Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich möchte zum geplanten "Autonomiepaket" Stellung nehmen, weil es besonders im Ballungsraum Wien für Schülerinnen und Schüler, Eltern und Erziehungsberechtigte, Lehrerinnen und Lehrer, Direktorinnen und Direktoren massive Nachteile bringen wird.

 

Die Aufhebung der Klassenschülerhöchstzahl

senkt unter den gegebenen Voraussetzungen (viele Kinder mit nichtdeutscher

Umgangssprache, viele Kinder mit besonderen Bedürfnissen, ...) in vielen Fällen die Unterrichtsqualität. Der vorhersehbare LehrerInnenmangel durch fehlende AbsolventInnen und Pensionsabgänge in den kommenden Jahren und die Versäumnisse, diesem Mangel entgegen zu wirken, sollen anscheinend mit dieser Maßnahme ausgeglichen werden. Das diese Vorgangsweise zu Lasten der Bildungsqualität geht, liegt auf der Hand.

 

Wegfallen der ZIS-Leitungen

und die Neuorganisation der sonderpädagogischen Einrichtungen erzeugen ein pädagogisches Vakuum. Wichtige Aufgaben der ZIS-Leitungen

können nicht einfach an Volksschulen, Neue Mittelschulen und Polytechnische Schulen übertragen werden.

 

Clusterbildungen:

"Die PädagogInnen und SchulleiterInnen wissen am besten, was ihre Schülerinnen und Schüler brauchen um sie entsprechend zu fördern und zu fordern." Dies ist ein Zitat aus dem Mail der Frau Minister Hammerschmied vom 17.3.2017. Warum will sie dann die von ihr als kompetent bezeichneten SchulleiterInnen abschaffen?

2 bis 8 Schulstandorte könnten in einem Cluster zusammengefasst werden.

Schulcluster dürfen bis zu 2500 SchülerInnen haben. Massive Verschlechterung der Betreuung von SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen vor Ort sind unausweichlich. Wiener Schulen - vor allem "Brennpunktschulen" - brauchen weiterhin die direkte pädagogische Leitung durch eine Direktorin bzw. durch einen Direktor. Pädagogische Maßnahmen, wie zum Beispiel SQA, können ohne pädagogische Leitung vor Ort nicht sinnvoll weiterentwickelt werden.

 

50-Minuteneinheiten

sollen nur mehr die Berechnungsgröße für die Personalbewirtschaftung bilden. Dadurch wird der Weg frei für die Erhöhung der Anzahl der Unterrichtseinheiten der einzelnen Lehrpersonen und ist somit ein versteckte Sparmaßnahme und soll anscheinend den "Ausgleich" schaffen zum LehrerInnenmangel.

 

Personaleinsatz:

Supplier- und Vertretungsstunden können von allen Lehrpersonen des

Schulclusters an allen Standorten des Clusters geleistet werden. Unter den in Wien gegebenen Voraussetzungen ist das ein weiterer Schritt zur Überbelastung der Lehrpersonen.

 

Dieses Autonomiepaket ist ein Struktur- und Schulorganisationspaket, das uns bei den täglichen Herausforderungen nicht helfen wird.

Wiens Pflichtschulen benötigen statt weiterer Unruhe bringender Reformen zusätzliche unterstützende Kräfte im pädagogischen, administrativen, medizinisch-pflegerischen und sozialen Bereich, die nicht durch den Wegfall der Leitungsposten und Einsparungen beim Lehrpersonal zu finanzieren sind.

 

In Wien geplante „Bildungsgrätzel“

Unter diesem Titel sollen Umstrukturierungen im schulorganisatorischen Bereich statt finden. In diese Überlegungen wurde die Personalvertretung weder einbezogen noch gab es Informationen dazu.

Der aktuelle Informationsstand konnte nur aus den Medien entnommen werden.

Die Auswirkungen auf das Personal sowohl in dienstrechtlicher als auch in besoldungsrechtlicher Sicht können aus diesem Grund weder eingeschätzt noch nachvollzogen werden. Diese Vorgangsweise der Wiener Landesregierung bzw. der Schulbehörde entspicht in keiner Weise dem Grundsatz der Sozialpartnerschaft.

 

Autonomiepaket = Sparpaket

Die Bezeichnung "Autonomiepaket" ist irreführend, da dieses Paket ein verstecktes Sparpaket ist, das auf dem Rücken der Kinder und deren Chancen auf Bildung ausgetragen wird.

 

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Kammermann