Sehr geehrte Damen und Herren !
Ich arbeite seit 16 Jahren als Sonderschullehrerin in Wien. Durch meine
Ausbildung für Allgemeine Sonderschule, Schwerstbehindertenschule und
Sprachheilpädagogik hatte ich die Chancen in verschiedenen Feldern dieses
vielfältigen Berufes zu arbeiten. Meine ersten Dienstjahre verbrachte ich
als ambulante Sprachheilpädagogin im 11. Wiener Gemeindebezirk, wechselte
dann in ein SPZ im 10. Bezirk und dann als Integrationslehrerin an eine KMS/NMS
im 5.Bezirk. Die letzten Jahre arbeitete ich mit Schülern, die ein
ZIS oder eine Integrationsklasse besuchte haben und nun den NMS-Abschluss
machen konnten.
Der Gesetzesentwurf, der vorsieht ZIS aufzulösen und das bewährte
System bei der Betreuung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen von
kompetenten Personen abzuschaffen, bereitet mir große Sorgen.
Habe ich doch im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit erlebt, wie wichtig
wir Sonderschullehrer als Unterstützung für die betroffenen Kinder,
und oft auch für Regelschulkinder sind – weil wir durch unsere
Ausbildung über ein großes methodisch-didaktisches Repertoire
verfügen, die Kinder in ihrem Lern- und Entwicklungsprozess zu
unterstützen. Oft wenden sich auch Kollegen an uns, mit der Bitte um
Hilfestellung oder Beratung.
Für viele Kinder werden wir auch zu einer wichtigen Bezugsperson,
übernehmen wichtige Erziehungsaufgaben, die in der Herkunftsfamilie aus verschiedensten
Gründen nicht wahrgenommen werden können.
Für Eltern sind wir oft Ansprechpartner, Berater und Unterstützer in
der Bewältigung des Alltags.
Viele Kinder und Eltern halten auch lange nach Beendigung der Schule noch
Kontakt zu uns und sind äußerst dankbar für die
Hilfestellungen, die sie bei uns erhalten haben.
Besonders im NMS-Abschlusslehrgang konnte ich sehen, wie sehr Kinder von
langjähriger, kompetenter Förderung an einem ZIS profitiert haben und
es ihnen dadurch am Ende ihrer Schullaufbahn möglich war einen positiven
NMS-Abschluss zu schaffen.
Wichtig zur Erfüllung dieser sehr anspruchsvollen Arbeit sind für uns
Lehrer die regionalen Ansprechpartner und die Unterstützung, die uns die
ZIS-Direktoren bieten. Ohne sie ist die Arbeit sehr schwer zu erfüllen.
Ich sehe den Gesetzesentwurf daher sehr kritisch und befürchte, dass hier
auf dem Rücken der Kinder, die ohnehin nicht die bevorzugtesten
Startbedingungen in ihr Leben vorfinden und oft mit großen
Schwierigkeiten in vielerlei Hinsicht belastet sind, gespart wird und ihnen
wichtige Chancen auf eine positive Entwicklung vorenthalten werden sollen.
Diese Kinder brauchen hochqualifizierte Lehrer, die sie bestmöglich
Fördern und Unterstützen sowie Rahmenbedingungen (Kleingruppen,
therapeutische Einrichtungen,..), die ihnen die bestmögliche Entwicklung
ermöglichen – dies kann ich mir ohne die regionalen ZIS als
Kompetenzzentren kaum vorstellen.
Ich würde dringend vorschlagen, die Abschaffung und Umstrukturierung der
ZIS und des SPF im Sinne der Kinder zu überdenken. Die Vielfalt in den
Möglichkeiten der Beschulung und die Qualität der Förderung von
Kindern mit besonderen Bedürfnissen muss unbedingt gewahrt bleiben, um
ihnen die bestmögliche Vorbereitung auf ihr weiteres Leben bieten zu
können.
Hochachtungsvoll
Angelika Szelinger, BEd