Sehr geehrte Damen und Herren,

 

als Lehrerin an einer Ganztagsvolksschule in Wien möchte ich meine Meinung zur Bildungsreform kundtun.

 

Wenn in Zukunft alle Kinder über einen Kamm geschert werden (durch die Abschaffung von Sonderschulen und die Inklusion aller Kinder in Regelklassen) und die Schülerhöchstzahl in den Klassen fällt (Was für mich auch eine Verantwortungsfrage aufwirft… Ab wann wird eine Lehrkraft, die Wissen und Lehrstoff vermitteln soll, nur mehr zu einer Aufsichtsperson für eine zu große Anzahl von Kindern?), wird keine Differenzierung und Individualisierung mehr möglich sein. Es wird keine Förderung des Einzelnen mehr geben können, wenn die komplette Unterstützung durch kompetentes Fachpersonal gestrichen wird, und es ist zu befürchten, dass es dadurch zu einer Verschlechterung des Regelunterrichts und einer Vernachlässigung beeinträchtigter Kinder kommen wird.

 

Selbst die engagiertesten und motiviertesten Lehrer werden unter den geplanten Änderungen (Einsparungen) die Lernziele nicht mehr erreichen und trotz aller Bemühungen nicht jedem Kind gerecht werden können.

Die Entwicklung zeigt, dass Kinder unterschiedlichste Förderung in sprachlicher, motorischer, logopädischer, sozialer (…) Hinsicht benötigen, was eine einzelne Lehrkraft nicht komplett abdecken und alleine in der Klasse auch nicht umsetzen kann. Die Kinder haben individuelle Bedürfnisse und brauchen in den verschiedensten Bereichen Unterstützung (worauf in den letzten Jahren ZURECHT immer mehr der Schwerpunkt gelegt wurde). Doch durch die neue Reform entfällt jegliche zusätzliche Hilfe für die Kinder, eben genau die so unverzichtbaren derzeitigen Ressourcen (Sonderschullehrer, Sprachheillehrer, Beratungslehrer, uvm.) und das Schulsystem fällt um Jahrzehnte zurück.

 

Und wenn den Schulen auch noch die Direktoren weggenommen werden, die Personen , die dem Schulstandort den Zusammenhalt und die Unterstützung geben und immer zur Stelle sind, ist zu befürchten ,dass die Schulen langsam auseinanderbrechen. Wie soll ein Direktor für mehrere Standorte ALLEN Kindern, ALLEN Lehrkräften und ALLEN Eltern gerecht werden? Das ist schlichtweg unmöglich! Jede Schule braucht ihre eigene Schulleitung. Sie ist ein unverzichtbarer und notwendiger Bestandteil eines funktionierenden Schulalltags.

 

Auch die ganztägige Schulform wird durch die Reform komplett eingeschränkt. Durch die geplante Änderung, den Unterricht an zwei Tagen um 13 Uhr zu schließen, kommt es zu einem Aus für alle verschränkten Systeme . Das hat zur Folge, dass es zu einer Trennung von Unterricht und Freizeit kommt und den Schulen somit die benötigte Flexibilität nimmt. Viele Lehrausgänge und ineinandergreifende Aktivitäten entfallen dadurch und der qualitative Wechsel zwischen Lernphasen und Freizeitsequenzen wird den Kinder genommen.

 

Ich habe das Glück an einem Campus arbeiten zu dürfen, an dem wir seit der Eröffnung Integration und Inklusion leben und den Kindern zahlreichte Unterstützungen bieten können.

Es wäre unendlich schade, wenn sich das aufgrund der neuen Bildungsreform ändern würde!

 

Hochachtungsvoll

Fabienne Schmid