GZ: BMB-12.660/0001-Präs. 10/2017

 

Stellungnahme

zum Bildungsreformgesetz 2017 – Schulrecht

 

 

 

Stellungnahme des Bundeszentrums Inklusive Bildung und Sonderpädagogik (BZIB)

Die Bundesregierung legt mit diesem Gesetzesentwurf zur Autonomie, dem „Autonomiepaket“, gleichzeitig auch gesetzliche Änderungen vor, die weitere Schritte in Richtung eines inklusiven – eines nicht aussondernden – Schulsystems beinhaltet.

Dem Bekenntnis der Bundesregierung – wie durch die Ratifizierung der UN-BRK zum Ausdruck gebracht – ein inklusives Schulsystem zu schaffen, sollen mit vorgelegtem Entwurf konkrete Schritte folgen.

Ob dies gelungen ist bzw. welche Änderungen noch eingearbeitet werden müssen, ist dieser Stellungnahme zu entnehmen.

Generell sei dieser Stellungnahme eine Anmerkung zur inklusiven Schule vorangestellt:   

Eine inklusive Schule orientiert sich nicht isoliert nach einzelnen Differenzbereichen, sondern entwickelt sich zu einer Schule, die für alle Schüler und Schülerinnen ein guter Bildungsort ist. Anders ausgedrückt, wäre es für eine inklusive Schulentwicklung kontraproduktiv, wenn eine Schule beispielsweise Schüler und Schülerinnen mit einer Behinderung berücksichtigt, aber Schüler und Schülerinnen, die in der Unterrichtssprache noch nicht ausreichend kompetent sind, unberücksichtigt lässt. Inklusion ist daher keine Addition der Unterstützungssysteme für unterschiedliche Differenzbereiche, sondern ein Gesamtkonzept, mit dem Ziel, Schüler und Schülerinnen so gut als möglich Partizipation an Bildungsangeboten zu ermöglichen.

Mit dem Schulautonomiepaket möchte die Bundesregierung einen wesentlichen Teil der Bildungsreform in Gesetzesform gießen. Das Paket sieht zahlreiche Änderungen vor, die als Kernpunkte der Schulautonomie medial kommuniziert wurden:

·         Flexible Unterrichtsorganisation

·         Auswahl der Lehrkräfte

·         Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte

·         Bildung von Schulcluster, Bildungscampus bzw.- region

·         Weiterentwicklung der Schulpartnerschaft

(https://www.bmb.gv.at/schulen/autonomie/index.html)

 

Diese Stellungnahme geht im Folgenden auf alle Passagen im Detail ein, die den Bereich der inklusiven Schule sowie die sonderpädagogischen Fragestellungen betreffen.

Für die Entwicklung eines Inklusiven Schulsystems zeigen sich unabhängig von dem zu begutachtenden Gesetzesentwurf einige Problembereiche, die insofern angeführt werden, weil sie zwar nicht unmittelbar, aber dennoch für die Schaffung eines inklusiven Schulsystems von Bedeutung sind.

 

Diese Problemfelder lassen sich wie folgend beschreiben:

 

1.)  Mit den definierten Clustersystemen (Pflichtschulcluster und Bundesschulcluster) bildet man zwar die Realität ab, einer gemeinsamen Schule der 10-14Jährigen ist man damit aber kein Stück entgegengekommen. Deshalb sind in Clustern sowohl  Bundes- und Landesschulen als Basis für Modellregionen zu ermöglichen. Konkret sind Clusterformen von NMS und AHS-Unterstufe, BMHS und BS zu ermöglichen.

 

2.)  Für den Bereich der beruflichen Bildung und Inklusion finden sich keine konkreten Änderungsvorhaben, die sich z.B. in „inklusiven“ Aufgabenbeschreibungen der Sekundarstufe 2 finden könnten.

 

3.)  Sonderschule UND Regelschule nebeneinander sind die teuerste Variante.

Daher sollten mit einem neuen Gesetzesentwurf verbindliche Schritte gesetzt werden, um die Bedürfnisse jener, die besondere Unterstützung brauchen sicher zu stellen UND beispielsweise bei drohender Lernbehinderung oder Verhaltensbehinderung präventiv unterstützen zu können.

 

4.)  Ein wirkliches Elternwahlrecht existiert nur auf dem Papier. Beispiel: Wenn es in Bildungsregionen keine Sonderschule mehr gibt, macht die Wahlmöglichkeit keinen Sinn. (Anmerkung: Reutte in Tirol ist schon lange nicht die einzige Region, wo es keine Sonderschule mehr gibt). Andererseits war oft auch von Eltern zu hören, dass sie eine integrative Beschulung wünschten, dies aber von der Schulaufsicht mit der Begründung der fehlenden Ressourcen abgelehnt wurde und daher Schülerinnen und Schüler gegen den Willen der Eltern Sonderschulen besuchen.

 

 

5.)  Anzahl der Bescheide und damit verbunden die steigende Zahl von Schülerinnen und Schülern mit Sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF). Diesbezüglich gibt es noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die die Ursache des Anstiegs der SPF Zahl (trotz sinkender Schüler/innenzahl) erklären könnten. Dennoch können einige Hypothesen zu dieser Fragestellung formuliert werden:

a.    Die Zahl der Schüler und Schülerinnen, die die Leistungsanforderungen der jeweiligen Schule nicht mehr erfüllen können, nimmt zu. Um ein oftmaliges Sitzenbleiben zu vermeiden, wählt man den Weg der Feststellung des SPF.

b.    Daraus ließe sich ableiten, dass die Gutachterinnen und Gutachter dem LSR zu oft und vielleicht auch „leichtfertig“ die Feststellung des SPF empfehlen, zumal ja auch kein Wechsel der Schülerin/des Schülern in eine Sonderschule notwendig wird.

c.    Weil eben KEIN Wechsel in die Sonderschule notwendig ist, wird der SPF ausgesprochen.

d.    SPF ist ein systemimmanenter Begriff und hat für den weiteren Lebensweg bei jenen Schülerinnen und Schülern mit Lern- oder Verhaltensproblemen kaum eine Auswirkung. Bei Schülerinnen und Schülern mit einer offensichtlichen Behinderung, wird durch andere Verfahren schon vor Schuleintritt die Behinderung amtlich bestätigt (z.B.: Erhöhte Kinderbeihilfe).

e.    Sowohl nationale als auch internationale Kennzahlen weisen auf keine vergleichbare Zunahme von Behinderungen hin, weswegen davon ausgegangen werden kann, dass diese Zunahme mit der Praxis der Feststellung des SPF in Zusammenhang steht, weil oftmals NUR mit der Feststellung des SPF ein geeignetes Förderangebot gemacht werden kann und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

f.      So werden bspw. auch in einigen Bundesländern Assistenzleistungen im pädagogischen Bereich nur dann gewährt, wenn SPF festgestellt wurde.

Es ist nachvollziehbar, dass das BMB dieses Ansteigen der Schüler und Schülerinnen mit SPF mit Sorge registriert und konkrete Schritte setzen will, um diese Entwicklung zu stoppen. Aus den oben angeführten Hypothesen ist zu entnehmen, dass sicherlich nicht nur eine Änderung (Änderung des §8a SchPflG), sondern mehrere Maßnahmen diese Entwicklung bremsen oder gar umkehren kann.

 

6.)  Klare, eindeutige Beschreibung der Aufgaben der (Pädagogischen Beratungszentren-PBZ/Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik –ZIS) durch den Gesetzgeber, sowie eine ebenso klare und eindeutige Absicherung der Leiterinnen und Leiter von PBZ/ZIS im Dienstrecht. Die bundesweiten Unterschiede hinsichtlich der Aufgabenbereiche, der Funktionen und der dienstrechtlichen Stellung der PBZ/ZIS und deren Leitungen sind schon jahrelang bekannt. Bundesländer, die die Trennung von Sonderschulleitung und PBZ/ZIS Leitung forciert haben, nahmen die dienstrechtliche Schlechterstellung in Kauf, wiewohl sie sich bemühten – eine bundesweite Regelung fordernd – einen Ausgleich zu schaffen. Die unterschiedlichen landesgesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Finanzierung der PBZ/ZIS zeigen dies deutlich.

 

 

Mit der Beschreibung der Problemfelder soll aufgezeigt werden, dass der Wunsch nach einer gesetzlichen Absicherung und nach verbindlichen Richtlinien schon lange bekannt und dem BMB vorgelegt wurde. Deswegen ist es höchst unbefriedigend, wenn mit dem vorgelegten Autonomiepaket Regelungen getroffen werden sollen, die den Anliegen einer inklusiven Bildung diametral entgegenstehen.

Im Konkreten geht es um nachfolgende Punkte, die eine Klärung und Lösung verlangen:

 

ÜBERSICHT DER PASSAGEN MIT BEZUG AUF EINE INKLUSIVE SCHULE bzw. SONDERPÄDAGOGIK

 

1.)  Bildungsdirektion: §19 (3): Bildungsdirektion übernimmt Aufgaben der PBZ/ZIS verbunden mit dem Wegfall des §27a SchoG.

Auszug aus den Erläuterungen: „Mit dem nunmehr vorliegenden Entwurf sollen die Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik aufgelöst und deren Aufgaben im Rahmen der Abteilungen Pädagogischer Dienst der neuen Bildungsdirektionen wahrgenommen werden. Im Zuge zunehmender Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) in allgemeine Schulen hat sich die Einrichtung dieser Zentren an Sonderschulen (mit der Leitung des Zentrums und der Sonderschule in Personalunion) als problematisch erwiesen. Die künftige Wahrnehmung der Aufgaben des ZIS durch die Behörde Bildungsdirektion geht Hand in Hand mit der Neugestaltung des SPF-Verfahrens im Rahmen der im Entwurf vorgesehenen Änderungen des § 8 SchPflG 1985. Beide Maßnahmen sollen ein höchstmögliches Maß an Objektivität gewährleisten“

Kommentar

Schon mit der Schaffung der SPZ (Sonderpädagogische Zentren) durch den § 27a (SCHOG Novelle 1993) gab es bundesweit unterschiedliche Regelungen, die dadurch begründet waren, dass nicht alle Sonderschulen mit Beschluss des Kollegiums des LSR zu SPZ gemacht wurden. Damals hieß es sinngemäß: „Gibt es keine geeignete Sonderschule, die die Aufgaben des SPZ übernehmen soll, so hat die Aufgaben der Bezirksschulrat wahrzunehmen.“ Dies führte in manchen Bundesländern zu sogenannten „Bezirksschulratslösungen“. Diese hatten den Vorteil, dass sie keine Schule mehr waren und so eine „unabhängige“ – durch Loslösung von der Leitung der Sonderschule – Beratungs- und Organisationsstelle werden konnten. KONKRET bedeutete dies: So entstanden von der Sonderschule losgelöste SPZ, die sich in Räumlichkeiten im Bezirk eingemietet haben. (z.B.: Räumlichkeiten in der Bezirkshauptmannschaft, wo sich auch der BSR befand, Räumlichkeiten, die von der Gemeinde zur Verfügung gestellt wurden, etc.). Daraus ergab sich die dringende Notwendigkeit, diese SPZ zu finanzieren. Dies wurde in Landesgesetzen geregelt. Dienstrechtlich führten diese „Bezirksschulratslösungen“ zu sehr unbefriedigenden dienstrechtlichen Situationen. Während die Leitungen der SPZ als Sonderschulen je 10 Schüler und Schülerinnen mit SPF in ihrem Betreuungsgebiet als Klasse anführen konnten, damit großteils freigestellte Leiterinnen und Leiter waren und eine dementsprechende Leiterzulage bekamen, wurden für die Bezirksschulratslösungen Lehrerinnen und Lehrer mit der Leitung des SPZ betraut, die dann keine Direktorinnen und Direktoren waren und somit auch keine Leiterzulage erhielten. Auch in diesem Punkt wurden in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen geschaffen.

Der Schritt der Trennung Schulleitung und PBZ/ZIS-Leitung ist grundsätzlich zu begrüßen.

Wichtig: Damit ist aber nur das Problem der Unvereinbarkeit Sonderschulleitung und ZIS Leitung gelöst.

Ungelöst sind folgende Punkte:

•          Wie werden die PBZ/ZIS (Sachaufwand) künftig finanziert?

•          Werden die Schulerhalter für eine Mischbehörde die Bundesaufgaben finanzieren?

•          Wird man Lehrerinnen und Lehrer finden, die sich an die Bildungsdirektion dienstzuteilen lassen, wenn denen keine Abgeltung (Leiterzulage) angeboten werden kann?

•          Wie wird die Beratungs- und Betreuungsfunktion der PBZ/ZIS künftig personell organisiert, da mehrere Personen in einem PBZ/ZIS arbeiten.

Konkrete Vorschläge

Die Leiterinnen und Leiter der Pädagogischen Beratungszentren (PBZ/ZIS), die Bildungsregionen zu betreuen haben, sollen dienstrechtlich zumindest mit den Clusterleiterinnen und Clusterleitern gleichgestellt werden. Eine konkrete Aufgabenbeschreibung ähnlich der Beschreibung der Aufgaben der Cluster- bzw. Bereichsleitungen ist im Gesetz aufzunehmen.

Vorschlag einer konkreten Aufgabenbeschreibung:

Pädagogische Beratungszentren haben die Aufgabe, in einer definierten Region (z.B. Bildungsregion), Schulen in der Bildungsarbeit mit Schülern und Schülerinnen, die kurz-, mittel-oder langfristig spezifischer Unterstützung und der Adaption gesamtunterrichtlicher Maßnahmen bedürfen, zu unterstützen. Pädagogische Beratungszentren sind Beratungs-, Kooperations-, und Koordinationsstellen, die  pädagogische Maßnahmen im Sinne einer alle Diversitätsbereiche einschließenden inklusiven Bildung organisieren und steuern. Die Leitung eines PBZ/ZIS erfüllt diese Aufgaben mit den dem PBZ/ZIS zugeordneten Lehrerinnen und Lehrern und arbeitet eng mit der Schulaufsicht zusammen und unterstützt diese im Bereich der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung.

Damit ein PBZ/ZIS diese Aufgaben erfüllen kann, braucht es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Ausbildungen für Differenzbereiche vorweisen (bspw. Sonderpädagogik, Migrationspädagogik, Deutsch als Zweitsprache, gendersensible Pädagogik…). Die Aufgabe der PBZ/ZIS ist es, durch Beratung und Unterstützung durch Ressourcen die inklusive Schulentwicklung voranzutreiben.

Um diese umfangreichen Aufgaben zu erfüllen, müssen die PBZ/ZIS über arbeitsfähige Strukturen auf Basis eines klaren Aufgabenprofils (Leitung, Mitarbeiter/innen mit fachspezifischer Expertise, Diagnose- und Beratungskompetenzen, Arbeitszeitregelung, Aufgabenbereiche…) verfügen, infrastrukturell aufgabenadäquat ausgerüstet sein und im regionalen Bildungscluster mit der Schulaufsicht und dem schulpsychologischen Dienst vernetzt sein.

PBZ/ZIS unterstützen alle in einem Bildungscluster befindlichen Regelschulen, Sonderschulen, AHS und BHS. Unterstützungsmaßnahmen an Schulen, die nicht die Begutachtung aufgrund eines Antrages auf SPF entsprechen, sind  in strukturell und im Ablauf ebenfalls standardisierten Kooperationsgesprächen zwischen der betroffenen Schule und der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter eines PBZ/ZIS in Bezug auf Ziele, Unterstützung und Zeitraum schriftlich festzuhalten.Ressourcen für eine aufgabengerechte personelle Ausstattung der PBZ/ZIS werden prozentuell aus allen in einer Bildungsregion vorhandenen Personalressourcen allokiert.

 

2.)  § 5a Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes

Begutachtungstext zum § 5a Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes

§ 5a. (2) Schulcluster gemäß Abs. 3 und 4 dürfen höchstens acht Schulen möglichst unterschiedlicher Schularten und eine Schülerzahl zwischen 200 und 2 500 Schülerinnen und Schülern umfassen. Eine Schulclusterbildung kann trotz Unterschreitung der Mindestschülerzahl von 200 Schülerinnen und Schülern vorgesehen werden, wenn die geografische Lage eine sinnvolle Schulclusterbildung mit mehr als 200 Schülerinnen und Schülern nicht zulässt und die Ausstattung der Schulen sowie ein zweckmäßiger Einsatz von Lehrpersonalressourcen gewährleistet ist. Zum Zweck der Inklusion sind nach Möglichkeit Sonderschulen einzubeziehen. (…)

Ablehnung mit Begründung:

Sonderschulen sind Schulen und somit bereits in den ersten Zeilen des Absatzes in der Phrase „möglichst unterschiedlicher Schularten“ mitbedacht. Es ist nicht im Sinne der Inklusion, Sonderschulen hervorzuheben. Zusätzlich könnte eine dezidierte Erwähnung der Sonderschulen die Absicht zum Erhalt dieser Schulform implizieren.

Vorschlag für Neuformulierung:

 

Sonderschulen sind jedenfalls in Cluster einzubeziehen und haben in der Folge im Cluster durch Kooperation mit den Regelschulen schrittweise zu einem gemeinsamen Bildungsangebot zu entwickeln, damit sichergestellt wird, dass die sonderpädagogische Expertise an allen anderen Clusterschulen gleichermaßen zur Verfügung steht.

 

3) SchUG §32 Abs.2: 11./12.SJ bei SPF auch in allgem. Schulen

Begutachtungstext zum § 32. Schulunterrichtsgesetz

(2) Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind mit Zustimmung

des Schulerhalters und mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde berechtigt, die besuchte Sonderschule oder allgemeine Schule zwei Jahre über den im Abs. 1 genannten Zeitraum hinaus zu besuchen.

 

Zustimmung mit Begründung:

Es ist sehr begrüßenswert, dass nun Schüler und Schülerinnen mit SPF auch die allgemeine Schule im 11. und 12. Schuljahr besuchen können. Dies entspricht einer langjährigen Forderung und dem Inklusionsgedanken.

 

 

4.) Schulpflichtgesetz §8 Abs.1: Neurege­lung SPF-Verfahren

 

§ 8. (1) Die Bildungsdirektion hat mit Bescheid den sonderpädagogischen Förderbedarf für ein Kind festzustellen, sofern dieses infolge physischer oder psychischer Behinderung dem Unterricht in der Volksschule, Hauptschule, Neuen Mittelschule oder Polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen vermag. Im Zuge der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs ist auszusprechen, welche Sonderschule für den Besuch durch das Kind in Betracht kommt oder, wenn die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten es verlangen, welche allgemeine Schule in Betracht kommt.

 

Änderungsvorschlag:

Im Zuge der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs ist auszusprechen, welche Schule für den Besuch durch das Kind in Betracht kommt.

 

Im §8 ist weiter angeführt: „Unter Bedachtnahme auf diese Feststellung hat die Bildungsdirektion festzulegen, ob und in welchem Ausmaß der Schüler oder die Schülerin nach dem Lehrplan der Sonderschule oder einer anderen Schulart zu unterrichten ist. Bei dieser Feststellung ist anzustreben, dass der Schüler oder die Schülerin die für ihn oder sie bestmögliche Förderung erhält.

 

Kommentar

Da die Fragen der Anwendung des Lehrplanes einer Sonderschule oder auch die Frage nach der bestmöglichen Förderung (SONDER)PÄDAGOGISCHE Fragestellungen sind, entzieht man mit der Streichung eines sonderpädagogischen Gutachtens der fachgerechte und pädagogisch relevanten Fragestellung jegliche Grundlage. Dadurch begründet sich der Vorschlag dieses sonderpädagogische Gutachten wieder aufzunehmen. Der Änderungsvorschlag lautet daher folgenden Absatz NICHT zu streichen sondern nur zu adaptieren:

 

Vorbemerkung:

Der Ablauf der Gutachtenerstellung sollte insofern standardisiert sein, sodass die Prozesse einer Gutachtenerstellung österreichweit vergleichbar sind. Der Ablauf ist ICF-basiert anzulegen.

 

 

Änderungsvorschlag

Die Bildungsdirektion hat zur Feststellung des sonderpädagogischer Förderbedarf und zur Frage einer allfälligen Anwendung des Lehrplanes einer anderen Schulart jedenfalls ein sonderpädagogisches Gutachten sowie erforderlichenfalls weitere Gutachten (z.B. schul- oder amtsärztliches Gutachten und mit Zustimmung der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes ein schulpsychologisches Gutachten) einzuholen. Ferner können Eltern oder sonstige Erziehungsberechtigte im Rahmen des Verfahrens Gutachten von Personen, welche das Kind bisher pädagogisch, therapeutisch oder ärztlich betreut haben, vorlegen. Auf Antrag der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten ist eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Die Bildungsdirektion hat die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten auf die Möglichkeit der genannten Antragstellungen hinzuweisen.

 

 

Zu § 8a SchPflG: Die Festlegung im Bescheid an welcher Sonderschule und allgemeinen Schulen der Schüler/ die Schülerin zu unterrichten sei. Hier wurde nur LSR mit Bildungsdirektion ersetzt:

„Die Bildungsdirektion hat anlässlich der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs sowie bei einem Übertritt in eine Sekundarschule die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten über die hinsichtlich der Behinderung bestehenden Fördermöglichkeiten in Sonderschulen und allgemeinen Schulen und den jeweils zweckmäßigsten Schulbesuch zu beraten.

 

Änderungsvorschlag:

„Die Bildungsdirektion hat anlässlich der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs sowie bei einem Übertritt in eine Sekundarschule die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten über die hinsichtlich der Behinderung bestehenden Fördermöglichkeiten in Schulen und den jeweils zweckmäßigsten Schulbesuch zu beraten.

 

 (1) Die Bildungsdirektion hat mit Bescheid den sonderpädagogischen

Förderbedarf für ein Kind festzustellen, sofern dieses infolge physischer oder

psychischer Behinderung dem Unterricht in der Volksschule, Hauptschule, Neuen

Mittelschule oder Polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung

nicht zu folgen vermag.

 

Vorschlag Definition physische und psychische Behinderung:

Eine physische oder psychische Behinderung liegt laut ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health) dann vor, wenn eine Beeinträchtigung von physiologischen, psychologischen und organischen Funktionen vorliegt, die Partizipation und Teilhabe an Bildungsprozessen erschweren, wobei sich die jeweilige Lebensumwelt als  Förderfaktor oder als zusätzliche Barriere für Teilhabe und Partizipation erweisen kann.

Basierend auf dem Behinderungsbegriff der ICF sind sowohl die individuelle Behinderung und die Möglichkeiten, an Bildungssituationen teilhaben und partizipieren zu können, als auch behindernde oder fördernde Kontextbedingungen in die Feststellung, inwiefern und mit welchem Ausprägungsgrad eine physische oder psychische Behinderung vorliegt, miteinzubeziehen.

 

5) Artikel 16 , Änderungen des Schulunterrichtsgesetzes (Ministerialentwurf  - Gesetzestext, S.48)

Gesetzestext: „Schulärztin, Schularzt

§ 66.

(1)  Schulärztinnen und Schulärzte haben die Aufgabe, die Lehrerinnen und Lehrer in gesundheitlichen Fragen der Schülerinnen und Schüler, soweit sie den Unterricht und den Schulbesuch betreffen, in allgemeiner Form zu beraten und die hierfür erforderlichen Untersuchungen der Schülerinnen

        und Schüler durchzuführen.

 

Begründung und Änderungsvorschlag:

Wichtig wäre, wie in den Erläuterungen des Gesetztextes erwähnt, dass Schulärzte und Schulärztinnen nicht nur die Aufgabe haben Lehrerinnen und Lehrer in allgemeinen gesundheitlichen Fragen den Schulbesuch der Schülerinnen und Schüler betreffend zu beraten und zu informieren, sondern dass im Gesetzestext außerdem verankert wird, dass Schulärztinnen und Schulärzte durch ihre anleitende und beratende Tätigkeit in den speziellen Bereichen der chronischen Erkrankung und des erhöhten Pflegebedarfs zum Aufbau und zum Funktionieren eines inklusiven Schulsystems beitragen sollen.

Vorschlag für Neuformulierung:

„Schulärztin, Schularzt

§ 66.

Schulärztinnen und Schulärzte haben die Aufgabe, die Lehrerinnen und Lehrer in gesundheitlichen Fragen der Schülerinnen und Schüler, soweit sie den Unterricht und den Schulbesuch betreffen, zu beraten und die hierfür erforderlichen Untersuchungen der Schülerinnen und Schüler durchzuführen. Weiters haben Schulärztinnen und Schulärzte durch ihre anleitende und beratende Tätigkeit für Lehrerinnen und Lehrer zur Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit chronischen Erkrankungen und erhöhten Pflegebedarf beizutragen.

 

6.) Sonderform der Fachschule für Sozialberufe

§ 63a Fachschulen für pädagogische Assistenzberufe

Damit wird eine Form der Ausbildung, wie sie in Wien (Bakip 21) schon seit zwei oder drei Jahren gemacht wird, auf ganz Österreich ausgeweitet. Grundsätzlich ist die Professionalisierung des Assistenzberufes positiv zu sehen.

Es muss gewährleistet werden, dass die gruppenführende Pädagoge/in zumindest ein/e diplomierte Pädagoge/in - wenn schon nicht akademisch ausgebildet - ist.

Der Einsatz von Assistenz darf nicht zur Deprofessionalisierung von Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen führen.

Die Schaffung dieser Sonderform ist unter Berücksichtigung der oben erwähnten Überlegungen zu begrüßen, wiewohl kritisch anzumerken ist, dass der Bereich der Elementarpädagogik hinsichtlich der schon mehrmals geforderten Akademisierung in diesem Schulrechtpaket wieder nicht enthalten ist.

 

 

Für Rückfragen und Kommentare:

 

Bundeszentrum für Inklusive Bildung und Sonderpädagogik

(an der Pädagogische Hochschule Oberösterreich)

Kaplanhofstraße 40

4020 Linz

 

Contact:

Prof. Wilfried Prammer, M.A.

Institut Inklusive Pädagogik
BZIB Bundeszentrum für Inklusive Bildung & Sonderpädagogik

4020 LINZ | Kaplanhofstraße 40 | ÖSTERREICH/AUSTRIA |
Telefon: +43 732 7470-7360 | Web:
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Mail:
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