Sehr geehrte Damen und Herren,

Mein Name ist Ilse Liszt. Ich bin seit 35 Jahren in Wien als Sonderpädagogin tätig, einige Jahre arbeitete ich an diversen Sonderschulen, dann viele Jahre in Integrationsklassen, nun bin ich als Stützlehrerin in zwei Volksschulen tätig.

Mit großer Bestürzung und Sorge nehme ich das Vorhaben zur Kenntnis, im Rahmen der Bildungsreform, die Zentren für Inklusion und Sonderpädagogik (ZIS) aufzulösen.

In den vergangenen drei Jahrzehnten konnten sich durch den Einsatz vieler sehr engagierter Menschen aus den Sonderschulen Zentren entwickeln, die mittlerweile ein vielschichtiges, inklusiv arbeitendes, sehr kompetentes Netzwerk bilden. Hier findet sowohl Fortbildung, als auch Erfahrungsaustausch und Beratung in den unterschiedlichsten Settings statt. Sie sind Anlaufstelle sowohl für Lehrerinnen als auch für Eltern. Die Zentren bilden eine, für mich nicht mehr wegzudenkende, Struktur auf dem Weg zur „Inklusiven Schule“. Inklusive Pädagogik bedeutet für mich, dass allen Kindern die gleichen Chancen auf Bildung gegeben werden. Man muss für Kinder mit besonderen Bedürfnissen auch besondere Ressourcen bereitstellen. Für manche Kinder wird es auch weiterhin notwendig sein, einen besonderen Schulplatz zur Verfügung zu haben. Nur durch die Beseitigung des Wortes „Sonderpädagogik“ kann man die Probleme und Fragestellungen nicht zum Verschwinden bringen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Schließen der ZIS eine gut überlegte, pädagogisch durchdachte Entscheidung ist. Viel mehr sieht es so aus, als wäre diese Entscheidung Resultat von Einsparungsüberlegungen. Das wäre  verantwortungslos und kurzsichtig. Um ein inklusives Schulsystem aus- und aufzubauen, brauchen wir ein gut funktionierendes Unterstützungssystem, das in eine Struktur eingebunden ist, in der Erfahrungsaustausch und Vernetzung weiterhin möglich bleiben.

Es wäre wichtig, zu überlegen, wie und wohin sich unsere Gesellschaft entwickeln soll. Die Schule trägt eine sehr große Verantwortung.

Ich bitte sie dringend, im Sinne der Kinder und unserer Gesellschaft von einer Auflösung der Zentren für Inklusion und Sonderpädagogik Abstand zu nehmen!

Mit freundlichen Grüßen

Dipl. Päd.Ilse Liszt

 

 

 

 

 

 

Wien, 20.4.2017