Stellungnahme zum Bildungsreformgesetz 2017 –

Schulrecht  und Dienstrechtsnovelle - Bildungsreform

                                                                                                                                                             Wien, am 24. 4. 2017

Sehr geehrte Damen und Herren!

Nach einigen Jahren im Verkauf arbeite ich mittlerweile 20 Jahren als Volksschullehrerin und betreue immer wieder StudentInnen der Pädagogischen Hochschule Wien. Eingesetzt wurde ich von Beginn an in einer Sonderschule für Körperbehinderte (nun ein ZIS – Zentrum für Inklusion und Sonderpädagogik für Kinder von 6 – 14 Jahren), in Klassen mit schwer-mehrfachbehinderten Kindern und nun schon seit vielen Jahren in einer Integrationsvolksschulklasse mit behinderten und nichtbehinderten Kindern. Von der nunmehrigen Gesetzesreform bin ich, bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Aufhebung der 50-Minuteneinheiten) entsetzt.

Betr.: Aufhebung des § 27a SchOG: Auflösung der sonderpädagogischen Maßnahmen und Eingliederung aller bisher inklusiv geführten Kinder in Volksschulklassen mit einem Klassenlehrer

Seit nunmehr 20 Jahren arbeite ich immer im Team mit SonderschullehrerInnen. Diese Arbeitsweise hat sich mehr als bewährt, die Rückmeldungen der Eltern, der Kinder, der weiterführenden Schulen und der StudentInnen waren immer durchwegs positiv. Kinder mit Behinderung und deren Eltern fanden besonders bei den SonderschullehrerInnen kompetente Ansprechpartner, die ihnen eine erfolgreiche Schullaufbahn ermöglichten bzw. erleichterten.

Nun soll ein gut funktionierendes System für Einsparungen zerstört werden. Kinder, die bisher bestens von einem Team aus Volksschul- und Sonderschullehrerinnen betreut wurden, sollen nun durch eine Volksschullehrerin und eine Hilfskraft betreut werden bzw. soll die Sonderschullehrerin nur noch stundenweise Kinder betreuen.

Dies bedeutet einen großen Qualitätsverlust für das Kind mit Behinderung, aber auch für das Kind, das keine Behinderung hat. Denn auch die anderen Schülerinnen und Schüler einer Klasse profitieren davon, zwei gleichwertige Ansprechpartner zu haben, die mit ihnen in Lerngruppen moderne Unterrichtsmethoden anwenden können, sozial interagieren und gemeinsam eine Unterrichtplanung schaffen, die ALLEN Kindern die größtmöglichen Lernerfolge ermöglichen.

Eine Hilfskraft für Kinder mit Behinderung kann keinen qualitativen Unterricht bieten, keine Entscheidungen treffen, keine Förderpläne konzipieren, keine Eltern beraten, ich sehe dies vor allem als Einsparung auf dem Rücken der Kinder. Insbesondere der Kinder mit Behinderung.

An unserer Schule gibt es neben der passenden räumlichen Ausstattung (Therapieräume, Lifts, Snoezelenraum,...) auch ein multiprofessionelles personelles Angebot für die Kinder mit Behinderung.  Neben dem nötigen Pflegepersonal (z.B. für Kinder, die gewickelt werden) gibt es PhysiotherapeutInnen, ErgotherapeutInnen und SprachheillehrerInnen.

Kinder mit Behinderung können also nach Bedarf - ohne das Schulhaus verlassen zu müssen - notwendige Therapien machen, den Rollstuhl oder Schuhe anpassen, etc. Dies erspart nicht nur den Eltern viel Zeit und viele Wege, vielen Kindern ermöglicht es überhaupt eine Therapie.

Auch alle anderen Kinder profitierten von der ständigen Anwesenheit dieser Therapeuten, z.B. werden die Tische und Stühle für jedes Kind von den TherapeutInnen angepasst, ein Handprogramm für alle Kinder der 1. Klassen gemeinsam mit den TherapeutInnen durchgeführt, Kinder nach einem Beinbruch betreut, etc. Da die TherapeutInnen ständig anwesend sind, ist auch der wichtige Informationsaustausch zum LehrerInnenteam immer gegeben.

Durch die Abschaffung der Sonderschulen (§27a) ist für  viele behinderte Kinder die Therapie nicht mehr in dieser Qualität zu bieten.

Betr.: Mit dem Zeitpunkt der Errichtung des Schulclusters endet an den Schulen im Schulcluster die Funktion der Direktorin oder des Direktors; diese Funktion ist nicht nachzubesetzen; § 26b Abs. 5 und 7 ist anzuwenden.

In meiner Laufbahn an dieser Schule hatte ich verschiedene Direktorinnen, die mich immer in meinen pädagogischen Anliegen unterstützten. Die Direktorin kennt von der Einschreibung an jedes Kind, daher ist sie für mich – fast täglich – Ansprechpartnerin in Bezug auf die SchülerInnen oder den Unterricht. Ein Bereichsleiter, den ich erst in seiner Klasse aufsuchen muss, kann diese Rolle nicht erfüllen. Die Anwesenheit einer Direktorin bzw. Direktors an der Schule ist für SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen notwendig. Schulcluster mit bis zu 2 500 SchülerInnen mit einem Clusterleiter sind abzulehnen.

Betr.: Klassenschülerzahl § 14. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in einer Volksschulklasse ist vom Schulleiter oder von der Schulleiterin unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Pädagogik und der Sicherheit, auf die räumlichen Möglichkeiten, auf die mögliche Belastung der Lehrpersonen und nach Maßgabe der der Schule gemäß § 8a Abs. 3 zugeteilten Lehrpersonalressourcen festzulegen. § 8a Abs. 2 ist anzuwenden.“

Die Festsetzung der Klassenschülerhöchstzahlen mit 25 – dient zum Schutz der Kinder und der LehrerInnen. Je höher die Zahlen, desto weniger Zeit hat die Lehrerin für jedes Kind. Lehrer und Lehrerinnen schützt sie vor Überforderung.

Conclusio:

Die Abschaffung der Sonderschulen (§27a) ist zu abzulehnen.

Schulcluster mit bis zu 2 500 SchülerInnen mit einem Clusterleiter sind abzulehnen, der Direktor/die Direktorin erfüllen eine wichtige Rolle und dürfen nicht eingespart werden.

Die Klassenschülerhöchstzahl von 25 Kindern darf nicht erhöht werden.

Mit freundlichen Grüßen, Claudia Oliveira, BEd