedürfnissen / mit emotionalen und sozialen Entwicklungsbedarf. – Egal wie sie genannt werden, es handelt sich um jene Kinder und Jugendlichen, die sich in größter Not befinden und dies  durch ihr Verhalten zum Ausdruck bringen. Wir sprechen von jener Schüler/innen-Gruppe, die laut Studien als größte schulische Belastungsfaktoren für Lehrer/innen und Mitschüler/innen genannt werden.

 

Alle diese Kinder und Jugendliche befinden sich ursprünglich in inklusiven Beschulungssettings. Ihr emotionaler und/oder sozialer Ausnahmezustand, der oftmals durch medizinische, psychologische und psychiatrische Diagnosen verifiziert ist, erfordert jedoch eine sehr spezielle pädagogische Betreuung, die ohne zusätzliche zeitliche, räumliche und personelle Ressourcen nicht oder nur unzureichend erfolgen kann. 

 

Es ist derzeit die Aufgabe und die Verantwortung von Fachzentren wie Sonder(erziehungs)-schulen mit hochqualifizierten Lehrpersonen – in unserem Falle das ZIS der VS und NMS Ellen-Key-Schule Graz - diese Schülerinnengruppe professionell zu versorgen.

 

Es braucht Einrichtungen, die die regionalen Bedürfnisse kennen und rasch und flexibel auf diese reagieren können. Es braucht die Direktorinnen und Direktoren von regionalen Kompetenzzentren, die in direkter Kommunikation mit den Leiterinnen der Schulen stehen, um die Bedürfnisse dieser Kinder zu erfassen und ein situationsadäquates Angebot stellen zu können. Einige dieser Schülerinnen und Schüler brauchen einen temporären Schonraum in dem sie sich emotional stabilisieren und ihre sozialen Kompetenzen erweitern können, um wieder in inklusive Settings zurückkehren zu können, andere brauchen eine intensive verhaltenspädagogische Unterstützung vor Ort um in ihren Klassen bleiben zu können.

 

Das Angebot des ZIS der VS und NMS Ellen-Key Schule wird ständig in Schulentwicklungs-prozessen und Qualitätszirkeln an die pädagogischen Erfordernisse angepasst und erweitert. Alle unterrichtenden Lehrpersonen der Ellen-Key-Schule verfügen über verhaltenspäda-gogische und/oder therapeutisch-beraterische Zusatzqualifikationen. Zur Zeit bietet die Ellen-Key-Schule:

Flexible ambulante/vor Ort- Unterstützung:

§  BeratungslehrerInnen, die Schulen ständig begleiten

§  BeratungslehrerInnen-Teams, die für Kriseneinsätze kurzfristig zur Verfügung stehen

§  Verhaltenspädagogische Intensivbetreuung durch BL

§  „Gewalt-Teams“, die bei hocheskalierten Gewaltanwendungen rasch Unterstützung bieten und die Arbeit mit den „Tätern“ übernehmen


 

Temporäre stationäre/ausgelagerte Angebote:

§  Clearing-Gruppe

§  Förderklassen für alle Schultypen - stufenübergreifend

§  Unterricht für inhaftierte Schüler in der Jugendstrafanstalt

 

Um eine verantwortungsbewusste ambulante und integrative/inklusive Versorgung von Kindern und Jugendlichen in emotionalen und sozialen Notsituationen weiterhin garantieren zu können, braucht es im Speziellen für die Bildungsregion Steirischer Zentralraum ein regionales Fachzentrum, das von einer zentralistisch geführten Stabsstelle nicht ersetzt werden kann.

 

Wir, die Grazer Beratungslehrerinnen und Beratungslehrer, sind uns bewusst, dass Veränderungen im System Schule dringend erforderlich sind und begrüßen derartige Initiativen. Wir wollen aber auch sicher gestellt wissen, dass Schülerinnen und Schüler mit massiven Verhaltensproblemen im Erneuerungsprozess der pädagogischen Landschaft entsprechend berücksichtigt und weiterhin professionell versorgt werden. Die Inklusion von Schülerinnen und Schüler mit schweren Verhaltensstörungen ist nicht vergleichbar mit der von anderen Behinderungsformen. Eine bundesweite Koordination von pädagogischen Qualitätsstandards und Konzepten im Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit emotionalen und sozialen Entwicklungsstörungen ist wünschenswert.

 

Daher fordern wir eine Adaptierung der vorliegenden Gesetzesnovelle und die vorläufige Beibehaltung des §27a / derzeitiges Schulorganisationsgesetz. Für eine weitere Konzeptentwicklung  bzw. Gesetzesvorlage wünschen wir die Einbindung von verhaltenspädagogischen Spezialist/innen, die in der ministeriellen Plattform der BBP – Beratungs- und Betreuungslehrer/innen und Psychagoginnen und Psychagogen – zu finden sind.

 

Die Unterzeichneten schließen sich außerdem vollinhaltlich der Petition der Wiener Schulaufsicht des 17. und 18. Inspektionsbezirkes  Herrn LSI Mag. Dr. Rupert Corazza, und Frau PSI Gudrun Schützelhofer an.

Für das Team der Grazer Beratungslehrerinnen und Beratungslehrer:

 

Ackermann Gisela

Brugner-Ayadi Lisbeth

Fleischhacker-Diernberger Sigrid, Bed MSc

Geishofer-Binder Ulrike

Grassl Erich, Mag.

Groß Gerhild, BEd

Harb-Kekatou Stamatina

Haßler Lisbeth

Kaltenböck Andreas

Katous-Brodatsch Gabriele, Mag.

Koller Maria

Lenk Gernot

Mirzinger Christine, Mag.

Perscha Ursula, BEd

Posch Oliver, BEd

Pregartbauer Gottfried, BEd

Rauch Bettina, Mag.

Schafzahl Gisela

Steinscherer-Silly Barbara, BEd MSc

 

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