An das

Bundesministerium für Bildung

begutachtung@bmb.gv.at

 

An das Österreichische Parlament

begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Persönliche STELLUNGNAHME zum Bildungsreformgesetz 2017

 

Mein Name ist Ingrid Chreiska. Ich unterrichte seit 39 Jahren im 22. Wiener Gemeindebezirk an der NMS Mira-Lobe-Weg 4. Die Schule befindet sich am Rande der Rennbahnweg Siedlung.

Seit 2014 bin ich die Vorsitzende des Dienststellenausschusses im 15.Inspektionsbezirk.

In meiner 39 Jährigen Tätigkeit konnte ich mit verfolgen wie sich die Arbeit eines Direktors für administrative Tätigkeiten verdreifacht hat. War früher genügend Zeit für Lehrer-Schüler-und Elternangelegenheiten, so ist dies heute nur mehr schwer möglich.

Ich habe selbst die Schule NMS Mira-Lobe-Weg interimsmäßig 1 ½ Jahre geleitet und habe daher Kenntnis über den hohen administrativen Aufwand. Umso mehr erstaunt es mich ,dass dies nun ein Bereichsleiter bei geringen Freistellungsstunden und Lehrverpflichtung schaffen soll laut

 

Artikel 16

Änderung des Schulunterrichtsgesetzes

 

Bereichsleiter, Bereichsleiterin

§ 55d.

Dem Bereichsleiter oder der Bereichsleiterin obliegt die Leitung des Bereichs nach Maßgabe der Vorgaben der Schulcluster-Leitung und die Wahrnehmung der im Organisationsplan übertragenen

Aufgaben im Schulcluster:

1. Pädagogischer Support (Ansprechpartner) für alle Schulpartner am Standort im akuten Krisenmanagement,

2. Mitarbeit im Qualitätsmanagement- und Qualitätssicherungs-Team des Clusters,

3. Diensteinteilung bei akuten Absenzen am Standort und

4. Einführung neuer Lehrpersonen in die verschiedenen Arbeitsbereiche

 

Dies ist in der Realität nicht umsetzbar, denn die Bereichsleitung an Schulstandorten soll neben der Unterrichtstätigkeit  administrative Tätigkeiten und Führungsaufgaben übernehmen. Die im Alltag tatsächlich anfallenden Aufgaben in wenigen Stunden pro Woche zu leisten, ist nicht möglich.

 Diese täglichen administrativen Tätigkeiten ergeben sich aus der LehrerInnen-und SchülerInnenverwaltung.

 

Der wichtigen Funktion der SchulleiterInnen als kompetente Entscheidungsträger vor Ort, als Ansprechpartner für Erziehungsberechtigte und SchülerInnen sowie als Support für Lehrkräfte wird im vorliegenden Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt.

 

Eine Erhaltung von SchulleiterInnen ist notwendig.

 

 

In meinen ersten Dienstjahren habe ich 32-34 Schülerinnen und Schüler pro Klasse unterrichtet und war sehr froh, dass das Land Wien in seinem Wr. Landesgesetz die Klassenschülerhöchstzahl auf 25 Schüler und Schülerinnen fest gesetzt hat .Ab diesem Zeitpunkt war der Weg frei vom Frontalunterricht zu modernen Unterrichtsmethoden, da mehr Bewegungsfreiheit zur Verfügung stand.

Die neue autonome Regelung macht mehr Schülerinnen und Schüler in einer Klasse möglich.

 

Artikel 9

Änderung des Schulorganisationsgesetzes

 

Klassenschülerzahl

§ 21h.

Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in einer Klasse einer Neuen Mittelschule ist vom Schulleiter oder von der Schulleiterin unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Pädagogik und der Sicherheit, auf die räumlichen Möglichkeiten, auf die mögliche Belastung der Lehrpersonen und nach

Maßgabe der der Schule gemäß § 8a Abs. 3 zugeteilten Lehrpersonalressourcen festzulegen. § 8a Abs. 2 ist anzuwenden.“

 

Auf Grund der fehlenden Lehrer und Lehrerinnen der kommenden Jahre (Ruhestandserklärungen , keine Abgänger aus den päd. Hochschulen für die Volkschule im Jahr 18/19 und die NMS im Jahr 19/20) wird sich logischerweise die Klassenschülerhöchstzahl in den Schulen autonom erhöhen.

 

Zurück zum Ursprung ist in diesem Fall negativ besetzt.

 

Mehr als 25 Schülerinnen und Schüler in einer Klasse  ist unzumutbar. Ein moderner Unterrichts ist durch mehr Tische und Sessel in einem Raum der Größe von ca.60 m² nicht mehr möglich.

Bei 30 Schülern pro Klasse hat jedes Kind einen Raum von 2 m² zur Verfügung.

 

Selbst Hühner in Bodenhaltung haben mehr Platz.

 

Eine vom Gesetz festgelegte  Beibehaltung der Klassenschülerhöchstzahl ist für eine moderne Pädagogik  dringend erforderlich.

 

Die Auflösung der ZIS ist  ein pädagogischer Rückschritt.

 Ich unterrichte seit Jahren in Integrationsklassen , wo die Sonderschullehrer und Sonderschullehrerinnen  und die Unterstützung durch die ZIS Leitung für Kinder mit SPF, ein notwendiger Bestandteil des Unterrichts und seiner pädagogischen Ziele darstellen.

 Leider soll dies geändert werden durch

 

Artikel 19

Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985

3. § 8 Abs. 1 lautet:

„(1) Die Bildungsdirektion hat mit Bescheid den sonderpädagogischen Förderbedarf für ein Kind festzustellen, sofern dieses infolge physischer oder psychischer Behinderung

dem Unterricht in der Volksschule, Hauptschule, Neuen Mittelschule oder Polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen vermag. Im Zuge der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs ist

auszusprechen, welche Sonderschule für den Besuch durch das Kind in Betracht kommt oder, wenn die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten es verlangen, welche allgemeine Schule in Betracht kommt.

Unter Bedachtnahme auf diese Feststellung hat die Bildungsdirektion festzulegen, ob und in welchem Ausmaß der Schüler oder die Schülerin nach dem Lehrplan der Sonderschule oder einer anderen Schulart zu unterrichten ist. Bei dieser Feststellung ist anzustreben, dass der Schüler oder die Schülerin die für ihn oder sie bestmögliche Förderung erhält.

 

Die Realität sind folgendermaßen aus: Einige Personen der Bildungsdirektion sind für die Erstellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs für ganz Wien zuständig. Ziel dieser Maßnahme ist unter anderem, dass die Anzahl der Kinder denen ein SPF attestiert wird zurück geht. Damit verbunden auch das zusätzlich eingesetzte Lehrpersonal wie im anschließenden Text zu lesen ist.

 

Vorblatt und Wirkungsorientierte Folgenabschätzung

Verringerter Überzug der Landeslehrpersonen-Stellenpläne:

Hand in Hand mit der Übernahme der Agenden der Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik in die Bildungsdirektion wird auch das Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs im Rahmen dieses Kompetenzzentrums effektiver gestaltet, was dazu führen wird, dass die Anzahl der Kinder, denen ein sonderpädagogischer Förderbedarf attestiert wird, zurückgeht. Damit geht auch der Bedarf an zu deren Unterstützung von den Ländern zusätzlich eingesetztem Lehrpersonal zurück. Ein Teil dieser Ressourcen wird weiterhin für Fördermaßnahmen für eben diese Kinder eingesetzt, jedoch nicht unter der Prämisse eines sonderpädagogischen, sondern sonstigen Förderbedarfs wie etwa Lernschwäche oder Sprachdefizite. Damit wird der Lehrpersonalressourceneinsatz effizienter, weshalb die Notwendigkeit der Überschreitung der Landeslehrpersonen-Stellenpläne durch die Länder teilweise wegfällt, wodurch sich der Transferaufwand des Bundes für Landeslehrpersonen je nicht mehr überzogener Planstelle um rund 16.800 Euro jährlich verringert. Dieser Effekt wird sich stufenweise einstellen. Im ersten drei Schuljahren wird von einer Reduktion des Überzugs um jeweils 104 Planstellen ausgegangen. Die Summe von 312,5 Planstellen entspricht der Planstellenzuteilung für 1.000 SPF-Kinder.

 

Übernahme der Agenden der Zentren für Inklusiv-und Sonderpädagogik in die Bildungsdirektion:

Derzeit werden diese Agenden von Sonderschulleitungen wahrgenommen. Ab1.9.2018 werden dafür in den Bildungsdirektionen SonderpädagogInnen mitverwendet. Es wird davon ausgegangen, dass für eine effiziente Aufgabenerfüllung 109 VBÄ erforderlich sind. Der durchschnittliche Personalaufwand einer Landeslehrperson beträgt 59.600 Euro jährlich. Für das Jahr 2018 werden nur 36 VBÄ angesetzt, da die Maßnahme erst mit September wirksam wird.

Im Gegenzug entfallen die Dienstzulagen der Leitungen der Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik. Österreichweit ist dafür ein Minderaufwand von rund

400.000 Euro pro Schuljahr zu veranschlagen.

 

Das Autonomiepaket geht auf Kosten der Schwächsten unserer österreichischen Schule.

Wird von den Bildungsdirektionen kein SPF festgestellt, weil keiner sein darf, so gibt es auch kein zusätzlich eingesetztes Lehrpersonal.

Ein Lehrer oder eine Lehrerin mit 30 Kindern in der Klasse soll allein alle Lernschwächen, Sprachdefizite und sonstigen Förderbedarf der Kinder abdecken?

Ist das die Zukunft des österreichischen Bildungswesen?

 

Die Aufrechterhaltung der Zentren für Inklusiv-und Sonderpädagogik ist  eine bildungspolitische Notwendigkeit und eine Investierung in die Gesellschaft dieses Landes und soll erhalten bleiben.

 

Ich erkläre mich mit der Veröffentlichung auf der Parlamentshomepage ausdrücklich einverstanden.

 

Ingrid Chreiska

Vorsitzende des Dienststellenausschuss des 15.IB