Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich bin Lehrerin an einer AHS und Mutter zweier Kinder, eines davon geht noch
in die Volksschule, in eine reformpädagogische Mehrstufenklasse.
Sowohl als Mutter als auch als Lehrerin bin ich sehr besorgt über die
geplanten Änderungen im Bildungsbereich, die in erster Linie eine
Verwaltungsreform bedeuten, pädagogisch jedoch sehr hinterfragenswert
sind.
So klingt es beispielsweise sehr gut, von Inklusion zu sprechen.
Natürlich sollen Kinder mit besonderen Bedürfnissen in einem
möglichst normalen Umfeld aufwachsen. Was man dabei aber nicht beachtet
ist die Tatsache, dass Schulen dafür nicht vorbereitet und LehrerInnen
dafür nicht ausgebildet sind. Wir unterrichten in der AHS beispielsweise
wieder in Klassen mit 29 SchülerInnen, 1 Lehrer ist für alle
zuständig, soll individualisieren, differenzieren und natürlich auch
für Kinder da sein, die besondere Bedürfnisse haben. Das können
wir nicht leisten - und es werden alle darunter leiden. Die Kinder sowieso und
auch LehrerInnen, die diesen vielen Ansprüchen gerne gerecht werden
wollen.
Ich habe das Gefühl, dass uns über die Jahre immer mehr zugemutet und
drübergestülpt wird. Die Überschriften klingen meist gut, in der
Praxis ist vieles schlichtweg nicht durchführbar.
Mir tun beeinträchtigte Kinder leid, die nun normal funktionieren
müssen, weil ihnen keine Sonderbehandlung mehr zugestanden wird.
Was die Mehrstufenklasse meines Sohnes betrifft, bin ich ebenfalls sehr
besorgt. In Mehrstufenklassen arbeiten traditionell LehrerInnen mit
zusätzlich reformpädagogischer Ausbildung. Um die Mehrstufigkeit in
der Praxis lebbar zu machen, braucht es mehr Lehrerstunden als in
altershomogenen Klassen. Bisher waren diese Mehrstunden garantiert. Nun bleibt
es DirektorInnen überlassen, wo sie einsparen. Einerseits bringt man damit
LehrerInnen am Schulstandort gegeneinander auf und zudem ist ja nicht gesagt,
dass ein Direktor sicher hinter einem Projekt steht, auch wenn es seit Jahren
erfolgreich ist. DirektorInnen können sich in Hinkunft die LehrerInnen
aussuchen, LehrerInnen ihren Direktor/ ihre Direktorin aber nicht.
Und als letzten Punkt möchte ich noch die Clusterbildung ansprechen,
die pädagogisch absolut sinnlos ist. Schule wird immer mehr zu einem
Managementunternehmen und immer weniger zu einer pädagigischen
Angelegenheit.
Ich halte vieles für sehr überdenkenswert und fände es
schön, wenn wir LehrerInnen in solche Entscheidungsprozesse viel mehr
eingebunden wären.
Wir haben schon lange das Gefühl, dass über unsere Köpfe hinweg
entschieden wird und vieles am Schreibtisch Überlegte erweist sich in der
Praxis als nicht machbar.
Ich fordere Sie deshalb auf, die Begutachtungsfrist zu verlängern
LehrerInnen stärker in die Entscheidungsprozesse einzubinden.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Fößl