Sehr geehrte Damen und Herrn,

 

im Folgenden liegen kommentierte Auszüge aus dem Ministerialentwurf vor. Diese zeigen, dass es sich um keine Bildungsreform, sondern um eine Verwaltungsreform handelt. Es geht um Zahlen und Umbenennungen, aber nicht um eine Änderung im Bildungsbereich für die betroffenen Kinder und PädagogInnen.

 

299/ME XXV. GP - Ministerialentwurf - Vorblatt und Wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Verfassung und Behördenorganisation

Schulrecht

Lehrpersonen-Dienst- und Besoldungsrecht

Einbringende Stelle: Bundeskanzleramt Bundesministerium für Bildung

Vorhabensart: Bundesgesetz

Laufendes Finanzjahr:

2017 Inkrafttreten

Wirksamwerden: 2017 

 

Wirkungsorientierte Folgenabschätzung

BÜNDELUNG

Bildungsreformpaket 2017

 

Ziel 1: Autonome Schulen 

Beschreibung des Ziels: Entscheidungen, die die Organisation des Unterrichts betreffen, werden flexibel vor Ort an der Schule getroffen und die persönlichen und fachlichen Qualifikationen des Lehrpersonals entsprechen den spezifischen Anforderungen der konkreten Schule. Damit kann die Schule in unterschiedlichen Lernsettings dem individuellen Bedarf sowie den individuellen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler besser entsprechen. Sie fördert einerseits deren Begabungen und Interessen und bereitet sie andererseits auf tertiäre Bildungswege und die Berufswelt vor. Insofern wird die Schule auch dem Bedarf der Wirtschaft nach qualifizierten Arbeitskräften gerecht. Zudem nimmt die Schule auf die Bedürfnisse der Erziehungsberechtigten und spezifische regionale Bedürfnisse Rücksicht.  

ð  Flexible und rasche Entscheidungen vor Ort sind bei Clustern nicht möglich. Im Unterrichtsalltag ist Flexibilität bisher möglich, da die Leitung vor Ort ist und die Gegebenheiten und beteiligten Menschen kennt.

Maßnahme 2: Schulautonome Personalauswahl und -entwicklung Beschreibung der Maßnahme: Die Schulleitung kann selbst die, nach ihren persönlichen und fachlichen Qualifikationen, für den konkreten Standort bestgeeignetsten Bewerberinnen und Bewerber aussuchen. Um den Herausforderungen der erweiterten Autonomie gerecht zu werden, wird auch die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte sowie die Personalentwicklung in den Verantwortungsbereich der Schulen gelegt. 

Maßnahme 3: Pädagogisches und administratives Assistenzpersonal Beschreibung der Maßnahme: Autonome Schulen brauchen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben administratives Unterstützungspersonal. Zu diesem Zweck wird in Schulclustern ein Teil der Einrechnungen, die für die Schulleiter vorgesehen sind, in Verwaltungspersonal umgewandelt. An elementarpädagogischen Bildungseinrichtungen besteht auch Bedarf an pädagogischem Assistenzpersonal, für das es bisher noch keine einheitliche schulische Ausbildung gibt. Mit der Schaffung einer Fachschule für pädagogische Assistenzberufe wird genau diese Lücke geschlossen.

ð  3-jährige Ausbildung nach dem Pflichtschulabschluss mit folgenden Inhalten: pädagogischgeisteswissenschaftlichen, didaktischen, fachtheoretischen, musisch-kreativen, bewegungserziehlichen, praktischen, administrativen sowie rechts- und berufskundlichen Pflichtgegenstände sowie Praktika vorzusehen

Diese breit und kurz ausgebildeten Personen sind überall einsetzbar und kosten wenig! Eine Sparmaßnahme und keine Förderung der Bildung.

 

Ziel 2: Adäquate schulische Verwaltungseinheiten (Schulcluster) 

Beschreibung des Ziels: Die Schule vor Ort ist in Verwaltungseinheiten organisiert, die von ihrer Struktur und Ausstattung den Herausforderungen der erweiterten Schulautonomie gewachsen sind. An diesen Verwaltungseinheiten werden Bildungsangebote vernetzt, Managementkompetenz aufgebaut, Synergien genutzt und das Potenzial der erweiterten Schulautonomie voll ausgeschöpft.

ð  Klingt gut, aber fördern diese Maßnahmen tatsächlich die Bildung der Kinder und Jugendlichen?

Maßnahme 4: Schulcluster Beschreibung der Maßnahme: Autonome Schulen brauchen eine gewisse Größe, um die Herausforderungen der Autonomie erfolgreich zu meistern. Zur Umsetzung müssen für jede Einheit Entwicklungskonzepte erstellt werden und die entsprechenden personellen und räumlichen Ressourcen vorhanden sein. Mehrere Schulen können daher unter einer Leitung zu einem Schulcluster zusammengeschlossen werden. Die Schulcluster-Leitung wird selbst festlegen, welches pädagogisch-administrative Assistenzpersonal im Rahmen der vorhandenen Ressourcen eingesetzt wird.

ð  In Clustern wird das Assistenzpersonal vorwiegend im administrativen Bereich benötigt werden. Die pädagogische Assistenz wird in der Inklusion vermutlich verschwindend klein bleiben.

 

Ziel 3: Qualifizierung und Objektivierung bei Leitungsfunktionen im Bildungsbereich 

Beschreibung des Ziels: Die Leiterinnen und Leiter von Schulen und Schulclustern sowie die Bediensteten der Schulaufsicht weisen österreichweit die selben objektiv feststellbaren Qualifikationen auf. Damit ist sichergestellt, dass die für eine qualitätsvolle Schule erforderliche Fachkompetenz in pädagogischen und administrativen Angelegenheiten auf allen Ebenen vorhanden ist und damit die Ziele der österreichischen Schule bestmöglich verfolgt werden. 

ð  Ist bei Clustern mit über 1000 SchülerInnen aus unterschiedlichen Schultypen nicht möglich

Maßnahme 5: Qualifizierung der Schulleiterinnen und Schulleiter sowie Objektivierung von Auswahlverfahren Beschreibung der Maßnahme: Eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der erweiterten Schulautonomie kommt der Schul- oder Schulclusterleitung zu. Um die dafür erforderliche Managementkompetenz sicherzustellen, und Gewähr für die objektive Wahrnehmung der damit verbundenen Pflichten und die Übernahme von Verantwortlichkeit zu leisten, wird besonderes Augenmerk auf die Qualifizierung der Schul- und SchulclusterleiterInnen und die Objektivierung ihrer Auswahl in einem bundesweit einheitlichen Verfahren gelegt. Das Auswahlverfahren für Bedienstete der Schulaufsicht wird einheitlich geregelt.

ð  Ein Clusterleiter managt Kinder und PädagogInnen, damit die Zahlen stimmen. Pädagogische Kompetenz kommt nicht vor.

 

Ziel 4: Effektive und effiziente Bildungsbehörden 

Beschreibung des Ziels: Die Bildungsbehörden unterstützen die Schule bestmöglich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Die Zuständigkeiten sind klar geregelt, sodass die erforderlichen Entscheidungen rasch getroffen werden und den Bedürfnissen der autonomen Schulen Rechnung getragen wird. Bildungsagenden in jedem Bundesland werden gesamthaft wahrgenommen.

Maßnahme 6: Schulbehörden Beschreibung der Maßnahme: Autonome Schulen brauchen rasche, kompetente und zielorientierte Unterstützung in pädagogischen, personellen, rechtlichen und administrativen Belangen. In jedem Bundesland wird es daher nur noch eine Schulbehörde geben. Die Bildungsdirektion wird als gemeinsame Bund-Länder-Behörde ein Kompetenzzentrum in Bildungsfragen darstellen. Auch die Verwaltung des, wie schon derzeit an Neuen Mittelschulen verschränkt eingesetzten, Bundes- und Landeslehrpersonals wird von dieser in einem einheitlichen Besoldungssystem wahrgenommen. Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bundes- und Landesbehörden sind damit bei Wahrung der verfassungsmäßigen Zuständigkeiten von vorne herein ausgeschlossen. Zudem besteht die Möglichkeit, weitere bildungsrelevante Landesagenden in der Vollziehung der Bildungsdirektion zu übertragen. Im Rahmen dieser Kompetenzbündelung werden auch die Koordinations- und Unterstützungsaufgaben im Bereich der Inklusiv- und Sonderpädagogik von der Bildungsdirektion wahrgenommen. 

ð  War das bisher nicht notwendig? Dann ist es kein Wunder, wenn Schule nicht funktionieren konnte. Und woher kommt nun plötzlich das hervorragende Personal und die hervorragende Verwaltung?

ð  LÜGE: In der NMS wird nicht einheitlich besoldet. BundeslehrerInnen bekommen ein höheres Gehalt (altes und neues Dienstrecht) und haben weniger Unterrichtsverpflichtung (im alten Dienstrecht)

Maßnahme 7: Bildungscontrolling Beschreibung der Maßnahme: Autonome Schulen brauchen Qualitäts- und Ressourcenmanagement. Ausgangspunkt ist eine einheitliche Definition von Schulqualität, in die sowohl interne als auch externe Faktoren miteinbezogen werden. Eine institutionelle Verankerung erfolgt in einer Qualitätssicherungsstelle im BMB und der Schulaufsicht in den Bildungsdirektionen. Damit wird ein alle Ebenen der Schulverwaltung umfassendes Bildungscontrolling eingeführt, das das Qualitätsmanagement, bei dem auf bestehende Systeme der Qualitätssicherung sowohl in der Allgemein- als auch in der Berufsbildung aufbaut wird, und die Ressourcenbewirtschaftung an den Schulen beinhaltet. Dadurch wird ein Brückenschlag zwischen Personalmanagement und Pädagogik geschaffen, der eine bedarfsgerechte Ressourcenausstattung der Schulen sicherstellt. Es werden Kriterien für die Ressourcenzuteilung festgelegt, worunter auch der sozioökonomischen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler fällt, um daher rührende Unterschiede in den Startbedingungen für das Erreichen der Bildungsziele auszugleichen.

ð  Geht es hier wirklich um Bildung von Menschen?

ð  Wo ist hier ein Brückenschlag zur Pädagogik? Die Clusterleitung befindet sich an einem anderen Standort und kann unmöglich pädagogische Brücken zu bis 2500 Kindern und PädagogInnen schlagen. Menschen werden nach Zahlen gemanagt. Das soll die Bildung fördern?

 

Auswirkungen auf Kinder und Jugend 

Auswirkungen auf den Zugang von Kindern zu Bildung und das Erreichen eines Bildungsziels Autonome Schulen können besser auf die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingehen. Dieses Vorhaben zielt somit in seiner Gesamtheit darauf ab, durch schulorganisatorische Maßnahmen die Rahmenbedingungen für das Erreichen eines Bildungsziels für alle Schülerinnen und Schüler zu verbessern. 

ð  Pädagogische Assistenzen, Cluster mit unterschiedlichen Standorten, Inklusion aller Kinder kann nur zu einer Verschlechterung führen. Die zuständigen PädagogInnen werden noch weniger Zeit für das Arbeiten mit den ScvhülerInnen haben, dafür im Cluster planen und sichern und evaluieren und …

ð  In keinem Absatz der Reform ist erkennbar, dass auf die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler besser eingegangen werden könnte. Nur weil die Verwaltung umbenannt und umgebaut wird, wird auf die Bedürfnisse der Kinder sicherlich nicht eingegangen. Ganz im Gegenteil. Die Umstrukturierung ist teuer und das Geld fehlt vor Ort für die Schulen.

 

 

Finanzielle Auswirkungen werden in der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung in Tabellen über acht Seiten dargelegt – aber es wird von einer großen Bildungsreform gesprochen und nicht von Sparmaßnahmen.

 

Mit besten Grüßen,

Doris Gillinger, MA