Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Mit der Bitte um Beachtung übermittle ich beiliegende persönliche Stellungnahme. Mit einer Veröffentlichung zeige ich mich einverstanden.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Alexandra Erber

 

 

 

STELLUNGNAHME zum Bildungsreformgesetz 2017

 

Änderung Schulzeitgesetz:

10. § 5 Abs.  „(6) An ganztägigen Schulformen ist der Betreuungsteil bzw. der Unterrichts- und Betreuungsteil an allen Schultagen mit Ausnahme des Samstags bis mindestens 16.00 Uhr und längstens 18.00 Uhr anzubieten, wobei Unterrichts- und Lernzeiten nur bis 16.00 Uhr und am Freitag sowie an einem weiteren Tag, den der Schulleiter oder die Schulleiterin schulautonom festzulegen hat, nur bis 13.00 Uhr vorgesehen sein dürfen. …“

§ 45 1 bis 6 SchUG: „Das Fernbleiben vom Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen ist nur zulässig .... wird ergänzt um Abs.7 lit c) auf Verlangen der Erziehungsberechtigten, wenn es sich um Randstunden handelt, die

Freizeitstunden sind.“

Diese Veränderung erzwingt eine Konzentration der möglichen Freizeitstunden auf zwei festgelegte Tage und bedingt im Gegenzug drei nahezu freizeitfreie, durchgehende und stark belastende Unterrichtstage. Das stellt eine deutliche Einschränkung der autonomen Gestaltungsmöglichkeiten dar und führt zu einer zwingend qualitativen Verschlechterung.

Der qualitätsvolle Wechsel von Unterricht und Freizeit über eine Schulwoche hinweg und die Möglichkeit, situationsgerecht auf die Bedürfnisse der SchülerInnen reagieren zu können, ist nicht mehr gegeben. Zahlreiche Lehrausgänge, Schulveranstaltungen, sportliche, musikalische und kreative Unternehmungen können nicht mehr im Klassenverband wahrgenommen werden, Klassenschwerpunkte gehen verloren, Interessen- und Begabungsförderung bleiben auf der Strecke. Genau das macht die überprüfte Qualität der ganztägigen Schulformen aus.
Damit geht vorhandene Schulautonomie zu hundert Prozent verloren. Die Konzentration von Unterricht und Lernzeit auf drei ganze Tage widerspricht zudem den Anforderungen des Betreuungsplans des BMB (Veröffentlichung: Oktober 2016!).

Echte Autonomie bedeutet: jeder ganztägige Schulstandort entscheidet AUTONOM über die Einteilung von Unterricht, Lernzeiten und Freizeitstunden

 

Schulversuche:

Freiheit zu pädagogischer Gestaltung ist nun zwar schulautonom leichter möglich jedoch ohne zusätzliche Ressourcen. Eine ministerielle Anordnung von Schulversuchen entspricht in keiner Form der Autonomie und vermittelt den Eindruck, dass Schulen nicht eigenständig in der Lage sind, Schulversuche zu tätigen.

Echte Autonomie bedeutet: Schulversuche entstehen an den Schulstandorten, entsprechend deren Bedarf vorhandenen individuellen Bedingungen und natürlich benötigen Schulversuche auch häufig zusätzliche Ressourcen.

 

Sonderpädagogik

Zu Z 29 (II. Hauptstück Teil A Z 3 lit. c, § 27a – Zentrum für Inklusiv- und Sonderpädagogik):

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf sollen die Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik aufgelöst und deren Aufgaben unmittelbar von den Bildungsdirektionen wahrgenommen werden. Der sonderpädagogische Förderbedarf soll abgeschafft werden. Das bewährte System unter Einbindung des schulpsychologischen Dienstes und der Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik, Kindern mit besonderen Bedürfnissen Unterstützung angedeihen zu lassen, wird nicht mehr existieren.
Es wird ein qualitiativ hochwertiges Supportssytem abgeschafft und hoch qualifizierte SonderpädagogInnen sollen durch billige Assistenzkräfte („Hilfslehrer“) ersetzt werden. Sowohl Erziehungsberechtigte, als auch LehrerInnen und SchulleiterInnen verlieren dadurch ihre fachlich hochkompetenten AnsprechpartnerInnen in der Region. Leidtragende sind Kinder mit besonderen Bedürfnissen, da die derzeit individuell abgestimmte Beschulung und Betreuung verloren gehen.

Echte Autonomie bedeutet: SchülerInnen mit besonderen Bedürfnissen können an JEDER Schule ihrer Wahl mit ausreichend fachlich höchstkompetenter Unterstützung garantiert rechnen, um ihre Schulzeit bestmöglich zu absolvieren – dafür braucht es MEHR sonderpädagogische Ressourcen als bisher, MEHR mobile Fachkräfte, MEHR püersoneller Unterstützungen für ZIS – KEINE Abschaffungen!

 

Ressourcenzuteilung:

Die Zuteilung von LehrerInnenstunden für Zusatzangebote sind in der Gesetzesvorlage auf die Zahl der SchülerInnen, das Bildungsangebot, den sozio-ökonomischen Hintergrund, den Förderbedarf, den Gebrauch der Bildungssprache und die regionalen Bedürfnisse beschränkt. Dafür bedarf es einer klaren, transparenten Definition.

Echte Autonomie benötigt:  Ressourcenzuteilung sowohl nach den individuellen Bedürfnissen der SchülerInnen, nach der Anzahl der Klassen (Kleinstklassen, basale Klassen, Förderklassen, …), nach gelebten Projekten am Schulstandort gewährleistet sein muss. Die Ressourcenzuteilung ausschließlich nach der Anzahl der SchülerInnen entspricht nicht den vielen individuellen Bedürfnissen der Kinder.

 

Schulcluster, Schulleitung

Durch Einsparung von SchulleiterInnen administrative Hilfskräfte zu finanzieren bedeutet eine klare Abwertung der geleisteten LeiterInnentätigkeiten. Die Arbeit von SchulleiterInnen ist durch administrative Hilfskräfte nicht zu ersetzen.

Die geplanten Aufgaben der Bereichsleitung reichen bei weitem nicht aus, um den täglichen Anforderungen an einem Schulstandort gerecht zu werden. Die im Alltag tatsächlich anfallenden Aufgaben in wenigen Stunden pro Woche zu leisten, ist nicht möglich.

Der wichtigen Funktion der SchulleiterInnen als kompetente Entscheidungsträger vor Ort, als Ansprechpartner für Erziehungsberechtigte und SchülerInnen sowie als Support für Lehrkräfte ist dringend notwendig. Nur so kann Schulqualität weiter entwickelt werden.

Echte Schulautonomie benötigt:
Unterstützung durch professionelle administrative Hilfskräfte, damit sich SchulleiterInnen wieder vermehrt für fundamentale Aufgaben wie Schulentwicklung und Qualitätssicherung einsetzen können.

 

Eine Bildungsreform muss und soll bei unseren SchülerInnen landen!

MEHR Chancen für unsere SchülerInnen bedeuten MEHR Ressourcen für

-       Pädagogisches Unterstützungspersonal für Kinder mit besonderen Bedürfnissen

-       Mobile Supportsysteme für SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen

-       Administrative Unterstützung für LehrerInnen und LeiterInnen

-       KEINE EINSPARUNGEN BEI UNSEREN SCHÜLERINNEN

 

Schulautonomie bedeutet 

-       Entscheidungen am Schulstandort

-       werden von der Schulgemeinschaft im Schulforum

-       entsprechend den Bedürfnissen des Standortes

getroffen.