Sehr geehrte Damen und Herren,

 

leider muss ich mich nach über 20 Dienstjahren wieder dem Verdruss hingeben, dass es bei dieser sogenannten „Bildungsreform“ ausschließlich um Umstrukturierung und Einsparungen geht und wie schon so oft - oder lassen Sie es mich genauer formulieren – wie immer das geplante Konzept komplett an den wichtigsten Menschen vorbeischrammt: unsere Kinder

Die Entwicklung unseres Schulsystems stimmt mich mehr als traurig und da ich in Wien als Sprachheilpädagogin mobil tätig bin, habe ich viele Einblicke in viele verschiedenen Schulen und Klassen. Nach all den Jahren kann ich immer noch feststellen, dass hervorragende PädagogInnen im Grundschulbereich arbeiten und mit enormen Engagement und Motivation Kinder auf ihrem Bildungsweg begleiten.

 

Leider sehe ich aber auch viele Kinder, die diesem Schulsystem nicht mehr gewachsen sind und ihm nicht mehr standhalten können.

Heutzutage Schulkind zu sein, bedeutet zu viele Erwartungen erfüllen zu müssen, zu viel Druck aushalten zu müssen und zu viele Bedürfnisse zurückstecken zu müssen, weil wir Erwachsenen uns einbilden, Kinder in Massen inklusiv den ganzen Tag in ein und das selbe Gebäude zu stecken.

Es ist absolut die falsche Entwicklung und entspricht keinem kindgerechten Dasein. Wir Erwachsene wollen es uns schön reden und uns einreden, dass es richtig und gut ist.

Wenn wir aber alle einmal ganz ehrlich zu uns sind, muss doch klar sein, dass wir uns am falschen Weg befinden, irgendwo falsch abgebogen sind und uns diese Bildungsreform in eine Sackgasse führen wird. Alleine unsere Kinder sind die Leittragenden und das kann es doch wirklich nicht sein!!!

 

Diese Bildungsreform stellt eine Strukturreform dar, die aufgrund der Auflösung der ZIS-Standorte, den Verlust von fachlich hoch kompetenten, bewährten  und dringend benötigten pädagogisch unverzichtbaren Betreuungsstrukturen für SchülerInnen mit erhöhtem Förderbedarf.

Das bedeutet den Verlust von hoch kompetenten dringend notwendigen und bewährten Supportsystemen auch für ALLE Regelschulkinder in Wien in den folgenden Jahren!

 

Alle ambulanten LehrerInnen, wie Sonderpädagogische Beraterinnen und Berater, Psychagoginnen und Psychagogen, Beratungslehrerinnen und –lehrer, Sprachheillehrerinnen und -lehrer, Heilstättenlehrerinnen und  -lehrer, Intensivpädagoginnen und –pädagogen, Autistenmentorinnen und –mentoren,  Stützlehrerinnen und –lehrer, mobile Lehrerinnen und Lehrer für sinnes- und körperbehinderte Kinder sind davon gefährdet.

Es werden 78 % aller SchülerInnen inklusiv betreut!

 


 

Es bedeutet für die Wiener Sprachheilschule mit jährlich rund 4500 ambulant, inklusiv und niederschwellig betreuten SchülerInnen die Ausdünnung der fachlichen Kompetenzen, damit eine Gefährdung des Schriftspracherwerbs, daraus resultierende Dauerdefizite und damit eine Bildungspolitik 2. Klasse !

 

Eine kurzsichtige, nur auf Kostenneutralität hin ausgerichtete Bildungspolitik führt zur Notwendigkeit (lebens)langer Unterstützungsmaßnahmen für beeinträchtigte Menschen. Diese Kosten werden die jetzt eingesparten Beträge bei weitem übersteigen.

 

Hochachtungsvoll und mit freundlichen Grüßen

Maria Steiner

 

 

Wien, 20. April 2017