Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Mit dem Schulautonomiepaket möchte die Regierung Schulen mehr Freiheit und Entscheidungsfreiraum einräumen. Leider lässt der nun vorliegende Gesetzesentwurf keine diesbezügliche Verbesserungen erkennen: Vielmehr scheint die Forderung nach Dezentralisierung und verbesserter Nutzung von Ressourcen gänzlich ignoriert worden zu sein.

 

Als Eltern einer Schülerin des Bildungscampus Seestadt Campus, möchten wir auf zwei Bereiche eingehen, in denen aus unserer Sicht durch die geplanten Maßnahmen an unserem Schulstandort inakzeptable Bedingungen geschaffen würden.

 

1. Die Veränderung des Schulzeitgesetzes stellt für Wiener ganztägige Schulformen eine Einschränkung der autonomen Gestaltungsmöglichkeiten dar und führt zu einer extremen qualitativen Verschlechterung, da die verschränkte Form der Ganztagsschule (GTVS) nicht mehr umsetzbar ist: alle Freizeitstunden würden auf zwei Tage konzentriert werden, und keine weiteren Freizeitstunden für die verbleibenden drei Wochentage bleiben. Der qualitätsvolle Wechsel von Unterricht und Freizeit über eine Schulwoche hinweg und die Möglichkeit, situationsgerecht auf die Bedürfnisse der SchülerInnen reagieren zu können, ist nicht mehr gegeben.

 

2. Der vorliegende Gesetzesentwurf ist eine Verwaltungsreform und Sparmaßnahme unter dem Deckmantel der Inklusion. Die Abschaffung der Sonderschulen (§27a) und die damit verbundene generelle Inklusion aller behinderten KK in die Regelschule ist ohne personelle und räumliche Ressourcen nicht realistisch, im Gegenteil wäre hier sogar eine Erhöhung der finanziellen Mittel notwendig, da andernfalls ist eine Verschlechterung der Qualität des Regelunterrichts und eine Vernachlässigung der KK mit Behinderung zu befürchten ist, die ein Recht auf gleichberechtigte und qualitätsvolle Förderung haben (UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen)!

 

§2 des SCHOG kann nur mit großen Einschränkungen umgesetzt werden, wenn §27a „fällt“ und die Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik  als eigenständige Standorte geschlossen werden.

 

Unsere Kritik stellt in keiner Weise eine Verweigerung der Inklusion dar. Ein vorrangiges Anliegen unserer Schule ist es, allen Schülerinnen und Schülern gleichberechtigt und unter Berücksichtigung ihrer individuellen Voraussetzungen die notwendigen Kompetenzen für ein humanes, demokratisches und solidarisches Zusammenleben innerhalb der Gemeinschaft zu vermitteln. Wir fordern daher die Anerkennung der besonderen Förderwürdigkeiten aller Schülerinnen und Schüler und Toleranz gegenüber unterschiedlichen Begabungsgruppen innerhalb unserer Gesellschaft. Der vorliegende Gesetzesentwurf lässt die außen vor. Wie in Zukunft eine qualitätsvolle Beschulung aller Schülerinnen und Schüler, insbesondere jener mit schwerer Behinderung, gewährleistet werden soll, ist ungewiss.

 

Ich fordere daher eine Wiederaufnahme der Verhandlungen nach Ablauf der Begutachtungsphase, in denen auf die von mir angeführten Kritikpunkte eingegangen wird.

 

 

Hochachtungsvoll,

Veronika Kühn